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Sondertreffen zu USA-Iran-Konflikt
EU-Kommission und NATO streben Deeskalation an

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben sich besorgt über die Lage im Mittleren Osten geäußert und zur Deeskalation aufgerufen. Die NATO will die die ausgesetzte Ausbildungsmission für Sicherheitskräfte im Irak wiederaufnehmen, wenn es die Lage erlaubt.

Von Paul Vorreiter | 07.01.2020
Jens Stoltenberg vor Pressevertretern in Brüssel am 6. Januar 2020
Stoltenberg in Brüssek: Ob unter den Nato-Verbündeten auch der Wunsch geäußert wurde, dass die USA zurückhaltender auftreten sollten, ließ Stoltenberg unbeantwortet (XinHua / Zheng Huansong)
Bei dem NATO-Sondertreffen ging es unter anderem darum, welche Folgen sich aus der Forderung des irakischen Parlaments ergeben, wonach ausländische Truppen das Land verlassen sollen.
Die NATO bildet in dem Land Sicherheitskräfte aus, bringt ihnen unter anderem bei, wie Sprengsätze entschärft werden. Der Einsatz umfasste zuletzt rund 500 Soldaten, die meisten Soldaten von ihnen aus Kanada. Wegen der jüngsten Spannungen hatte die Nato die Ausbildung am Wochenende ausgesetzt. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, das Bündnis sei bereit, den Einsatz wieder aufzunehmen, wenn es die Lage erlaube. Dazu sei man mit irakischen Behörden im engen Kontakt:
"Beim Treffen haben die Alliierten sehr stark ihre Unterstützung für die Ausbildungsmission im Irak zum Ausdruck gebracht, denn sie ist ein wichtiger Beitrag der internationalen Koalition, um den IS zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass er nicht mehr wieder kommt und eine der stärksten Waffen ist es, die lokalen Kräfte zu unterstützen und das ist genau das was, die internationale Koalition und die NATO dort machen."
Stoltenberg will nicht über Bündnisfall spekulieren
Außerdem sagte Stoltenberg, die Verbündeten hätten sich mehrfach über destabilisierende Aktivitäten des Iran besorgt gezeigt und zur Deeskalation aufgerufen. Ob unter den Nato-Verbündeten auch der Wunsch geäußert wurde, dass die USA zurückhaltender auftreten sollten, ließ Stoltenberg unbeantwortet. Auch wolle er zu diesem Zeitpunkt nicht über einen Bündnisfall spekulieren, um die Spannungen nicht weiter zu verschärfen.
Ebenso besorgt über die Lage im Nahen Osten zeigte sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, als sie die Klausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag in Bayern besuchte:
"Wir sehen ein Aufschaukeln der Gewalt und deshalb ist es enorm wichtig, dass es gelingt, diesen Kreislauf der Gewalt, der sich weiterentwickelt wieder aufzubrechen und einen Raum für Diplomatie zu schaffen. da ist es eine besondere Verantwortung für die Europäische Union diesen Raum für die Diplomatie auch zu nutzen."
Gespräche mit relavanten Partnern für EU-Außenbeauftragten wichtig
Aber mit Details, wie dieser Raum der Diplomatie genutzt würde, hielt sich die Kommission weitgehend bedeckt. Die Lage verändere sich schließlich stündlich, sagte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zur Begründung:
"Generell können wir aber sagen, dass gerade viele Aktivitäten passieren, um Wege zu finden, wie die EU zur Deeskalation beitragen kann. Sehr wichtig ist, dass der EU-Außenbeauftragte mit allen relevanten Partnern spricht, wie deeskaliert werden kann, denn Eskalation kann sich niemand leisten und ist auch in niemandes Interesse."
Ebenso nicht im Interesse der EU-Kommission ist es, dass sich der Iran – wie angekündigt – weiter aus dem internationalen Atomabkommen zurückzieht. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell twitterte, angesichts der Lage müssten alle die Vereinbarung vollständig umsetzen. Das sei jetzt wichtiger denn je für die regionale Stabilität und die globale Sicherheit.
Irans Außenminister Sarif zu Gesprächen nach Brüssel eingeladen
Und doch ist sich die Kommission bewusst, dass die Zeichen in eine andere Richtung zeigen. Nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Soleimani durch einen US-Drohnenangriff hatte Teheran gestern die fünfte und letzte Phase des Rückzugs aus dem Atomabkommen angekündigt. Die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde will der Iran aber fortsetzen.
"Wir bedauern die Ankündigungen des Iran sehr, aber was wir immer gesagt haben, ist, wir verlassen uns auf die Einschätzung der internationalen Atomenergiebehörde zu den Schritten, die der Iran unternimmt und zu den Verpflichtungen, die der Iran zu leisten hat", so der Sprecher von Josep Borrell.
Der EU-Außenbeauftragte hatte den iranischen Außenminister Sarif zu Gesprächen nach Brüssel eingeladen. Ob er der Einladung auch folgen wird, ließ Borrells Sprecher offen. Die Spannungen im Nahen Osten werden Brüssel auch in den kommenden Tagen beschäftigen. Ein Sondertreffen der EU-Außenminister dazu ist am kommenden Freitag geplant. Zuvor will die EU-Kommission am Mittwochmorgen die Lage im Irak und die daraus resultierenden nächsten Schritte besprechen.