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Sonne, Wind und Biomasse

Wenn es um die Förderung der erneuerbaren Energien geht, dann ist kein anderes Land so erfolgreich wie Deutschland. Zugleich diskutiert auch niemand sonst so ausgiebig darüber, wie sinnvoll es ist, Energiegewinnung aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse zu fördern.

Von Matthias Günther und Dieter Nürnberger | 05.06.2008
    Beispiel Windkraft: Sie deckt bislang den Großteil des Ökostroms und ihr Anteil an der Stromerzeugung soll sogar noch erhöht werden. Der Ausbau der Windenergie aber kommt nicht voran. An Land wird es für Windparks schon eng - auch im Flächenland Schleswig-Holstein, wie der Wirtschaftsminister des Landes, Dietrich Austermann erklärt:

    "An Land haben wir im Moment eine Begrenzung an mehreren Stellen. Zum einen: die Eignungsflächen sind fast ausgeschöpft. Wir denken deshalb über eine Erweiterung der Eignungsflächen nach. Das zweite ist: dort, wo wir bereits Windparks haben, könnten wir Repowering durchführen."

    Das heißt: kleinere alte Anlagen werden durch leistungsfähigere neue Anlagen ersetzt. Doch auch das ist nicht so einfach:

    "Das stockt zurzeit auf der Basis der Regelungen, die noch gelten. Die bedeuten, dass man nur innerhalb eines bestimmten Bereiches und auf den gleichen Standorten bauen darf. Größere Mühlen brauchen aber einen größeren Abstand, und deshalb muss da mehr Großzügigkeit her. Das ist mit dem Innenministerium abgesprochen, und ich hoffe, dass es da auch zusätzliche Impulse gibt."

    Die aber nicht ausreichen werden. Um die Klimaschutzvorgaben der Bundesregierung umzusetzen, muss zusätzlich Strom aus Windkraftanlagen auf See gewonnen werden. Darüber sind sich die meisten Fachleute einig.

    Schon im Jahre 2000 hatten neun Geschäftsleute aus Husum beschlossen, einen Windpark in der Nordsee zu bauen. Sie hatten bereits gute Erfahrungen mit Windparks an Land gemacht und wollten nun auch den viel ergiebigeren Seewind nutzen. Ohne große Konzerne, mit Privatleuten als Anteilseignern, sollte ein Bürgerwindpark entstehen, sagt Wolfgang Paulsen, einer der neun Initiatoren:

    "Uns war damals sehr klar, wenn wir zu spät offshore gehen und die Konzerne die Felder abstecken, dann würde es für die Bürgerwindpark-Idee offshore nicht mehr gehen. Deswegen waren wir mit einer der Pioniere, die damals sehr früh Anträge gestellt haben und Butendiek hat ja auch in Deutschland die zweite Genehmigung erhalten - die erste Genehmigung für 80 Windenergieanlagen im Stück."

    Mehr als 30 Kilometer vor der Insel Sylt wollten sie den Bürgerwindpark Butendiek bauen - unter den besonders schweren Bedingungen vor der deutschen Küste:

    "Das sind die großen Wassertiefen, die großen Küstenentfernungen, die Hafenstandorte, die nicht optimal sind, sind alle Tide-beeinflusst, von daher schwieriger als die Häfen, die heute genommen werden in Dänemark für die Versorgung der Offshore-Parks oder auch in Holland, und das nicht vorhandene Know-how bei diesen Bedingungen."

    Wolfgang Paulsen erinnert sich, dass ihre Idee Anfangs belächelt wurde. Aber die neun Geschäftsleute fanden genügend Mitstreiter:

    "Unsere Idee war, 20.000 Anteile zu vertreiben, das haben wir auch geschafft - 20.000. Wir wollten nach Möglichkeit an 20.000 Leute vertreiben - das zweite Ziel haben wir nicht erreicht. Es sind heute letztendlich 8.400 Personen, denen die 20.000 Anteile gehören."

    Schon 2002 hatten sie die Baugenehmigung. Die Planungen begannen, Baubeginn sollte 2006 sein, 2007 sollte der Windpark Butendiek stehen. Aber es kam anders.

    "Wir hatten 90 Prozent aller Verträge zusammen, aller Genehmigungen zusammen, aber die letzten 10 Prozent fehlten. Da ging es mit dem Projekt rückwärts. Einmal die Industrie war nicht ganz so weit, dass sie auch wirklich unter den schweren deutschen Offshore-Bedingungen auch sich zutraute, Drei-Megawatt Anlagen zu stellen, Stahlpreissteigerungen, Rohstoffpreissteigerungen, Windmühlenpreissteigerungen taten ihr Übriges. Gleichzeitig wurden die Banken-Anforderungen sehr viel höher, die Banken haben also ein sehr starkes Mitsprache-Recht, und letztendlich war auch die Genehmigung des Kabels noch nicht vollständig da. Und diese fehlenden - ich sag mal 10 Prozent - führten dazu, dass das Projekt dann auf Eis gelegt wurde."

    Nicht nur die Investoren vom Windpark Butendiek zögerten. Auch andere Offshore-Projekte kamen nicht voran. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann erkannte das Problem. Er verlangte als einer der ersten Politiker, die Vergütung für die Einspeisung des Offshore-Windstroms in das Stromnetz deutlich anzuheben - von bisher 9,1 auf 14 Cent je Kilowattstunde. Damit sollen sich die Investitionen auch unter den schwierigen Bedingungen vor der deutschen Küste bezahlt machen:

    "Wir haben festgestellt, dass der Offshore-Bereich nicht so läuft, wie wir uns das vorgestellt haben, und deswegen müssen wir annehmen, dass die Kalkulation der potenziellen Investoren richtig ist, dass man zunächst einen stärkeren Einstieg braucht, eine Förderung bis zu 14 Cent je Kilowattstunde, die dann insbesondere gilt, wenn jemand jetzt anfängt zu investieren, um einen Anreiz zu schaffen und später wieder auf 12 Cent runtergeht. Die noch geltende Regelung würde bedeuten, dass die Förderung für Offshore weitgehend ausläuft, bevor der erste Park steht. Das kann nicht richtig sein. "

    Dabei setzen Minister Austermann und andere Förderer der Windkraft auf die Novellierung des Erneuerbare Energien-Gesetzes. Morgen steht die zweite und dritte Lesung der Neuauflage im Deutschen Bundestag an. Der derzeitige Entwurf hat folgenden Tenor: Die Windenergie, besonders auf hoher See, soll stärker gefördert, die Sätze für die Solarindustrie hingegen mehr gekürzt werden.

    Das "Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien", kurz EEG, trat im Jahr 2000 in Kraft. Unter rot-grüner Regie war es die Initialzündung für den späteren Boom dieser umweltfreundlichen Technologien in Deutschland. Außerdem ist es verantwortlich dafür, dass Deutschland beim Ausbau regenerativer Energien im europäischen Vergleich einen Spitzenplatz einnimmt. Claudia Kemfert ist Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Für sie ist das EEG eine Erfolgsgeschichte.

    " Das sieht man auch daran, dass viele europäische Länder das Gesetz kopieren. Und es liegt daran, dass man sehr schnell und sehr erfolgreich, die Technologien fördert. Mittlerweile haben wir beim Strom schon einen Anteil von über 14 Prozent. Das hätte niemand gedacht, dass dies so schnell geht. Und auch Arbeitsplätze von 235.000, auch hier hätte niemand erwartet, dass es so schnell geht. Gut, auch die Zulieferer sind da mit eingerechnet, aber dennoch: Es ist ein Wirtschaftsfaktor in Deutschland, der nicht unerheblich ist - und man sollte dies so auch weiter fortführen. "

    Das Prinzip des Erneuerbare-Energie-Gesetzes ist einfach: Wer beispielsweise eine Wind- oder Biogasanlage betreibt, der bekommt für den hier erzeugten Strom bei Einspeisung in das Netz einen festen Vergütungssatz. Dieser orientiert sich an den Erzeugerkosten. Ziel des Gesetzes ist es, dadurch einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen zu ermöglichen. Die Mehrkosten zahlt der Kunde über eine Umlage mit seiner Stromrechnung.

    Diese Grundidee ist weiterhin unumstritten - auch über Parteigrenzen hinweg. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Maria Flachsbarth ist Berichterstatterin für Erneuerbare Energien der CDU-Bundestagsfraktion.

    " Es ist im Moment tatsächlich noch billiger, aus konventionellen Energieträgern wie Gas und Kohle Strom herzustellen - im Vergleich zu den neuen Energieträgern. Von daher gibt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz, um eben diese Differenz auszugleichen. Um auch erneuerbare Energien marktfähig zu machen. "

    Im Gesetz festgeschrieben ist auch eine regelmäßige Überprüfung der gewährten Fördersätze für die einzelnen erneuerbaren Energieträger. Zudem ein Rückgang bei der Förderung, das heißt, jährlich sinkt der festgelegte Satz um ein paar Prozent. Damit wird ein Anreiz geschaffen, die Kosten zu senken. Deshalb wurde das Gesetz seit dem Jahr 2000 schon zweimal geändert. Und um eine erneute Novelle geht es derzeit in der parlamentarischen Diskussion.

    Politisch treibend in dieser Diskussion war vor allem die CDU/CSU-Fraktion. Der Grund: Seit 2004 boome das Geschäft mit der Sonne, sagt die Unionsabgeordnete Maria Flachsbarth.

    " Weil wir tatsächlich festgestellt haben, dass wir einen großen Zuwachs der Branche haben, über den wir uns freuen. Wir haben festgestellt, dass man hier schneller Modernisierungs- und Effizienzpotentiale erschließen kann als wir uns das 2004 vorgestellt haben. Das war der Zeitpunkt der letzten Novelle des EEG. Deswegen sagen wir jetzt, ja, da ist noch ein bisschen Luft. Da wird der Verbraucher derzeit etwas mehr belastet als er eigentlich belastet werden sollte. Ohne, dass die Solarwirtschaft dadurch Schaden erleiden würde. Von daher, müssen wir da etwas rangehen. "

    Doch die gesetzlich vorgeschriebene Anpassung der Fördersätze für die jeweiligen Energieträger ist kompliziert. Wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Kürzt man zuviel, könnte es das Ende eines Booms bedeuten, kürzt man zuwenig, kommt sehr schnell der Vorwurf von Verschwendung oder Marktverzerrung auf. Ein Balanceakt.

    Auch in Schleswig-Holstein erwarten sich die 8.400 Teilhaber des Windpark-Projekts "Butendiek" viel von dem geänderten Erneuerbare Energien-Gesetz. Sie hoffen, auf eine deutlich höhere Vergütung für Offshore-Windstrom. Aber sie sehen inzwischen keine Möglichkeit mehr, das Vorhaben als reinen Bürgerwindpark umzusetzen. Deswegen suchten sie einen so genannten strategischen Partner und fanden ihn in dem irischen Unternehmen "Airtricity", das Windparks in Europa, den USA und Kanada entwickelt und betreibt und im Sommer vergangenen Jahres auch bei Butendiek die Führung übernommen hat. Für Wolfgang Paulsen, einen der Initiatioren des Offshore-Windparks, ist das die bestmögliche Lösung:

    " "Airtricity ist jetzt verantwortlich für die ganzen Vertragsverhandlungen und die Finanzierungsverhandlungen. Und Butendiek als Bürgerwindpark hat das Recht, wieder einzusteigen, die Option, wieder einzusteigen, dann, wenn das Projekt die Finanzierungsreife erreicht hat oder wenn das Projekt fertig aufgestellt ist - also zu zwei Zeitpunkten, dann allerdings nur zu 50 Prozent des Windparks."

    Zwischen 800 und 850 Millionen Euro sollen für Butendiek investiert werden. Aber auch die finanzstarken Iren warten auf die Neuauflage des Erneuerbare Energien-Gesetzes, mit einer Anhebung der Vergütung für Offshore-Windstrom, erklärt Geschäftsführer Martin Huss:

    "Wir sind seinerzeit angetreten in Deutschland mit der klaren Maßgabe, dass eine Verbesserung der Rahmenbedingungen stattfinden muss, bevor Airtricity aber auch bevor die anderen Projektentwickler hier in größerem Stil einsteigen. Und das hat sich auch gezeigt, das heißt über die letzten zwei Jahre hat eine markante Preissteigerung stattgefunden im Bereich der Zuliefer-Industrie, das heißt Turbinen-, Stahlpreise usw., und insofern die jetzt angepeilten 14 Cent sind ein Rahmen, der zwingend notwendig wird, um eine Investition offshore wirklich bewerkstelligen zu können."

    Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann malt sich schon jetzt aus, wie das Land unter günstigen Bedingungen komplett mit Windstrom versorgt werden kann - nach einem Ausbau der Windkraftanlagen an Land und auf See.
    "Wir erhöhen die Fläche, in der Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein erstellt werden, auf ein Prozent der Landesfläche - zurzeit sind es 0,8, die belegt sind, es gibt ja noch einzusätzliches Potenzial - so dass wir an Land auf etwa 4000 Megawatt kommen und 2500 Megawatt im Offshore-Bereich. Das ist die Perspektive, die wir in den nächsten zehn Jahren realisieren wollen. Und dann gehen wir davon aus, dass wir mehr als 100 Prozent des im Land verbrauchten Stroms aus Windenergie erzeugen können - wenn der Wind weht."

    Aber nicht nur die Windenergiebranche braucht Planungssicherheit. Es ist vor allem die Solarindustrie, die mit Spannung auf die Neuauflage des Erneuerbare Energien-Gesetzes wartet. Konkret heißt das, zu welchen Preisen, Solarstrom ab dem Jahr 2009 ins Netz eingespeist werden darf.

    Zunächst plädierten Teile der Unionsfraktion, die Fördersätze stark zu kürzen. Mal waren es 50, mal 30 oder auch 25 Prozent. Das hat in den vergangenen Monaten für einen Aufschrei in der Branche gesorgt. Carsten Körnig ist Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Er verweist auf die ohnehin vorgesehene Degression der Fördersätze.

    " Wir haben akzeptiert, dass die Solarförderung jedes Jahr um 5 bis 6,5 Prozent abgesenkt wird. Das war in den vergangenen vier Jahren der Fall. Das heißt, die Solartechnik musste auch entsprechend billiger werden. Man darf jetzt den Bogen aber nicht überspannen. Wir sehen, in Übereinstimmung mit der Wissenschaft, eine Möglichkeit, die Förderung jährlich um maximal 7 Prozent abzusenken. Die Politik will aber darüber hinausgehen und davor warnen wir. Das würde einen Fadenriss bedeuten, das würde dazu führen, dass es nicht mehr attraktiv ist, Solaranlagen auf das eigene Dach zu setzen und zu betreiben. "

    In der vergangenen Woche schließlich die Entscheidung: Der Kompromiss in der Großen Koalition sieht vor, die Subventionen für neue Solaranlagen auf den Dächern 2009 und 2010 um jeweils 8 Prozent zu kürzen. Ab 2011 soll es jährlich um 9 Prozent runtergehen. Ende gut, alles gut? Haben die großen Koalitionäre die Balance gehalten? Nur bedingt, sagt Claudia Kemfert, die Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, DIW.

    " Das ist eine stolze Größenordnung, ich denke aber die Branche wird dies verkraften. Der Großteil sicherlich schon, aber nicht alle. Aber eine Größenordnung von 30 Prozent, das halte ich für zu hoch, auch nicht für zielgerichtet. Weil man ja damit gerade den mittelständischen Bereich, insbesondere in Ostdeutschland, den Boden wegzieht. Das ist nicht notwendig. Und ich denke auch, dass viele Minister in Ostdeutschland das nicht mittragen werden. "

    Die meisten Akteure und Experten gehen davon aus, dass dieser vorläufige Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD auch im Bundestag Bestand haben wird. Von einem Einbrechen des Solarmarktes in Deutschland ist nun keine Rede mehr, wohl aber von einem sehr harten Entwicklungsdruck durch das Anziehen der Förderschrauben. Werden es nur die Großen schaffen, die auch schon von den wachsenden Exportmärkten profitieren? Oder auch die Kleinen im Alltagsgeschäft der Solarbranche? Solche Fragen stellt sich Bernd Dechert vom Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke.

    " Seit 2004, seit der letzten Reform des EEG, gab es real rund 12.000 neue Arbeitsplätze im Handwerk. Die sind im Wesentlichen im Elektrohandwerk entstanden, aber auch im Heizungs- und Sanitärbereich und ebenso bei den Dachdeckern. Markant ist auch, dass sich viele Betriebe so spezialisiert haben, dass im Grunde ein Mitarbeiter inzwischen nur für Solartechnik verantwortlich ist. Ich denke, es kann nicht Ziel der Bundesregierung sein, dass gerade die mittelständischen Betriebe, die auch keine Möglichkeit haben auf andere, ausländische Märkte auszuweichen, dass die hier so negativ belastet werden. "

    Im zuständigen Bundesumweltministerium verweist man darauf, dass die Stromerzeugung durch Erneuerbare Energien nur eine Seite der Medaille sei. Gerade die Solarindustrie dürfe auf enorme Zuwächse auch im Wärmebereich hoffen, sagt Cornelia Viertel, sie ist Referentin für Solarenergie im Ministerium. Aufholen müsse man vor allem bei der Aufbereitung von Warmwasser in den Haushalten, das sei der Zukunftsmarkt für die Solarbranche. Und deswegen werde es erstmals und noch in diesem Jahr allein für diesen Bereich ein entsprechendes Gesetz geben. Der Entwurf für ein Erneuerbares Wärmegesetz liege nun vor.

    " Dieser Entwurf sieht zum einen eine Nutzungspflicht vor, das heißt, eine Verpflichtung erneuerbare Energien bei Neubauten einzusetzen. Zum anderen haben wir die stärkere Förderung der Anlagen für erneuerbare Wärme. Nämlich das Marktanreizprogramm wird Teil des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Positiv daran ist, dass diese Mittel stark aufgestockt wurden, in diesem Jahr stehen uns bis zu 350 Millionen Euro zur Verfügung, das waren bislang im Schnitt immer nur rund 200 Millionen Euro. Im nächsten Jahr sollen sogar bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Ich denke, damit kann man eine ganze Menge bewegen. "

    Die größte Kröte bei der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird die Solarindustrie schlucken müssen. Die politische Kontroverse war hart - und dass gerade seine Branche so stark bei den Kürzungen betroffen sein soll, habe seinen Grund, sagt Carsten Körnig, der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Solarindustrie. In Wirklichkeit gehe es natürlich auch um den Energiemix der Zukunft, um Marktanteile bei den Energieversorgern.

    " Wenn jeder Verbraucher vor Ort, auf seinem eigenen Dach, selbst Strom erzeugen kann, und die Sonne an sich keine Rechnung stellt, dann ist dies doch ein enormer Wettbewerb für die Großkraftwerke. Selbst wenn es noch einige Jahre dauert, bis Solarenergie zu einer tragenden Säule der Energieversorgung wird, so werden die politischen Weichen dafür jetzt gestellt. Insofern gibt es hinter den Kulissen einen starken Wettbewerb. Und es wird leider auch sehr stark Einfluss genommen - seitens der konventionellen Energiewirtschaft, so zumindest unser Eindruck. "

    Der Stromkunde wird von der Neuauflage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kaum etwas merken. Momentan macht die Umlage 3 Prozent der Gesamtrechnung aus. Mit der Gesetzes-Novelle steigt dieser Anteil nach Angaben des Bundesverbandes Erneuerbare Energien nur geringfügig, und zwar um geschätzte 0,1 Cent pro Kilowattstunde.

    Eines ist in der Diskussion über die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes fast vergessen worden: Der Klimaschutz. Über 100.000 Tonnen des Treibhausgases CO2 werden schon heute jährlich durch die Nutzung der erneuerbaren Energien eingespart. Und diese Erfolge müssten auch weiterhin ausgebaut werden, sagt einer der bekanntesten deutschen Klimaforscher, Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung.

    " Bis Mitte des Jahrhunderts müssen die Emissionen in etwa halbiert werden. Und zwar weltweit. Das ist eine sehr große Herausforderung und bis Ende des Jahrhunderts müssen wir in die Nähe von Null-Emissionen kommen, das bedeutet, bis dahin müssen wir den Übergang in das Solarzeitalter geschafft haben. Eine große Herausforderung, aber ich bin überzeugt, dass es zu schaffen ist. Dabei spielt natürlich die Energieeffizienz eine ganz entscheidende Rolle, die kann dramatisch verbessert werden. Und es spielen die erneuerbaren Energien eine ganz wichtige Rolle. "

    Das Hin- und Her in den vergangenen Wochen bei der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes scheint nun beendet. Doch gezeigt hat sich vor allem, dass sich die große Koalition in Berlin weiterhin in vielen Punkten der Klimapolitik uneinig ist. Dabei sind die von den Koalitionären formulierten Ziele erst einmal anspruchsvoll - beispielsweise bis 2020 den Anteil der Erneuerbaren auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen, so steht es im Meseberger Programm. Dieses Ziel könne man erreichen, aber einfach werde es nicht, sagt die Klimaexperten des DIW, Claudia Kemfert.

    " Das liegt aber auch daran, dass sich die Politik so uneinig ist, Man weiß nicht so genau, was sie will oder auch nicht. Das fängt an bei der Stromproduktion, wo einige aus der Atomenergie aussteigen wollen, andere nicht. Was ist mit den Kohlekraftwerken? Nun sind die Biokraftstoffe auch ein Problem. Die Kfz-Steuer wollte man eigentlich auf CO2-Emissionen umstellen, auch das kommt wohl nicht. Ich würde mir einfach wünschen, man hätte eine einheitliche Energiepolitik, auch federführend unter dem Deckmantel eines Energieministeriums, welches dann auch zuständig ist. Dass man sich nicht so verzettelt, immer dieses Klein-Klein. Man sollte das Übergeordnete im Griff haben, dann kann man es auch schaffen. "

    Die Branche traut sich - bei entsprechenden politischen Rahmenbedingungen - sogar mehr zu. Und in sieben bis acht Jahren würde beispielsweise die Solarindustrie auch wettbewerbsfähig sein, verspricht Carsten Körnig, vom Bundesverband Solarwirtschaft. Eine Subventionierung könnte dann wegfallen. Sein Szenario für 2020 sieht so aus.

    " Wir werden ein unverzichtbarer Bestandteil sein. Denn alle erneuerbaren Energien - Wasser-, Wind-, und Sonnenenergie, die Bioenergie und die Geothermie - müssen sinnvoll ineinander wirken. Wir glauben, dass wir deutlich zu über 30 Prozent am Strommix beitragen können. Dass wir auch rund ein Viertel im Bereich der Wärmeversorgung leisten können. Das müssen wir auch, denn die Versorgung mit Öl, Gas und Kohle wird für den Bürger unbezahlbar. Es ist also nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch der Versorgungssicherheit. "