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Sonnige Solarzukunft bei den Saudis

Die deutsche Solarindustrie darbt. Die Förderung wurde gekürzt, die Konkurrenz aus China ist übermächtig. Neue Absatzmärkte müssen her. Unser Reporter Theo Geers ist jüngst nach Saudi-Arabien gereist - denn dort könnte die Zukunft der deutschen Solarstromproduktion entstehen.

Von Theo Geers | 13.07.2012
    "Es ist eines der besten Länder für Solarstrom, das man sich nur vorstellen kann."

    Kurz vor dem Abflug aus der saudischen Hauptstadt Riad zurück nach Deutschland gerät Henning von Barsewisch ins Schwärmen. Von Barsewisch verkauft Solarmodule, die bei Soitec in Freiburg entwickelt und demnächst in einer Fabrik in San Diego in Serie produziert werden. Zwei Tage lang hat er Verkaufsgespräche geführt, hat seinen möglichen künftigen Geschäftspartnern ein Modell der Module gezeigt, die es mit einem simplen technischen Trick schaffen, über 30 Prozent der Sonnenenergie in Strom umzuwandeln. Ihr Wirkungsgrad ist damit ungefähr doppelt so hoch ist wie bei den Modulen, die auf deutschen Hausdächern montiert werden. Und in der prallen Wüstensonne installiert verdoppelt sich die Stromausbeute noch einmal gegenüber Deutschland, denn mit 2200 Kilowattstunden pro Quadratmeter ist die Sonneineinstrahlung in Saudi Arabien mehr als doppelt so hoch wie hierzulande. Solarstrom in der Wüste plus höherer Wirkungsgrad - eigentlich müsste das ein Selbstläufer sein, räumt auch Henning von Barsewisch ein. Eigentlich.

    "Grundsätzlich so logisch, wie man es sich denkt, weil die Saudis Öl verbrennen um Strom zu generieren. Die Saudis haben in 15 Jahren, wenn sie so weiter wachsen, kein Öl mehr zum Exportieren, jetzt verbrauchen sie 30 Prozent im Land, wenn sie so weiter wachsen, werden sie 100 Prozent des eigenen Öls selbst verbrauchen und deshalb ist Logik schon so, das Saudi Arabien sich in Richtung Solar entwickeln wird und dass da ganz stark Kapazitäten zugebaut werden."

    Doch noch führt ausgerechnet der Solarstrom in Saudi Arabien ein Schattendasein. Das liegt bislang auch an der Mentalität der Saudis, die es – wie Diplomaten spotten – nicht anders kennen ,als dass Öl aus dem Boden sprudelt, sobald sie nur den Finger hineinstecken. Öl im Überfluss: Entsprechend verschwenderisch ist der Umgang mit dem schwarzen Gold. Rund zehn Millionen Barrel Öl fördert Saudi Arabien jeden Tag, davon landet eine Million Barrel in Kraftwerken, um Strom zu erzeugen – auch jeden Tag. Und tagsüber, bei 40 Grad und mehr im Schatten, werden 70 Prozent dieses Stroms für Klimaanlagen und Kühlung eingesetzt, also genau dann, wenn auch die Solarmodule ihre höchste Leistung erzielen. Doch so wird in Saudi Arabien noch nicht gerechnet:

    "Was halt im Moment stattfindet, ist, dass intern im Land das Öl für vier US-Dollar pro Barrel gehandelt wird und der Weltmarktpreis ist zurzeit 100 US-Dollar, das heißt, es findet massive Subventionierung statt, dadurch kostet die Saudis der Strom circa vier Euro-Cent pro Kilowattstunde; in Deutschland sind das 20 Cent, und wir könnten hier Solarstrom für 10 bis 15 Cent generieren."

    Mit anderen Worten: Solarstrom in der Wüste rechnet sich schon jetzt und wäre schon jetzt wettbewerbsfähig, wenn in Saudi Arabien die Preise für Öl und Ölprodukte nicht künstlich abgesenkt würden. Solche Berechnungen überzeugen, allerdings nur allmählich. Noch sind es erst Absichtserklärungen, aber die Ausbaupläne in puncto Solarstrom in der Wüste reifen. 52.000 Megawatt umfasst der aktuelle Kraftwerkspark an Öl- und Gaskraftwerken, 41.000 Megawatt will Saudi Arabien in den nächsten 20 Jahren an Solarstrom-Kapazitäten installieren.