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Spanien
Ministerpräsident Sánchez ruft Neuwahlen aus

Konservative Kräfte und katalanische Separatisten haben die Verabschiedung des spanisches Haushalts verhindert. Deswegen hat Ministerpräsident Pedro Sánchez nun Neuwahlen für den 28. April angekündigt. Besonders davon profitieren könnten die Liberal-Konservativen sowie die Rechtsnationalen.

Von Marc Dugge | 15.02.2019
    Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, im spanischen Parlament in Madrid. Spanien steht nur acht Monate nach der Amtsübernahme des sozialistischen Ministerpräsidenten wieder vor einer Neuwahl.
    Seine Regierung konnte den geplanten Haushalt nicht durchbringen. Dabei "hat Spanien nicht eine Minute zu verlieren", so Ministerpräsident Pedro Sánchez. (Manu Fernandez/AP/dpa)
    Die Neuwahlen sind für Spanien keine Überraschung. Dass Pedro Sánchez hinschmeißen würde, hat sich schon am Mittwoch abgezeichnet. Sánchez hatte es nicht geschafft, seinen Haushaltsentwurf durchs Parlament zu bringen: Die konservativen Kräfte und katalanische Separatisten ließen ihn auflaufen. Sánchez hätte zwar noch mit dem Haushalt der konservativen Vorgängerregierung weitermachen können. Doch er hat sich anders entschieden:
    "Entweder mit einem Haushalt weiterregieren, der nicht der unsere ist. Ein Haushalt, der auf soziale Forderungen nicht eingeht, die unser Land braucht. Oder daran zu glauben, so wie ich es tue, dass Spanien nicht eine Minute zu verlieren hat. Nach Beratungen mit dem Ministerrat habe ich vorgeschlagen, das Parlament aufzulösen und für den 28. April Neuwahlen auszurufen."
    Damit geht für Sánchez eine schwierige Amtszeit zu Ende. Er hatte in Spanien eine Minderheitsregierung geführt, seine Sozialisten hatten gerade mal rund ein Viertel der Sitze im Parlament. So musste er vor allem per Dekret regieren.
    Politische Landschaft derzeit sehr polarisiert
    Er ließ damit unter anderem den Mindestlohn anheben. Außerdem sorgte er dafür, dass wieder alle Einwohner in Spanien Recht auf eine ärztliche Versorgung haben - auch Migranten ohne Aufenthaltserlaubnis. Viele andere Vorhaben blieben liegen.
    Mit den baldigen Neuwahlen will der Sozialist offenbar tatsächlich keine Minute verlieren. Sánchez hofft darauf, seine Anhänger mobilisieren zu können - denn die politische Landschaft in Spanien ist derzeit sehr polarisiert.
    Auf der einen Seite die linken Parteien, die versprechen, dass es nach Jahren der Krise jetzt auch den ärmeren Spaniern wieder besser gehen soll. Und die glauben, dass der Konflikt mit den Separatisten in Katalonien auf sanfte Art gelöst werden sollte. Auf der anderen Seite die Konservativen, die vor zu großen sozialen Wohltaten warnen - und im Fall Katalonien eine harte Linie fordern. Der Vorsitzende der konservativen Volkspartei, Pablo Casado, hat da in den vergangenen Wochen einen besonders scharfen Ton gesetzt. Er sagte heute:
    "Wir sind zufrieden. Wir haben neun Monate lang Pedro Sánchez an sein Versprechen erinnert, Neuwahlen auszurufen. Er hat lange nicht erkennen lassen, dass er dieses Versprechen halten würde. Dass er es jetzt doch tun musste, liegt an der Volkspartei. Sie hat es geschafft, dass die Sánchez-Regierung das Handtuch werfen musste."
    Liberal-Konservative und Rechtsnationale profitieren
    Richtig freuen können sich die Abgeordneten seiner Volkspartei allerdings nicht. Sie steht in Umfragen schlecht da - und könnte bei Neuwahlen Sitze verlieren. Profiteure im konservativen Lager sind demnach die liberal-konservativen "Ciudadanos" und auch die rechtsnationale Partei "Vox". Vox ist bisher im spanischen Parlament nicht vertreten - das dürfte sich aber bald ändern. Das Parlament dürfte aber auch nach den Neuwahlen zersplittert bleiben, glaubt der Politikwissenschaftler Pablo Simón. Im Sender La Sexta sagte er heute:
    "Es gibt den Umfragen zufolge vor allem zwei mögliche Szenarien: Eines ist, dass die Volkspartei, Ciudadanos und Vox die absolute Mehrheit bekommen - aber da wird viel davon abhängen, wie stark Vox abschneidet… Es kann aber auch sein, dass weder die Linken noch die Rechten die absolute Mehrheit erreichen. Jedenfalls wird kein Separatist aus Katalonien einen Pablo Casado ins Amt heben."
    Es könnte also sein, dass wegen dieser Blockade Sánchez auch nach den Neuwahlen erst mal weiterregieren wird. Mit sehr wackligen Mehrheiten. Zumindest droht für Europa aus Spanien kein Ärger: Sowohl die konservativen wie die linken Kräfte sind pro-europäisch eingestellt.