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"Sparen ist mit Sicherheit jetzt der falsche Weg"

Achim Berg, Chef von Microsoft Deutschland, warnt die IT-Branche davor, in der Krise am Marketing zu sparen. Insgesamt werde die Branche ein Nullwachstum erleben. Das Ziel sei jetzt, den Kunden Einsparungsmöglichkeiten im technischen Bereich anzubieten, so Berg - und macht drei Vorschläge.

Achim Berg im Gespräch mit Dirk Müller |
    Dirk Müller: Gestern Abend in Hannover: der Terminator soll Schwung bringen in die weltweite Computermesse CeBIT.

    O-Ton Arnold Schwarzenegger: "Ich bin sehr glücklich, dass ich jetzt hier bin bei der CeBIT-Messe. Wir haben hier 50 Geschäftsleute von Kalifornien mitgebracht und ich freue mich schon darauf, dass ich die Bundeskanzlerin Merkel hier treffe."

    Müller: Fragen sich aber einige, warum ausgerechnet Arnold Schwarzenegger, Regierungschef von Kalifornien, wo doch gerade an der amerikanischen Westküste die goldenen Zeiten längst vorbei sind. Besonders die amerikanische Hightech-Branche ist schwer gezeichnet von der Finanz- und Wirtschaftskrise. Wie auch immer: Arnold Schwarzenegger kann kämpfen, auch als Politiker, ein Überlebenskampf, der nun auch auf die deutsche IT-Branche zukommen könnte. 2001 nach Auslöser des weltweiten Börsencrashs hat sich die Rezession diesmal offenbar bislang jedenfalls noch nicht so gravierend auf die Computerunternehmen ausgewirkt, aber sie soll zuschlagen. Davon gehen jedenfalls die meisten Beobachter aus. – Über die aktuelle Situation wollen wir nun reden mit Achim Berg, Chef von Microsoft Deutschland. Guten Morgen!

    Achim Berg: Guten Morgen!

    Müller: Herr Berg, wie stark ist die Computerbranche?

    Berg: Die CeBIT dieses Jahr ist mit Sicherheit eine andere CeBIT, als wir sie vor vielen, vielen Jahren noch gesehen haben. Wir haben weniger Aussteller. Die Stimmung ist etwas nachdenklicher, als sie in den vergangenen Jahren war. Aber keine Branche, auch kein Unternehmen ist gegen die Wirtschaftskrise immun. Es ist aber natürlich so, dass die Branche eine Krisenbewältigungstechnologie anbietet. Nenne ich es mal so, so habe ich es gestern gehört. Das heißt, eine Technologie anbietet, mit der man natürlich den Unternehmen helfen kann, einzusparen. Man kann helfen, auch der Industrie wirklich zu helfen, und es ist mir bisher noch kein Unternehmen bekannt, was unter den Notfallschirm der Bundesregierung schlüpfen wollte, aus der IT-Industrie.

    Müller: Unternehmen helfen, etwas einzusparen. Das heißt auch, Arbeitsplätze abzubauen?

    Berg: Es muss nicht zwingend Arbeitsplätze abbauen sein. Was die Unternehmen uns fragen ist vor allen Dingen, wie kann ich Investitionen im Prinzip so einsetzen, dass sie sich wirklich schnell auszahlen, dass der so genannte return of invest sehr hoch ist. Wir sind früher gefragt worden, zwei, drei, vier Jahre return of invest; wir diskutieren mit den Unternehmen jetzt über 12 Monate return of invest. Das heißt, die Investitionen der Unternehmen müssen sich schneller auszahlen. Das ist im Prinzip die Forderung auch vor allen Dingen der Großkonzerne, mit denen wir hier reden.

    Müller: Sie haben sich jetzt schon auf der CeBIT umgeschaut, auch gestern. Sie haben auch Arnold Schwarzenegger zugehört und Angela Merkel zugehört. Ein Viertel weniger Aussteller, haben wir gelesen. Microsoft dagegen hat seine Präsenz vor Ort in Hannover auf der CeBIT ausgeweitet, ausgedehnt; weil es Microsoft so gut geht, dass alle in Deutschland ihren Arbeitsplatz behalten?

    Berg: Den Zusammenhang möchte ich gar nicht herstellen, weil es uns gut geht oder nicht gut geht, sondern wichtig ist: Wir haben natürlich hier eine einmalige Chance, uns zu präsentieren, den Kunden zu präsentieren, unsere Lösungen zu präsentieren, und wir haben vor einigen Monaten entschieden, wir werden es dieses Jahr etwas größer machen. Wir hatten im letzten Jahr das Problem, dass wir mit unserem Stand auch an die Kapazitätsgrenzen gerutscht sind, und haben dieses Jahr den Stand vergrößert, weil nur wenn ich hier zeigen kann, was ich habe, kann ich es auch den Kunden schmackhaft machen. Sparen ist mit Sicherheit jetzt der falsche Weg. Ich habe mal vor einigen Tagen gesagt, auch das Kaputtsparen ist in der Branche gefährlich, dass man jetzt hingeht und speziell diese einfachen Investitionen wie zum Beispiel Marketinginvestitionen, also auf Messen zu gehen, einspart. Die einzusparen, ist für mich der falsche Weg. Wir müssen uns als Branche hier zeigen und die Großen der Branche sind alle hier, zeigen auch ihre Produkte und Leistungen.

    Müller: Dementsprechend, wenn ich Ihnen jetzt folge, Herr Berg, sind das Kassandrarufe der Politik, die da sagen, wir müssen jetzt den Gürtel enger schnallen. Es ist also besser, Geld auszugeben?

    Berg: Es ist besser, das Geld richtig auszugeben. Es ist überhaupt nichts Schlimmes, dass man alle Investitionen überdenkt, dass man sich anschaut, wo kann ich einsparen, wo kann ich effizienter werden. Das ist ein normaler Prozess, der jetzt mit Sicherheit mehr denn je gilt. Aber das heißt nicht, dass ich jetzt nur meinen Gürtel enger schnallen muss, sondern ich möchte sehr viel bewusster ausgeben und sehr viel bewusster investieren. Das tun wir genau hier.

    Müller: Sie blicken, Herr Berg, auch für Microsoft optimistisch nach vorne. Aber womit rechnen Sie tatsächlich in Wirklichkeit? Wie hart wird die Finanz- und Wirtschaftskrise durchbrechen?

    Berg: Ich habe ja gerade schon gesagt, wir sind nicht gegen die Wirtschaftskrise immun, auch als Branche nicht. Was man allerdings sieht – und wir haben gestern im Branchenverband Bitkom auch in einer Pressekonferenz die Zahlen veröffentlicht -, wir sehen für die Gesamtbranche ein stabiles Wachstum, stabile Umsätze, und speziell die Software-Branche wird in diesem Jahr noch wachsen. Bitkom geht davon aus, dass in Deutschland die Software-Branche um zirka zwei Prozent wachsen wird, was natürlich in der Reihe der schlechten Nachrichten recht positiv und recht interessant wirkt. Das liegt aber daran, dass die Unternehmen um zu sparen natürlich auch irgendwo investieren müssen, und das ist genau die Software.

    Müller: Wir haben dennoch, Herr Berg, wenn ich das richtig verstanden habe, wenn ich gestern richtig zugehört habe, sehr, sehr viel von Nullwachstum gehört. Trifft das zu?

    Berg: Nullwachstum gilt für die komplette Branche. Das muss aufgeteilt werden in Hardware-, Software- und IT-Leistungen. Die Hardware wird sicher runtergehen und man prognostiziert dort, ich habe Zahlen gehört von Minus 2 bis sogar schon Minus sechs, sieben, acht Prozent, die gestern über den Ticker gelaufen sind. Im Software-Bereich ist es zwischen zwei und drei Prozent Wachstum und die IT-Dienstleistungen wachsen sogar noch mehr. Das heißt, wir haben in der Branche verschiedene Unterbranchen, die sich unterschiedlich entwickeln. Microsoft ist ja vor allen Dingen in der Software-Branche unterwegs.

    Müller: Kann die Software-Branche immer auch gerade in diesen Zeiten so innovativ sein, das heißt so viel neu erfinden, dass es immer noch gerade reicht, zu überleben und zu existieren?

    Berg: Ja. Es gibt gerade neue Technologien, die jetzt seit ein, zwei Jahren auf dem Markt sind, die bewusst genau in diese Richtung gehen. Ich gebe Ihnen Beispiele: das Thema neudeutsch unified communication. Das ist das Live-Meeting, auch Meetings an verschiedenen Orten über Video-Konferenzen mit sehr einfachen Möglichkeiten, auch schon in den Office-Programmen eingebaut. Das zeigen wir hier im Bereich des neuen Arbeitens. Dann das Thema Zusammenarbeit, neudeutsch Collaboration, wo sie am Dokument gleichzeitig arbeiten können, ohne immer zu reisen, also bewusst Reisetätigkeiten in den Griff zu bekommen. Das ist das zweite Thema. Ein dritter großer Einsparungsbereich ist Virtualisierung, dass wir große Server-Farmen so zusammenschalten und so tun, als wäre das ein großer Server, was die Konsequenz hat, dass teilweise nicht ausgelastete Server im Prinzip so genutzt werden können, auch von anderen Programmen genutzt werden können, dass ich am Ende weniger Server, also weniger Strom, weniger Hardware, weniger Investitionen brauche. Das sind im Prinzip die drei großen Bereiche.

    Müller: Herr Berg, zum Schluss noch einmal. Ich muss noch einmal darauf zu sprechen kommen. Ich habe das schon zweimal versucht. Wir haben vor gut einer Stunde über Arbeitsplätze bei Opel geredet. Reden wir noch einmal über Arbeitsplätze bei Microsoft. Können Sie die Arbeitsplätze 2009 erhalten?

    Berg: Was ich Ihnen gerade gesagt habe, an Zahlen und Themen, hört sich sehr vielversprechend an. Was wir auf jeden Fall auch tun werden, wir werden uns optimieren. Aber wir werden bei Microsoft, auch bei Microsoft Deutschland nicht im großen Stil von Abbau-Programmen reden. Das ist im Moment nicht die Intention.

    Müller: Achim Berg bei uns im Deutschlandfunk, Chef von Microsoft Deutschland. Vielen Dank für das Gespräch.