Dienstag, 19. März 2024

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Spazierengehen in Zeiten von Corona
"Ein Spaziergang, den man vorher noch nie gemacht hat"

Während viele bislang mit dem Auto aus der Tiefgarage zur Arbeit gefahren seien, gingen nun mehr Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung spazieren, sagte der Spaziergangswissenschaftler Martin Schmitz im Dlf. Dabei ließen sich spannende Dinge entdecken, die man bisher übersehen habe.

Martin Schmitz im Gespräch mit Doris Schäfer-Noske | 28.03.2020
Spazieren und Joggen in Zeiten von Corona und Home Office - Göttingen, 26. März 2020
In Zeiten von Corona-bedingtem Home Office könnte es zu einer Renaissance des Spaziergangs kommen, sagte Martin Schmitz von der Universität Kassel im Dlf (dpa / Swen Pförtner)
Spazierengehen sei die einfachste Form, um sich die eigene Landschaft oder die eigene Stadt zu erschließen, sagte Martin Schmitz von der Universität Kassel im Dlf. Die Spaziergangswissenschaft - an der Universität Kassel von dem Schweizer Soziologen Lucius Burckhardt gegründet - sei entstanden aus einer kritischen Haltung gegenüber der Auto-Mobilisierung. In den 1980er-Jahren sei diese so groß wie nie gewesen.
Die Auto-Mobilisierung hat unsere Wahrnehmung verändert, "weil wir jetzt an einem Nachmittag das Burgund erkunden können und dann zuhause erzählen können, 'Es ist nicht das, was es mal war'", so der Spaziergangswissenschaftler Schmitz.
Das Auto prägt die Stadtplanung
Seine Wissenschaft grenze sich ab von der Literatur und Figuren wie dem Flaneur. Sie untersucht den Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und dem Planen und Bauen in der Stadtplanung. Schmitz sagte im Dlf, in der Stadt gibt es viele sinnlose Planungen und Schilder - diese fallen jetzt auf, wo man nicht mehr nur mit dem Auto aus der Tiefgarage auf die Arbeit fährt, von A nach B, sondern in seiner unmittelbaren Umgebung spazieren geht.
In Zeiten von Corona und Home Office, wo man einfach raus aus der Wohnung wolle, auch um fit zu bleiben, sei eine Renaissance des Spazierengehens möglich. Der Gang ums eigene Haus im Alltag: "Es ist ja wahnsinnig spannend um einen herum, man muss nur ein Auge dafür haben."