Freitag, 19. April 2024

Archiv


Spaziergänge durch "geistlich-poetische Lustwäldlein"

Gestorben am 7. August 1635 in Trier, war Spee einer der herausragenden katholischen Theologen seiner Zeit, nicht nur ein hoch geschätzter Kirchenlieddichter, sondern auch mutig in seinem Engagement zum Beispiel gegen die Hexenprozesse seiner Zeit.

Von Christian Linder | 07.08.2010
    "O Heiland, reiß die Himmel auf, / Herab, herab vom Himmel lauf, / reiß ab vom Himmel Tor und Tür, / reiß ab, wo Schloss und Riegel für."

    So beginnt das Adventslied Friedrich Spees, wohl seine sprachliche Erkennungsmelodie. Verständlich wird der Wunsch, Gott möge sich endlich zeigen, vor dem Hintergrund der Zeit: Dreißigjähriger Krieg in Deutschland, Not und Hunger, die Pest wütet, die Menschen sind total verunsichert und flüchten sich in Hexenwahn. Mitten im Zentrum dieses Orkans lebte Friedrich Spee.

    "O klare Sonne, du schöner Stern, / dich wollten wir anschauen gern; / O Sonn, geh auf, ohne deinen Schein / in Finsternis wir alle sein."

    Geboren 1591 in Kaiserswerth bei Düsseldorf als Sohn eines adligen kurkölnischen Beamten – die Familie nannte sich zeitweilig auch "Spee von Langenfeld", nach der Herkunft eines Familienzweiges –, pochte Friedrich Spee früh auf seine Selbstbestimmung und trat 1610 gegen den Willen der Eltern in Trier in den Jesuitenorden ein.

    "O Gott, ein Tau vom Himmel gieß, / im Tau herab, o Heiland, fließ. / Ihr Wolken, brecht und regnet aus / den König über Jakobs Haus."

    Als Theologe, der nach seinem Studium und der Priesterweihe 1623 im Mainzer Dom selber an verschiedenen Universitäten Moraltheologie lehrte, überzeugte Spee, weil er seine Überzeugungen nach außen auch lebte. Das brachte ihn zwar öfters in Konflikte mit seinem Orden – sodass man ihm Lehrerlaubnisse immer wieder entzog –, aber der gelebte katholische Glaube wirkte so stark, dass man ihn 1628 in der Stadt Peine mit einer sogenannten "Rekatholisierung" betraute.

    Vermutlich in Folge dieses Glaubenskampfes wurde Spee ein Jahr darauf, 1629, bei einem Attentat schwer verletzt und nach der Genesung von seinem Orden an die Universität Paderborn versetzt. Inzwischen war er ein berühmter Mann geworden, nicht nur als Theologe, sondern auch als Dichter. Seine Lieder, zunächst anonym erschienen, werden bis heute gesungen, nicht nur in katholischen, auch in evangelischen Kirchen.

    "Trutznachtigall" nannte er das Buch, in dem er seine barocken Lieder und Gedichte versammelte. Sehr feine, in der Nachfolge eines lateinischen Klassikers wie Vergil gearbeitete Texte als Spaziergänge durch "geistlich-poetische Lustwäldlein", wie der Titel ankündigte.

    Aber Spee war nicht nur der feinsinnige Dichter, er blieb auch der kämpferische, mutige Theologe, der sich gegen die Hexensprozesse seiner Zeit engagierte. Ungefähr zweihundert Hexen hatte er auf dem Weg zum Scheiterhaufen begleitet und erkannt, welches mörderische Unrecht da inszeniert wurde. In seiner 1631 in Rinteln erschienenen Schrift "Cautio Criminalis" wurde er deutlich:

    Bei der Folter ist alles voll von Unsicherheit und Dunkel ... Welches sind die Beweise derer, die sofort die auf der Folter erpressten Geständnisse für wahr halten.

    "Die Burg des Herzens" öffnen und "in Wahrheit leben" – nach diesem Motto lebte und schrieb Friedrich Spee. Schon früh, ab 1627, hatte er auf Anregung einer katholischen Frauenvereinigung in Köln wöchentlich Texte geschrieben als Hilfen fürs tägliche Gebet und die Besinnung.

    Alles ist angelegt zum Brauchen und nicht nur zum Lesen.

    Sehr bekannt geworden sind die Texte, als sie gut zwanzig Jahre später, lange nach Spees Tod, in dem in Köln gedruckten "Güldenen Tugendbuch" zusammengefasst wurden.

    "O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd, / dass Berg und Tal grün alles werd. / O Erd, herfür dies Blümlein bring, / O Heiland, aus der Erden spring."

    Gestorben ist Friedrich Spee am 7. August 1635 in Trier. Dorthin hatte ihn der Orden versetzt als Professor für Kasuistik, der zugleich als Beichtvater Menschen in Gefängnissen und Krankenhäusern zu betreuen hatte; auch verwundeten und pestkranken Soldaten stand er zur Seite. An der Pest steckte er sich an. Er wurde nur 44 Jahre alt. Begraben liegt er in der Gruft der Trierer Jesuitenkirche.