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SPD-Austritt
Bülow rechnet ab

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow verlässt seine Partei. In der SPD galt er als Linker, als Gegner der GroKo und als entschiedener Kritiker von Andrea Nahles. Bülows Austritts-PK in Berlin geriet zur Abrechnung mit der SPD.

Von Panajotis Gavrilis | 27.11.2018
    Marco Bülow verlässt die SPD
    Marco Bülow verlässt die SPD (picture-alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Schluss, Aus, Vorbei. 26 Jahre lang war Marco Bülow laut eigenen Angaben in der SPD, seit 16 Jahren Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis in Dortmund.
    Nach seiner Ankündigung aus der SPD auszutreten, folgte heute in Berlin die öffentliche Abrechnung mit seiner nun ehemaligen Partei.
    "Nach außen hin sind wir stromlinienförmig, ein Karriereverein und ein Wahlverein geworden."
    Bülow verstand sich immer als Gegner und Kritiker der sogenannten Großen Koalition mit der Union. Für ihn ist klar: Sich erneuern und gleichzeitig regieren, der aktuelle Versuch der Sozialdemokraten – das geht für ihn nicht zusammen.
    SPD kann sich nicht erneuern
    "Die SPD ist nicht in der Lage, sich zu erneuern. Die SPD ist nicht in der Lage, klare Positionen zu finden. Die SPD ist nicht in der Lage, eine Analyse durchzuführen, zu dem was war und endlich Mal einen klaren Strich zu ziehen. Und die SPD ist immer weniger in der Lage, Menschen mitzunehmen."
    Bülow kritisiert die SPD-Spitze ohne dabei Namen zu nennen. Er meint aber allen voran wohl auch die Parteivorsitzende und Fraktionschefin Andrea Nahles.
    Die breite Führung ziehe keine Verantwortung aus ihrem Handeln, egal wie desaströs die Wahlergebnisse seien, fährt Bülow fort.
    In der SPD haben nur Unkritische eine Chance
    "Es gibt Angst, irgendeinen, der gegen die GroKo war, überhaupt einzubeziehen in dieser Partei. Es gibt nur einige Wenige in der Fraktion. Aber in der Partei gibt es ja ziemlich viele, die gegen die GroKo waren. Und keiner wird einbezogen. Keiner kriegt, nicht einmal einen Sprecherposten. In der Fraktionsspitze wird das nicht abgebildet, bei den Ministerien wird es nicht abgebildet, bei den Staatssekretären wird es nicht abgebildet - nirgendwo. In der SPD haben nur Leute Chancen oben, die den Kurs Eins zu Eins unterstützen. Und möglichst unkritisch."
    Bülow redet eine Stunde vor Journalistinnen und Journalisten vor einer weißen leeren Wand in einem Konferenzraum des Bundestages, vor ihm die Mikrofone. Nach reichlicher Überlegung, ohne Häme, aber mit Traurigkeit, kündigt Bülow seinen Rückzug an. Der Bülow, der sich auch der sogenannten "Aufstehen"-Bewegung von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht angeschlossen hatte.
    Warum aber gerade jetzt dieser Rücktritt?, wird er gefragt. Er hatte noch ein bisschen Hoffnung, aber diese sei nun endgültig begraben, antwortet er.
    Aktuell sei die Erhöhung des Verteidigungsetats ein Grund gewesen, der das Fass für ihn zum Überlaufen gebracht habe. Zudem tue die SPD zu wenig gegen Armut, zu wenig in der Sozialpolitik, so der 47-Jährige. Vor allem aber habe er eine Diskussion innerhalb der Partei vermisst.
    Mit Debattencamp alles zukleistern
    "Und es auch keinen Aufstand der Basis gibt dagegen. Sondern eher eine Grabesruhe. Und man versucht sich unterzuhaken und dann mit einem fancy Debattencamp irgendwie alles schön zukleistert und so tut als wenn alles in Ordnung wäre und die Welt irgendwann wieder funktioniert. Vielleicht darauf hofft, dass Merz Parteivorsitzender wird, damit man sich besser absetzen kann - dann irrt man."
    Aus der SPD selbst und der Bundestagsfraktion hat sich bisher Achim Post zu Wort gemeldet. Der Fraktionsvize und NRW-Landesgruppensprecher sagte, die Entscheidung von Marco Bülow sei der Schlusspunkt einer längeren Entwicklung, die für viele keine Überraschung sei. Post forderte Bülow auf, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Das lehnt der Ex-SPDler Bülow ab, er möchte als Fraktionsloser weitermachen. Auch wenn er aus der SPD ausgetreten sei, Sozialdemokrat möchte er dennoch bleiben, ergänzt er.
    Zu einer möglichen Zukunft in der Linksfraktion wollte sich Bülow zudem nicht äußern. Er wolle sich jetzt erst einmal zurückziehen.