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SPD-Politiker fordert zentrale Verfassungsschutzbehörde

Der Verfassungsschutz auf Länderebene muss mit dem Bundesverfassungsschutz zusammengelegt werden, fordert Fritz Rudolf Körper (SPD), Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium. "Gewisse Landesverfassungsschutzämter" würden ihrer Aufgabe nicht gerecht.

Fritz-Rudolf Körper im Gespräch mit Bettina Klein | 21.11.2011
    Bettina Klein: Der Bundesinnenminister ist geladen, der Generalbundesanwalt, der BKA-Chef, der Präsident des Bundesverfassungsschutzes und der des thüringischen Amtes. Sie alle sollen aussagen heute bei einer Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses zu den Fragen rund um die Neonazi-Morde in den vergangenen Jahren, die Frage, wie noch mehr Aufklärung hergestellt werden kann, und vor allen Dingen, welche Konsequenzen jetzt zu ziehen sind. Fritz Rudolf Körper ist Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag und er ist Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium. Ich grüße Sie, Herr Körper.

    Fritz Rudolf Körper: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Sie sind ja heute nicht mit dabei. Sind für das Parlamentarische Kontrollgremium eigentlich schon alle Fragen beantwortet?

    Körper: Nein, es sind nicht alle Fragen beantwortet, deswegen gibt es ja auch am kommenden Mittwoch eine Sondersitzung. Und, liebe Frau Klein, ich will vielleicht noch etwas hinzufügen zu meiner Person: Ich war im Jahre 1998 bis zum Jahre 2005 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und war an einige Vorgänge jetzt wieder erinnert, die wir diskutieren müssen, wie wir den Kampf gegen Rechtsextremismus führen, denn es zeigt sich auch in der damaligen Zeit, dass die Strukturen beispielsweise im deutschen Verfassungsschutz, glaube ich, nicht ganz stimmig sind.

    Klein: Sie erwähnen das zurecht. Im Augenblick hört man viel Kritik an der Bundesregierung, an den derzeitigen Behörden. Man muss dazu sagen, dass Ihre Partei – Sie haben es erwähnt – bis 2005 an der Regierung war und zu diesen Zeiten auch den Kanzler gestellt hat. Was können Sie denn beitragen zur Aufklärung im Augenblick?

    Körper: Wir können, glaube ich, ein paar Erfahrungen beitragen, nämlich die Debatte um das damalige NPD-Verbotsverfahren, und da hat sich gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Verfassungsschutzbehörden in Deutschland nicht gegeben war. Das Wort Zusammenarbeit war fast übertrieben, es anzuwenden. Das hat ja uns auch damals in die Schwierigkeit der V-Mann-Problematik hineingeführt, weil man da kein gemeinsames schlüssiges Konzept hatte.

    Klein: Ja gut. Aber wir wissen ja, dass die Tatsache vorm Bundesverfassungsgericht zum Scheitern geführt hat, dass eben V-Leute aktiv waren, das Gericht gesagt hat, wir können nicht auseinanderhalten, was jetzt wirklich aus der Partei kam und was nicht. Welche Konsequenzen müssen denn jetzt konkret gezogen werden, wenn man jetzt ein neues Verbotsverfahren anstrebt?

    Körper: Erstens, glaube ich, ist es wichtig, dass wir einen politischen Konsens finden, nämlich gemeinsam ein solches Verbotsverfahren anzustreben, es auf den Weg zu bringen, denn da müssen ja einige Arbeiten erledigt werden. Da muss im Grunde genommen nachgeschaut werden, muss eine Materialsammlung hergestellt werden, da muss ein Antrag formuliert werden, da müssen Beweise geführt werden und da bedarf es im Grunde genommen aller Beteiligter, und das muss vernünftig zusammengeführt werden. Es geht nicht an, einzelne Mosaiksteine zu haben und die Zusammenführung zum Ganzen zu vernachlässigen, oder nicht dazu in der Lage zu sein. Das, glaube ich, ist ganz wichtig. Wir haben ja damals auch eine Forderung gestellt, die leider dann wieder in der aktuellen Debatte untergegangen ist, nämlich auch über die Struktur der Verfassungsschutzbehörden in Deutschland nachzudenken, denn wir wissen auch beispielsweise, dass gewisse Landesverfassungsschutzämter oder Abteilungen – es kommt immer darauf an, wie sie organisiert sind – im Grunde genommen zu klein sind. Sie sind nicht in der Lage, ihrer Aufgabe nach meinem Dafürhalten gerecht zu werden.

    Klein: Konkret gefragt, Herr Körper: Sind Sie für die Zusammenlegung von Verfassungsschutzämtern?

    Körper: Ich bin ganz konkret für die Zusammenlegung, aber ich bin nicht für die Zusammenlegung in drei oder vier, sondern ich bin für eine Zusammenlegung, dass Verfassungsschutz auf Länderebene mit dem Verfassungsschutz auf Bundesebene zusammengelegt wird, um beispielsweise auch dann ein klares Meldeverfahren zu haben, klare Strukturen zu haben, damit nichts auseinanderläuft, dass nicht zum guten Schluss der Verfassungsschutz X sagt, Y haben wir vergessen zu informieren. Das zeigt sich ja jetzt beispielsweise auch. Es genügt eigentlich nicht nur, den Verfassungsschutz aus Thüringen einzuladen; da müsste man auch den Verfassungsschutz aus Niedersachsen einladen, man müsste den Verfassungsschutz aus Hessen einladen, nur um zwei Beispiele zu sagen, die ja alle in dieses Verfahren, in beispielsweise diese Dinge involviert waren, die wir im Moment diskutieren.

    Klein: Das war Fritz Rudolf Körper, Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag und Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.