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SPD und die Freihandelsabkommen
Böses und gutes Abkommen – was unterscheidet CETA von TTIP?

Auch wenn aus dem linken Parteiflügel erheblicher Widerstand kam, auf dem Parteikonvent wurde ganz im Sinne von Chef Sigmar Gabriel für das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada gestimmt. Einig sind sich beide Seiten in der Ablehnung von TTIP, dem Abkommen zwischen der USA und EU. Aber worin liegen eigentlich die Unterscheide?

Von Gudula Geuther | 19.09.2016
    Aktivisten von Greanpeace bringen ein Banner an der Deutzer Brücke an am 17.09.2016, bei einer Demonstration gegen die Handelsabkommen CETA und TTIP in Köln (Nordrhein-Westfalen).
    Wie hier in Köln sind in Deutschland bereits Zehntausende Menschen gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA demonstriert. (picture alliance / dpa / Wolfram Kastl)
    CETA, das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU, gilt als kleiner Bruder, als Blaupause für das EU-US-Pendant TTIP. Das stimmt nur zum Teil. Am größten formalen Unterschied lässt sich ablesen, wie verschieden die Verhandlungen verlaufen. Denn CETA ist ausverhandelt – auch wenn sich die SPD noch Klarstellungen wünscht. Ob TTIP dagegen jemals dieses Stadium erreicht, ist offen, in vielen Punkten kommen die Unterhändler nicht zusammen.
    Ganz abgesehen von der vielfach beklagten Geheimhaltung – eben weil TTIP noch nicht ausverhandelt ist, kein verbindlicher Text auf dem Tisch liegt, ist der Vergleich schwierig. Aber: Einiges bei CETA ist zumindest anders als, es die bisherigen Verhandlungen mit den USA bei TTIP erwarten lassen.
    Unterscheidungsmerkmal Schiedsgerichte
    Beispiel Streitschlichtung. Statt der umstrittenen privaten Schiedsgerichte sollen für Streitfragen in Zusammenhang mit dem Abkommen mit Kanada ständige, öffentliche Gerichtshöfe eingerichtet werden.
    Auch daran gibt es Kritik. So halten einige die Bezahlung der Richter für falsch – sie gewähre nicht die nötige Unabhängigkeit. Andere kritisieren, dass überhaupt ein eigenes Gremium zuständig sein soll und nicht die staatlichen Gerichte. Trotzdem: Viele Bedenken der Kritiker sind durch diesen Schritt ausgeräumt. Beispiel Vorsorgeprinzip. Auch hier geht es um einen besonders umstrittenen Punkt, einen Kulturunterschied zwischen Europa und Amerika. Das Vorsorgeprinzip, wie es in der EU im Grundsatz gilt, verlangt den Nachweis, dass ein Produkt ungefährlich ist. Und zwar vor der Markteinführung. Das in den USA und in etwas weniger konsequenter Form auch in Kanada übliche Nachsorgeprinzip dagegen setzt auf Abschreckung durch Schadenersatz. Produkte dürfen also erst einmal auf den Markt kommen. Ist dann aber bewiesen, dass sie schädlich sind, haften die Unternehmen mit deutlich höheren Summen als in der EU.
    Entgegenkommen bei der Gentechnik
    Zwar schreibt auch CETA das Vorsorgeprinzip nicht durchgehend fest. Zumindest bei der Lebensmittelsicherheit verweist das Abkommen aber auf die Regeln der Welthandelsorganisation, und die kommen europäischen Vorstellungen nahe. Unterschiede zwischen den Kontinenten gibt es auch beim Umgang mit Gentechnik, hier sind die Kanadier wie die US-Amerikaner offener als die Europäer. Auch hier konnte die EU in den Verhandlungen wenigstens zum Teil punkten. Es bleibt bei den hierzulande gültigen Beschränkungen für genmanipulierte Lebensmittel. Allerdings verweisen Umweltverbände auf Einbruchstellen für Lobbyisten.
    Generell beklagen Kritiker, dass viele Begriffe zu viel Spielraum für Interpretation böten. Das ist – ganz allgemein – einer der Kritikpunkte, die auch die Befürworter in der SPD nennen.