Freitag, 29. März 2024

Archiv

Spionageverdacht
Litauens Regierung warnt vor einer russischen Taxi-App

Die litauischen Behörden haben vor einer populären Taxi-App aus Russland gewarnt, weil sie vermuten, dass die App illegal Daten litauischer Bürger sammelt. Der Mutterkonzern Yandex dementiert die Vorwürfe.

Von Carsten Schmiester | 02.08.2018
    Blick auf das moderne Vilnius mit dem Europa Tower und dem Fluss Neris im Vordergrund.
    Sammelt die App "Yandex" Daten von Nutzern? (imago/Westend61)
    Natürlich sind die Wagen neu und schick, der Service selbst ist ziemlich "hip", gerade in einem Land wie Litauen, eher am Ende als am Rand der EU, dafür aber sehr nah an Russland. Und von dort kommt "Yandex", eigentlich eine in Russland sehr erfolgreiche Suchmaschine, die jetzt aber mit 300 Autos und einer App auf den Taximarkt unter anderem in der Hauptstadt Vilnius drängt und dabei auf eine Menge Skepsis stößt. Der Verdacht: Spionage. Versucht da ein Unternehmen, dem man eine große Nähe zu den Mächtigen in Moskau nachsagt, über die App an Daten litauischer Bürger und vor allem Funktionsträger zu kommen? Jetzt hat sich sogar Regierungschef Sauli Skvernelis eingeschaltet.
    "Ob man da mitfährt, muss jeder für sich entscheiden. Die Bedrohung ist bekannt: Exzessives Sammeln von Daten. Ich empfehle, diese App nichts zu nutzen. "Einrichtungen", die für unsere Cybersicherheit verantwortlich sind, sollten jetzt klar sagen, ob diese App komplett unsicher ist oder zumindest nicht sicher genug. Das wäre dann zumindest für den öffentlichen Dienst bindend."
    Genau das ist inzwischen passiert. Noch laufen nach offiziellen Angaben Tests unter anderem des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit, aber dessen Leiter, Rytis Rainis, ist sich schon jetzt sicher, dass bei "Yandex" größte Vorsicht geboten ist:
    "Noch liegen uns keine Fälle vor, bei denen sicher über die App spioniert worden wäre. Aber wir machen uns schon Sorgen, weil die App auf sehr viele Nutzerdaten zugreifen kann und die dann auf Server in Drittländer spielt. Deshalb empfehlen wir Mitarbeitern unseres öffentlichen Dienstes, aber auch anderen Repräsentanten des Staates und Leuten, die für wichtige Infrastruktur hier in Litauen verantwortlich sind, diese App auf gar keinen Fall zu nutzen."
    Die IT-Leute sitzen in Moskau
    Aram Sargsyan hat sich fürs Interview im litauischen Fernsehen in Szene gesetzt. Genauer: Auf den ledernen Rücksitz eines der luxuriösen "Yandex"-Taxis. Er ist für die Unternehmensstrategie zuständig, also auch für die Expansion ins europäische Ausland. Und er weist alle Verdächtigungen zurück:
    "Wir nehmen die Sicherheit der Daten unserer Nutzer sehr ernst. Daten aus der EU werden in der EU gespeichert, hier in Finnland. Wir teilen sie niemals mit irgendeiner Regierung. Es sei denn, es gibt örtliche Regeln, die dann für Unternehmen aus allen Ländern gelten."
    Tja, aber genau das ist die Frage: Welche Regeln gelten für den Taxidienst von Yandex. Die Zentrale ist in Amsterdam, Daten werden angeblich in Finnland gespeichert, aber die IT-Leute sitzen in Moskau. Das litauische Verteidigungsministerium fürchtet deshalb, dass über diesen Weg Nutzerdaten an russische Behörden, Gerichte oder nicht an näher bezeichnete "Dritte" weitergeleitet werden könnten. Was Skeptiker wie den Bürgermeister von Vilnius, Remigijus Simasius, in ihrer Überzeugung bestätigt: Verhindern können wir den Dienst wohl nicht, aber wir müssen ihn ja nicht nutzen.
    "Auch wenn Vilnius und ganz Litauen offen ist für alle Unternehmen, wir können unsere Freiheit und Sicherheit nicht aufs Spiel setzen."