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Spione spionieren nun mal

Die Affäre um Internetspähprogramme der britischen und US-Geheimdienste schlägt in Deutschland hohe Wellen. Die Briten hingegen nehmen das Thema gelassen, fast schon desinteressiert auf: Keine der sonst so kritischen Medien greift das Thema auf und so mancher Abgeordnete reagiert nur lakonisch auf den Fall.

Von Jochen Spengler | 25.06.2013
    Das Erstaunlichste am gigantischen britischen Spähprogramm Tempora ist vielleicht, dass es in Großbritannien selbst überhaupt kein Thema ist. Zwar hat erst der britische "Guardian" die Informationen des Ex-CIA-Mannes Edward Snowden öffentlich gemacht, doch er steht allein auf weiter Flur. Ob BBC oder Sky, ob Zeitungen wie "Times" oder "Telegraph" – keines der sonst so kritischen Medien greift den Skandal um den Geheimdienst GCHQ auf. Vielleicht, weil das Verteidigungsministerium alle Redaktionen gewarnt hat, dass die Veröffentlichung des geheimen Materials, die öffentliche Sicherheit gefährden könne.

    Über Snowdens Flucht wird ausführlich berichtet, nicht aber über die Empörung in Europa; dass die Bundesregierung gestern von Großbritannien Auskunft über die Ausspähung der Telefon- und Internetverbindungen verlangt hat, ist den Zeitungen keine Nachricht wert.

    Informationen der "Süddeutschen Zeitung" zufolge soll der britische Geheimdienst GCHQ systematisch Internet- und Telefondaten aus Deutschland sammeln. Technisch geschieht dies offenbar dadurch, dass er das 15.000 Kilometer lange Glasfaserkabel TAT-14 anzapft, das auf dem Atlantikboden verlegt wurde und über das ein Großteil des Datenverkehrs mit den USA läuft. Dieses Kabel führt von Ostfriedland durch die Nordsee nach Holland, Frankreich und Nord-Cornwall. Dort greifen die britischen Spione zu - anscheinend mit der Hilfe von Telefonunternehmen, die gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet sind. All dies gehe aus Snowdens Unterlagen hervor.

    Der hatte berichtet, Tempora sei noch schlimmer als das Prism-Programm der amerikanischen NSA. Die Briten hätten sich heimlich Zugang zu 200 Glasfaserkabeln verschafft und planten das Anzapfen von insgesamt 1.500 um den weltweiten Telekommunikationsstrom auszuwerten.

    Die britische Politik reagiert gar nicht – bis gelangweilt. Alles sei gesetzlich legitimiert, heißt es. Tatsächlich wollen sich hier die regierenden Konservativen wie die oppositionellen Sozialdemokraten auf keinen Fall Nachlässigkeit beim Kampf gegen den Terror nachsagen lassen und haben den Geheimdiensten offenkundig Blankoschecks ausgestellt. Spione spionieren nun mal, sagte ein Tory lakonisch. So what?