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Spitzenpolitiker und Sport
Joggen mit Maas

"So wie einer Fußball spielt, so ist er auch in der Politik", sagt CDU-Politiker Markus Weinberg, Kapitän des FC Bundestag. Gibt es sie also, die Parallelen zwischen Politik und Sport? Unser Autor hat sich umgehört - und herausgefunden, wo Heiko Maas joggen geht und was Hannelore Kraft vom Handball gelernt hat.

Von Frank Capellan | 29.04.2017
    Unser Reporter Frank Capellan mit Bundesjustizminister Heiko Maas beim Joggen.
    Unser Reporter Frank Capellan mit Bundesjustizminister Heiko Maas beim Joggen. (Deutschlandradio)
    "Heiko Maas – Guten Morgen! Schön, dass wir uns um acht Uhr im Tiergarten treffen können. Wir gehen jetzt auf die Strecke. Sie waren, vermute ich, relativ schnell jetzt hier, machen Sie das öfter?
    Maas: "Ja, also der Tiergarten ist nicht so ganz optimal, weil man zwischendurch auch immer mal über eine Straße laufen muss, aber er ist von da, wo ich wohne, der nächstgrößere Park, wo man ein paar Runden laufen kann. Aber geht schon!"
    Es ist noch sehr frisch an diesem Morgen, als ich mit dem Justizminister zum Joggen aufbreche. Aus der dunklen Dienstlimousine ist ein drahtiger 50-Jähriger gestiegen, den man kaum als einen unserer Spitzenpolitiker erkennt. Heiko Maas trägt neonfarbene Laufschuhe und eine schwarze Trainingshose. Er hat sich einen schwarzen Schal um den Hals gewickelt – und eine rote Wollmütze mit dem "New York City"-Schriftzug auf den Kopf gesetzt.
    - "Sie haben jetzt heute mal die Mütze aufgesetzt, damit man Sie nicht so schnell erkennt?"
    Maas: "Nein, ich habe einfach kalte Ohren gehabt."
    CDU-Abgeordneter mit Turner-Vergangenheit
    Eigentlich wollte er Radprofi werden, stattdessen wurde Heiko Maas nach dem Jurastudium Berufspolitiker, Triathlon ist seine Leidenschaft, doch viel Zeit bleibt einem Minister nicht, Leistungssport und Spitzenpolitik lässt sich schwer vereinbaren. Allerdings: Einige Abgeordnete des Bundestages blicken auf eine durchaus bewegte Sportlerkarriere zurück.
    "Eberhard Gienger ist am Reck. Das ist jetzt sein Augenblick, denn hier hat er die Möglichkeit eine Medaille zu gewinnen, bisher elegant seine Übung, sehr schwungvoll geturnt, die Riesenfelgen, dann die ganze Drehung, ein wenig schräg abgekommen, aber er hat sich wunderbar wieder gefangen, und man hält noch einmal den Atem an, man erinnert sich an Varna, als er Weltmeister wurde, aber ob es heute klappen wird, das ist natürlich die ganz große Frage. Sein Abgang! Und er steht! Sehr gut geturnt, und er erhält viel, viel Beifall, der Weltmeister von 1974 am Reck und er ist sehr glücklich heute."
    Mit 25 erkämpft Eberhard Giegner 1976 bei den Olympischen Spielen in Montreal Bronze, heute turnt er im Auftrag der Christdemokraten durch die Hauptstadt. Der CDU-Abgeordnete ist Vorturner, Chef der Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag, er will den Kollegen Beine machen und selbst sportliches Vorbild sein:
    "Deswegen gehe ich gerne in den Wald zum Laufen oder setze mich aufs Fahrrad und mache mich auf diese Art und Weise warm und geschmeidig. Danach gehe ich ans Gerät, am Reck versuche ich mich noch immer und bekomme auch heute noch einen Doppel-Salto oder einen Schraubensalto hin."
    Wenn "Kampfkandidatur" eine andere Bedeutung hat
    SPD-Kollegin Michaela Engelmeier ist auch eine, die vom Sport nicht lassen kann. Lange hat die 56-Jährige in der Judo-Nationalmannschaft gekämpft, ist Vize-Präsidentin des Judo-Bundes, 20 Marathons gelaufen. "Ja", sagt sie halb im Scherz, halb im Ernst, "vom Sport kann man einiges für die Politik lernen!"
    "Also das Durchsetzungsvermögen ist schon mal nicht schlecht. Als ehemalige Kampfsportlerin finde ich immer, dass der Begriff Kampfkandidatur eine andere Bedeutung hat für mich." (lacht)
    NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft steht da gerade sozusagen mitten im Ring – im Wahlkampf. Am liebsten ist sie aber in der Halle, Handball ist ihre Leidenschaft:
    "Nach meiner Wahrnehmung sind viele Politiker Mannschaftssportler gewesen. Ich glaube, dass das auch was zu bedeuten hat, dass man im Team gut vorankommt, dass man sich absprechen muss, das kann man in der Politik gut gebrauchen. Aber im Handball lernt man natürlich auch, die Ellbogen einzusetzen, auch das gehört mal dazu."
    Gekämpft wird natürlich auch auf dem Rasen. Seit 50 Jahren gibt es die Kicker vom FC Bundestag, Norbert Lammert, Thomas Oppermann, sind heute die Prominentesten, früher liefen Franz Josef Strauß, Helmut Kohl oder Joschka Fischer für die Parlamentarier auf.
    "So wie der eine Kollege beim Fußball ist, so ist er auch in der Politik," meint der CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Weinberg, Kapitän des FC Bundestag.
    "Es gibt den klugen, ruhigen Denker, der versucht, das Spiel zu lenken, der in der Politik auch versucht, einen Ausgleich zu schaffen, es gibt den Verteidiger, der knallhart reingrätscht, auch in der Politik dann ordentlich draufhaut. Also Politik und Sport, das gibt es durchaus."
    Maas fühlt sich unterfordert
    Thomas Oppermann übt sich aber auch im Gebirge. Wandern ist seine Leidenschaft, beim Rauflaufen erzählt er von seiner letzten Tour im bayerischen Wald.
    "Da haben wir so 25 bis 30 Streckenkilometer pro Tag gemacht und etwa 800 bis 900 Höhenmeter. Ich finde, dann weiß man auch, was man getan hat."
    Heiko Maas allerdings fühlt sich ein wenig unterfordert, als wir unsere Runde durch den Tiergarten beenden. Zuviel gequatscht, meint der Minister und schaut stutzend auf seine Sportler-Uhr:
    "Wir haben jetzt… ähh… wir haben … wir haben jetzt eine Erholungszeit von drei Tagen… (lacht), steht hier… also wir sind 7,25 Kilometer gelaufen mit einem Schnitt von 6:34… also, ist schon okay. War schon Laufen!"
    Hören Sie morgen Abend die ausführliche Reportage "Fit für's Volk - So sportlich sind unsere Spitzenpolitiker" von Frank Capellan. Ab 18.05 Uhr in der Sendung "Nachspiel" bei Deutschlandfunk Kultur.