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Sportartikel
Adidas und Puma fürchten den Handelsstreit

US-Strafzölle auf Aluminium und Stahl, EU-Gegenzölle auf Motorräder und andere US-Waren: es ist ein weltweiter Handelskonflikt. Sportartikelhersteller wie Adidas und Puma machen sich deswegen Sorgen. Denn sie stehen zwischen China und den USA quasi zwischen den Fronten.

Von Mischa Erhardt | 03.06.2018
    Der Vorstandsvorsitzende des Sportartikelherstellers Adidas, Kasper Rorsted, aufgenommen neben einem Firmenlogo vor der Bilanz-Pressekonferenz des Unternehmens im März 2017.
    Der Adidas-Vorstandsvorsitzende, Kasper Rorsted. (picture alliance / dpa/ Daniel Karmann)
    Sportartikelhersteller in Europa bräuchten derzeit einen Januskopf – also einen Kopf mit zwei Gesichtern in entgegengesetzte Richtungen. In der einen Richtung baut Amerika Zollschranken auf. Dieses Geschehen jenseits des Atlantiks und der Blick dorthin ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil Süd- und Nordamerika der mit Abstand größte Absatzmarkt für Sportartikel außerhalb Europas sind.
    Bei Puma waren es im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel des gesamten Umsatzes, den der Konzern dort eingefahren hat – und den Löwenanteil natürlich in den USA. Bei Adidas sieht die Sache nicht anders aus. Das unterstrich Adidas-Chef Kasper Rorsted auf der diesjährigen Aktionärsversammlung vor gut drei Wochen:
    "Nordamerika ist der größte Markt innerhalb der Sportartikelbranche. Fast 40 Prozent der Umsätze in unserer Industrie werden in Amerika getätigt. Nordamerika bietet also große Wachstumschancen für uns."
    "Große Wachstumschancen"
    Allerdings muss man dabei etwas relativieren: Zwar werden 40 Prozent der Umsätze der globalen Sportartikelbranche in den USA gemacht; allerdings sind amerikanische Firmen wie Nike dort unbestrittene Marktführer. Was – nebenbei – eine Herausforderung für Adidas & Co. bedeutet. Rorstedt sagt:
    "Gleichzeitig ist Nordamerika der Markt, in dem Adidas im Vergleich zu anderen wichtigen Regionen in der Welt einen relativ niedrigen Marktanteil hat. Nordamerika bietet also große Wachstumschancen für uns. Gerade deswegen haben wir Nordamerika im vergangenen Jahr zu einer strategischen Priorität erklärt und unsere Investitionen in der Region deutlich erhöht."
    Wer in den USA produziert und investiert, der muss erst einmal nicht befürchten, den Zorn des US-Präsidenten auf sich zu ziehen. Trump wird aber den Sportartikelbereich aus einem weiteren Grund kaum mit direkten Zöllen belegen. Denn wie fast alle Sportfirmen der Welt, so lassen auch die amerikanischen Unternehmen ihre Produkte in Asien fertigen.
    Auch US-Firmen lassen in China fertigen
    "Es gibt keine heimische Produktionsalternative, das heißt man würde US-Konsumenten schädigen, man würde Markenartikler schädigen. Und damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sportartikel eine besonders prominente Rolle in einem Handelskrieg spielen doch recht gering," sagt der Branchenexperte aus dem Analystenhaus Warburg Research, Jörg Frey.
    Und genau das ist die andere Richtung, in die die Sportartikelhersteller schauen – nach Asien, dort insbesondere nach China. Denn falls sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China zuspitzen sollte, wäre eines ihrer zentralen Produktionsländer für Sportschuhe, T-Shirts und Jogginganzüge betroffen. So sagte Puma-Chef Björn Gulden unlängst, dass die Unsicherheit auf Grund des Zwistes zwischen diesen beiden großen Märkten keine gute Sache sei.
    "Gesamtwirtschaftliche Abschwächung"
    Wie recht er damit hat, zeigt eine Zahl: Puma hat rund ein Viertel seiner Produkte im vergangenen Jahr in China herstellen lassen. Adidas dagegen hat bereits in den vergangenen Jahren seine Produktionsstandorte teilweise von China in andere Länder Asiens verlagert, beispielsweise nach Vietnam.
    Ausschlaggebend hierfür war aber vor allem, dass die Lohnkosten in Vietnam im Vergleich zu bestimmten Regionen in China niedriger sind. Die Verlagerung allerdings käme Adidas nun zusätzlich zu Gute, sollte der Handelskonflikt speziell zwischen den USA und China eskalieren. Das Hauptproblem sieht Sportbranchenanalyst Jörg Frey, wenn sich der Zollstreit in Richtung eines Handelskrieges entwickeln würde. Frey sagt:
    "Der Haupteinfluss auf Sportartikel, den sehe ich vor allem aus einer gesamtwirtschaftlichen Abschwächung, die ein Handelskrieg auslösen würde und damit eine entsprechende Nachfrage Verschlechterung und weniger daraus, dass wir eine tatsächliche Unterbrechung der Supply Chain für den Sportartikel Bereich sehen."
    "Alle Unternehmen brauchen einen Notfallplan"
    Das allerdings würde auch viele andere Unternehmen treffen. So befürchten Ökonomen angesichts des Zollstreites zwischen den USA und dem Rest der Welt, dass sich daraus ein veritabler Handelskrieg entspinnen könnte. Unter dem würden dann alle mehr oder minder gleich leiden, weil Welthandel und globale Konjunktur ins Stocken geraten könnten.
    In jedem Fall aber sind die Sportartikelhersteller in ihrer Stellung zwischen ihren beiden wichtigsten Märkten – den USA und China – gut beraten, wachsam zu sein. Das jedenfalls meint der Außenhandelsexperte des Ifo-Institutes, Gabriel Felbermayr:
    "Ich glaube, dass alle Unternehmen, die international im Handel tätig sind, eine Art Notfallplan brauchen für den Fall, dass wirklich Dinge eskalieren sollten. Und da ist zunächst einmal die China-US-Schiene die relevante, aber auch Exporteure, die aus Europa heraus in die USA liefern.
    Man muss sich Gedanken machen, wenn hier plötzlich 25% Zölle im Raum stehen. Das sind Zahlen in einer Größenordnung, die wirklich bisherige Geschäftsmodelle in Frage stellen. Und einen "Plan B" zu haben, hat noch keinem Unternehmen geschadet."
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