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Sportlerproteste gegen Polizeigewalt
"Gesunder Menschenverstand" statt Strafen

Die Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus nach dem gewaltsamen Tod eines US-Bürgers in Minneapolis dehnen sich auch auf den Sport aus. Dabei sind politische Botschaften zum Beispiel in der Fußball-Bundesliga eigentlich verboten. Doch Konsequenzen dürfte es nicht geben.

Von Tobias Oelmaier | 02.06.2020
    Eine Collage der Aktionen gegen Rassismus der Bundesliga-Spieler Jadon Sancho (Borussia Dortmund), Weston McKennie (Schalke) und Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach).
    In der Bundesliga protestierten Jadon Sancho (re.), Weston McKennie (oben) und Marcus Thuram - Konsequenzen dürfte es nicht geben. (imago images / Poolfoto)
    Am Wochenende hatten die Bundesliga-Profis Jadon Sancho und Achraf Hakimi von Borussia Dortmund sowie Weston McKennie vom FC Schalke 04 und Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach auf dem Rasen gegen den gewaltsamen Tod von George Floyd protestiert – mit Aufschriften auf dem Arm oder Unterhemd. Am Montag nun hat auch der Kölner Anthony Modeste nachgelegt. Er zeigte nach seinem Tor gegen Leipzig demonstrativ seine helle Innenseite der rechten Hand und die dunkle Außenseite der linken Hand nebeneinander.
    Dabei sind eigentlich politische Äußerungen oder Botschaften auf dem Spielfeld verboten. In den DFB-Regeln heißt es unter anderem, dass die Spieler keine Unterwäsche mit "politischen, religiösen oder persönlichen Slogans" zeigen dürfen. Und routinemäßig will der DFB-Kontrollausschuss auch prüfen, aber dabei ist er in einem Dilemma. Denn am Montag hat sich DFB-Präsident Fritz Keller geäußert: Er habe Verständnis und "großen Respekt" für solche Aktionen. "Ob und welche Sanktionen die Solidaritätsbekundungen der Spieler nach sich ziehen werden, muss der DFB-Kontrollausschuss klären", hieß es vom Deutschen Fußball-Bund. Es solle festgestellt werden, "ob das Spiel und das Spielfeld der richtige Ort für diese Handlungen sind", sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch.
    Der Ausgang dieser Überprüfungen ist aber schon ziemlich klar: Denn der Fußball-Weltverband hat sich in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, dass in diesem Zusammenhang "gesunder Menschenverstand" genutzt werde und die Umstände berücksichtigt werden, berichtete die US-Nachrichtenagentur AP. Die FIFA schrieb demnach auch, dass sie "die Tiefe der Gefühle und Bedenken, die viele Fußballer angesichts der tragischen Umstände des Falles George Floyd zum Ausdruck bringen", verstehe. Und sie hat einen Tweet von Bundesligaspieler McKennie retweeted, also geteilt, in dem der seinen Protest aus der Bundesliga-Partie am Wochenende bei Twitter nochmal wiederholt.
    Woods für friedlichen Protest, Hamilton kritisiert Formel 1
    Auch international haben Topsportler reagiert. Golfstar Tiger Woods schrieb auf Twitter, er sei entsetzt, sein Herz sei bei George Floyd, seinen Lieben und uns allen, die wir im Moment leiden. Aber er fordert auch friedliche Proteste. Zitat: "Wir können unsere Argumente vorbringen, ohne die Stadtviertel, in denen wir leben, zu verbrennen".
    Tennis-Jungstar Cori Gauff aus den USA fragt in einem Video auf der Plattform TikTok per Texteinblendung während sie ihre Hände erhebt: "Bin ich die Nächste?". Basketballer LeBron James oder Footballer Colin Kaepernick haben auch schon ihre Kritik geäußert.
    Formel 1-Weltmeister Lewis Hamilton übte Kritik an seinen Kollegen. Es gebe keine Reaktion in seinem Sport, der von Weißen dominiert sei. Später äußerten sich dann aber doch Formel-1-Kollegen wie Charles Leclerc, Lando Norris und Daniel Ricciardo gegen Rassismus.
    Und es gibt nicht nur Worte, sondern auch finanzielle Unterstützung: Der ehemalige Boxweltmeister Floyd Mayweather will die Bestattungskosten für George Floyd tragen. Das erklärte sein Chef-Promoter. Die Familie Floyd habe das Angebot angenommen. Mayweather selbst wolle sich zu seiner Geste nicht äußern.
    Sportler und Polizeigewalt in den USA - “Wir sind besser als das”
    Die Proteste von Sportlern in und außerhalb der USA gegen die Polizeibrutalität gegenüber Afroamerikanern haben die Züge einer Bewegung – auch mit einer Solidarität zwischen den Ausrüsterfirmen Nike und Adidas.