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Sprachschulen im Test häufig Mittelmaß

36 Warentester haben Englischkurse für Fortgeschrittene besucht. Das Ergebnis: Sehr gut ist keine, aber die günstigen Volkshochschulen bieten im Vergleich zu teuren Privatinstituten den besseren Unterricht.

Gabriele Gollnick im Gespräch mit Sandra Pfister | 26.09.2013
    Sandra Pfister: Zwei Drittel aller Erwachsenen in der EU – die Meldung kam heute – beherrschen mindestens eine Fremdsprache. Für alle anderen könnte das neue Heft der "Stiftung Warentest" relevant sein: Die "Stiftung Warentest" hat 36 Tester verdeckt in 12 Sprachschulen geschickt, ein Drittel davon waren private Anbieter. Was dabei herausgekommen ist, können Sie ab morgen lesen, Sie können es aber auch hier schon mal hören, denn Gabriele Gollnick von den Warentestern ist uns aus Berlin zugeschaltet. Frau Gollnick, bei "Berlitz" oder "Inlingua" oder bei "Wallstreet English", die drei haben Sie unter anderem getestet, da kostet "Englisch für Fortgeschrittene" mal locker vier bis zehn Mal so viel wie bei der teuersten Volkshochschule. Zahlt sich das aus?

    Gabriele Gollnick: In unserem Test haben wir herausgefunden, dass sich die Mehrinvestition leider nicht auszahlt. Die Volkshochschulen haben besser abgeschnitten als die kommerziellen Anbieter. Wir haben auch in dem wichtigsten Prüfpunkt Großdurchführung nur ein einziges Mal ein "Gut" erzielt, und das bei der Volkshochschule Dresden. Bei den kommerziellen Anbietern haben wir sogar zwei Mal nur eine ausreichende Großdurchführung, nämlich bei "Inlingua" und bei dem "Wallstreet English".

    Pfister: Und woran lag das, dass die so schlecht abgeschnitten haben?

    Gollnick: Bei vielen Sprachkursen wird sehr, sehr stark auf das Sprechen gesetzt. Das ist tendenziell auch nicht schlecht, denn natürlich probt sich das Sprechen mit anderen und mit dem Lehrer am besten. Allerdings: Um eine Sprache gut zu lernen, muss man auch die Grammatik können, man muss auch das Wortschatztraining systematisch und professionell betreiben, und es gehört auch Hörverstehen, Lesen und Schreiben, dazu. Das kam in den meisten Kursen viel zu knapp.

    Pfister: Also wir halten fest: Die Volkshochschulen sind besser als ihr Ruf, aber man muss auch sagen, so toll, so überragend sind die Volkshochschulen wiederum auch nicht, denn auch die haben maximal ein "Befriedigend" bekommen, wie überhaupt alle Anbieter nicht besser waren als befriedigend. Nur der teuerste, ein privater, das haben Sie gerade gesagt, der ging sogar mit "ausreichend" aus dem Rennen. Was war denn insgesamt am Unterricht so mittelmäßig?

    Gollnick: Viele Sprachschulen setzten sehr stark auf ein Lehrbuch, das heißt, dann geht man in einen Kurs und arbeitet das Buch von A bis Z durch. Das ist natürlich nicht das, was wir als abwechslungsreichen Unterricht verstehen. Hier sollte viel mehr stattfinden, nämlich neben umfangreichen Übungen mal in der Kleingruppe, mal in einer großen Gruppe, sollten auch Hörübungen stattfinden, aber auch zum Beispiel mit authentischem Material, also dass man sich mal einen BBC-Podcast anhört oder einen Ausschnitt aus einem Film schaut. Sehr gute Kurse haben zum Beispiel auch einen Theaterbesuch in englischer Sprache angeboten. Das war aber wirklich die Ausnahme. Ein weiterer Punkt, der leider nur zu einem "Befriedigend" geführt hat, ist eben, dass man sehr stark nur auf die Sprachkompetenz, Sprechen gesetzt hat, nur sprechen allein kann man aber eben nicht, wenn man keine Grammatik gelernt hat und keine neuen Wörter erlernt hat. Hier muss ein viel ausgewogeneres Sprachtraining stattfinden.

    Pfister: Wenn Sie das jetzt alles noch mal zusammenfassen: Wenn jemand einen Sprachkurs machen will an einer Sprachschule, was raten Sie ihm? Worauf soll er gucken?

    Gollnick: Als Allererstes sollte man eine Beratung der Sprachschule in Anspruch nehmen. Das kann man bei den privaten als auch bei den Volkshochschulen sehr gut machen. In der Beratung sollten Sie dann auch selber Ihre Lernbedürfnisse artikulieren und sagen, warum Sie Englisch lernen wollen und in welchem Tempo Sie auch Ihr Ziel erreichen möchten. Eine gute Beratung bietet auch eine Einstufung, das heißt, hier findet ein schriftlicher oder auch ein mündlicher Test statt, in dem geschaut wird, welches Sprachniveau man dann eigentlich schon hat. Im idealen Fall findet man dann, anschließend an diese Einstufung, auch eine Kurszuteilung, die genau zum eigenen Niveau passt. Im Sprachkurs selber achten sehr viele Lerner immer darauf, bei einem Muttersprachler zu lernen. Wir haben herausgefunden, dass das allein noch lange nicht genügt. Man kann sich vorstellen, dass wir als deutsche Muttersprachler in der Regel auch nicht unbedingt in der Lage sind, einem anderen Menschen Deutsch beizubringen. Das heißt, nicht nur die englische Sprache muss der Lehrer beherrschen, er muss auch wissen, wie er sie unterrichtet. Das kann man auch schon im Vorfeld in der Beratung erfragen. Und wenn man das Gefühl hat, nicht in dem richtigen Kurs zu sitzen, weil der Lehrer einem nicht gut genug die Sachen erklären kann oder auch, weil die Mitschüler nicht im gleichen Sprachniveau sind, lohnt es sich auch immer noch mal, den Kurs zu wechseln und nicht bis zum Ende auszusitzen.

    Pfister: Das waren Tipps von Gabriele Gollnick von der "Stiftung Warentest". Die "Stiftung Warentest" hat nämlich undercover Sprachschulen getestet und dabei kam heraus, dass alle getesteten Sprachschulen bei "Englisch für Fortgeschrittene" nur mittelmäßig sind, aber die günstigen Volkshochschulen, die haben alle privaten Anbieter geschlagen. Danke Ihnen!

    Gollnick: Vielen Dank!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.