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Spülmaschine als Wegbereiter der Kochfreude

Der leidige Abwasch des Geschirrs: Das Problem hat als erste die Amerikanerin Josephine Cochrane gelöst. Am 28. Dezember 1886 meldete sie das Patent auf die Spülmaschine an.

Von Beatrix Novy | 28.12.2011
    In jedem Haushalt gibt es eine Person, die für sich die Deutungshoheit über die Spülmaschine beansprucht. Waschmaschine, Mixer, Staubsauger – das kann doch jeder. Das Befüllen der Spülmaschine hingegen ist eine logistische Herausforderung.

    "Besteck sortiert oder im Mikado-Stil? Gabeln und Messer mit dem Kopf nach oben? Oder doch nach unten?"

    Sollte es heute Abend in der Familie wieder einmal zu Auseinandersetzungen über die perfekte Auslastung des Geräts kommen, dann bitte einen Moment innehalten und an die Frau denken, der wir das alles zu verdanken haben: Am 28. Dezember 1886 meldete Josephine Cochrane aus Shelbyville, Illinois, die erste Spülmaschine zum Patent an.

    Sie war eine Dame der Gesellschaft, die viele Parties gab; zum Abspülen hatte sie selbstverständlich Personal, also keinen Grund, eine Maschine dafür zu erfinden. Überliefert ist, dass Josephine Cochrane auf die Idee kam, weil ihre Dienstboten zuviel kostbares China zerdepperten. Es wird auch geholfen haben, dass ihr Vater und ihr Urgroßvater Ingenieure und Erfinder waren.

    "Um ihre Maschine zu benutzen, legte man das Geschirr in Drahtkörbe, die wiederum in einem Käfig saßen; den versenkte man in einen Kupferbottich. Mittels einer Handpumpe wurde heißes Seifenwasser auf das Geschirr gespritzt."

    Josephine Cochrane entwickelte das Modell schrittweise weiter bis zu ihrem Tod im Jahr 1913. Sie starb als eine der vielen weitgehend ungenannten Frauen, die wichtige Erfindungen gemacht haben. Den Durchbruch der Spülmaschine in die privaten Haushalte konnte sie nicht erleben.

    "Sie ist von den Großgeräten mit einem deutlichen Rationalisierungseffekt spät in die Haushalte eingedrungen. Viel weiter waren natürlich schon Waschmaschinen und die Staubsauger."

    sagt Lothar Schneider, Professor für Haushaltswissenschaft:

    "Ihre Anschaffung ist relativ teuer. Und natürlich auch der Unterhalt an Strom und Wasser, obwohl das gleichzieht mit dem Spülen von Hand."
    Aber zunächst musste der Strom erst einmal da sein. Die Rationalisierung und Technisierung des Haushalts, die in den 20er-Jahren zu einem Anliegen von Reformern und Frauenrechtlerinnen wurde, war ja ohne Elektrifizierung nicht zu denken.

    "1927 waren selbst in der Reichshauptstadt Berlin erst 50 Prozent der Haushalte mit Strom versorgt."

    Zu dieser Zeit galt die Küche bereits als Werkstatt der Hausfrau; wie in Henry Fords Autofabriken wurden Arbeitsabläufe, Ganglinien und Ergonomie penibel ermittelt und in Architektur umgesetzt. Die Wohnküche galt jetzt als unpraktisch und unhygienisch.

    Mit der Neubestimmung der Küche als Relaisstation des Haushalts ging also ein Verlust einher: Gemeinsamkeit. Das sorgte nicht nur für Diskussionen im fortschrittlichen Lager. Es heißt, der Plausch beim Abwasch, auf den die Frauen nicht verzichten wollten, habe sogar den Siegeszug der Spülmaschine verzögert. Der aber war unaufhaltsam, als in den 50er-Jahren die Entwicklung von Technik, Stromversorgung und Reiniger das zuließen. Damit konnte auch die Geselligkeit andere, großzügigere Formen annehmen. Lothar Schneider:
    "Bei den gestiegenen Ansprüchen, die wir so im Zeitablauf ja in den Haushalten feststellen - dazu gehörte natürlich auch ein größerer Aufwand, bezogen auf Nahrungszubereitung und Tischkultur und auch Gastlichkeit, - und da war die Geschirrspülmaschine natürlich eine Riesenhilfe, diese Dinge auch zu bewältigen."

    So wie die Waschmaschine zu einer liberaleren Erziehung beitrug, weil sie die Knochenarbeit eines Waschtags ersparte, so ermöglichte die Spülmaschine Gastlichkeit und Kochfreude in einem Ausmaß, das früher nur mit Dienstmädchen denkbar war. Und noch etwas:

    "Das wissen wir aus langen psychologischen Untersuchungen auch, dass Männer im Haushalt – das ist beinahe klassisch – alles fürchten von der Hausarbeit, was Feuchtigkeit hat. Also Wäsche waschen, oder auch Putzen mit Wasser und Eimer ist für Männer ganz "ferner liefen"!""

    So brachte die Spülmaschine die Männer in die Küche. Insgesamt hat die Technisierung des Haushalts die Ansprüche an Perfektion, Platz und Hygiene so gesteigert, dass viel gesparte Zeit wieder aufgefressen wurde. Das war es, was Betty Friedan 1963 in ihrem Buch "Der Weiblichkeitswahn" meinte, wenn sie schrieb:

    "Hausarbeit lässt sich wie Gummi dehnen."