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Staatsoperette Dresden
Offenbachs 'Banditen' als Kopulations-Komödie

Im letzten Jahr wurde an vielen Theatern Jacques Offenbachs 200. Geburtstag gefeiert und die Welle an Neuproduktionen schwappt noch nach. Der junge Österreicher Valentin Schwarz will im Sommer den Ring des Nibelungen in Bayreuth neu inszenieren. Vorher versucht er sich in einer vollkommen anderen musikalischen Welt.

Von Franziska Stürz | 29.02.2020
Eine Szene aus "Die Banditen" an der Staatsoperette Dresden.
Eine Szene aus "Die Banditen": Tom Pauls (Antonio Rüdiger) und Ensemble (Pawel Sosnowski, Staatsoperette Dresden)
Theater auf dem Theater ist beliebt bei Regisseuren, denn so kann eine gewisse Distanz zum Stoff beibehalten werden. Und Bühnenvolk eignet sich immer gut als Karikatur oder für überdrehte Komödie. Auch Valentin Schwarz zeigt Offenbachs italienische Räuberbande als Theatertruppe, die das Stück "Die Banditen" auf den Brettern, die die Welt bedeuten, als "Falsacappa's geile Banditenshow" zu spielen hat.
Wir sind in einem Setting wie bei "Western von Gestern": Ein Palisadenzaun dreht sich auf der Dresdener Staatsoperettenbühne, die von Cowboys und Wildwest-Figuren bevölkert wird. Der wunderbar singende Hauke Möller als Räuberhauptmann Falsacappa verliert als Regiegag seine Stimme im Dialog und muss vom Kassettentonband eingespielt werden.
Seinen Vertrauten Pietro gibt Andreas Sauerzapf als wienernde Version von Trapper Fuzzy. Da rauchen die Colts, quietschen skalpierte Ladies, und hauptsächlich geht es Männlein wie Weiblein ums Kopulieren auf höchst ambitioniertem Blödel-Niveau. Die verliebte Fiorella nicht ausgenommen, für deren erste Arie Annika Gerhards in einem Kostüm steckt, das aussieht, wie ein Tumbleweed-Büschel.
Die Textfassung von Valentin Schwarz strotzt vor platten Witzen, sowie pseudointellektuellen Zitaten aus der Theaterliteratur und hat ungefähr so viel französischen Charme wie ein Germknödel. Auch die szenische Umsetzung ist schwer verdaulich: Zu viel wiederholte witzlose Späße, zu viel Gerammel, Geschwafel und keinerlei erkennbares erzählerisches Konzept.
Zuviel Quatsch und Tratsch
Noch vor der Pause kommt das Ballett als Polizei in ihren dicken Botten, was Offenbach herrlich auskomponiert hat, und verlegt aufgrund von Sicherheitsmängeln das szenische Geschehen auf die Vorderbühne. Das Orchester der Staatsoperette samt Dirigent Andreas Schüller wird dazu nach oben gefahren und sitzt nun auf dem Präsentierteller. Ein netter Einfall, nur entwickelt die Regie nichts daraus. Nun kriecht lähmende Peinlichkeit ins Parkett.
Die Solisten, Tänzer und Musiker der Dresdener Staatsoperette, allen voran Laila Salome Fischer als Fragoletto, verausgaben sich in sinnlos überdrehten Nummern auf der schmalen Rampe zu Offenbachs orgiastischer Musik. Da sind virtuose und stimmige musikalische Momente dabei, doch leider ohne Wirkung. Die freche Geschichte der Banditen, die dem korrupten Finanzminister auf den Leim gehen, verpufft trotz ihres zeitlos aktuellen Potenzials in der Selbstbeschau des jungen Regisseurs, der seine eigenen Schwierigkeiten mit dem Genre und konservativem Operettenpublikum auf der Bühne thematisiert.
Am Schluss zitiert Schwarz sogar die sieben letzten Worte von Christus am Kreuz neben Bachs "Ich steh' an deiner Krippen hier", um für das Geschwurbel, das er angerichtet hat, kokettierend um Vergebung zu bitten. Ein Hoffnungsschimmer für die Wagnerianer: Nach dieser Dresdener Vollpleite mit Offenbach, hat der Ring des großen Rivalen womöglich gute Chancen, denn der funktioniert auch ohne Witz.