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Staatsziel Leistungssport?

Die Bundesrepublik Deutschland finanziert den Spitzensport jedes Jahr mit vielen Millionen Euro aus Steuergeldern. Doch warum eigentlich? Ist es Aufgabe des Staates, für Medaillen zu sorgen?

Von Hendrik Maaßen | 14.07.2013
    "Dabei sein" ist schon lange nicht mehr alles im deutsche Sport. Das meint zumindest der Sport-Philosoph Gunter Gebauer:

    "Ich glaube, die deutsche Öffentlichkeit erwartet von den deutschen Sportlern, dass sie eine entsprechende Medaillenausbeute mit nach Hause bringt. Und sie ist enttäuscht, wenn die Medaillen sehr rar sind und nur wenige gewonnen werden. Das merkt man an der Pressereaktion, auch an der allgemeinen Enttäuschung der Leute, wenn man mit ihnen spricht, schlägt einem das eigentlich immer wieder entgegen."

    Die 33 Olympischen Verbände werden jährlich mit knapp 132 Millionen Euro allein vom Bundesinnenministerium unterstützt. Der DOSB verteilt das Geld am die Sportverbände. Dafür soll es Medaillen geben. Eine harte Währung von nationaler Bedeutung, meinte zumindest Manfred Kanther 1997 als Innenminister:

    "Sie sind in einem Teilaspekt Ausweis des Leistungsvermögens eines Volkes. Und dass Siege dann das Volk begeistern, finde ich ganz natürlich."

    Im Kalten Krieg war der Leistungssport probates Mittel um Stärke zu beweisen. Der Medaillenspiegel war politisch. In der DDR waren Spitzensportler "Diplomaten im Trainingsanzug". Internationale Erfolge galten als Aushängeschild des Sozialismus, errungene Medaillen sollten die Überlegenheit des Systems demonstrieren. Dafür war jedes Mittel recht, auch Zwangsdoping.

    Heute wird der Sport vielmehr als "weiches Machtmittel" beschrieben. Ein gutes Vehikel um im internationalen Geschäft leistungsstark und sympathisch zu wirken. Aber er soll auch nach Innen wirken.
    Innen-Staatssekretär Christoph Bergner:

    "Das Geld im Sport, auch im Spitzensport ist sehr gut angelegt. Es ist insoweit gut angelegt, als es neben der internationalen Repräsentanz des Landes eine sehr stark motivierende Wirkung auf die Sporttreibenden im Land hat."

    Doch ob Erfolge im Spitzensport wirklich eine Wirkung auf den Breitensport haben, bezweifeln viele. Zum Beispiel Winfried Herrmann, ehemaliger sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag und heute Minister für Verkehr und Infrastruktur in Baden Württemberg.

    "Es gibt eben halt auch Spitzensportarten, die für den Breitensport zunehmend bedeutungslos sind. Nehmen sie nur das Bobfahren oder das Schlittenfahren, in der Form hat das nicht mit Vorbildwirkung zu tun. Da muss man wirklich schon mal fragen, ob wir da wirklich so viel investieren wollen, nur weil wir damit Medaillen absahnen können."

    Doch um die Medaillen abzusahnen, werden knapp 1000 Athleten durch staatliche Förderplätze bei der Bundeswehr, der Bundespolizei und dem Zoll als Staatssportler finanziert.
    Dabei ist der Sport offiziell kein Staatsziel der Bundesrepublik. Ein entsprechender Antrag der SPD, den Sport ins Grundgesetz aufzunehmen, scheiterte jüngst.