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Stammzellenspende
Fast so einfach wie Blutspenden

Viele Patienten mit der Diagnose Blutkrebs sind Kinder und Jugendliche, deren einzige Chance auf Heilung Stammzellenspenden sind. Stimmen Merkmale zwischen Spender und Empfänger überein, können diese Zellen übertragen werden. Das ist mit einer normalen Blutspende vergleichbar – nur zeitaufwändiger.

Von Mirko Smiljanic | 10.03.2020
Eine Mitarbeiterin des Instituts fuer Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik (IKT) pipetiert am 09.07.2014 in Ulm Typisierungsproben.
Bei Blutkrebs kann eine Stammzellspende helfen (dpa / Deniz Calagan )
Köln, MediaPark Klinik, in den Räumen von Cellex, dem Zentrum für Knochenmark- und Stammzellspende. Elf Männer und Frauen haben es sich an diesem Donnerstagvormittag im Spenderaum auf Liegen bequem gemacht, einige lesen, andere schauen Fernsehen. Im vorderen Bereich liegt ein 38-jähriger Mann, der heute zum ersten Mal Stammzellen spendet. Was nicht bedeutet, dass er sich erst seit Kurzem mit dem Thema auseinandersetzt:
"Das ist eigentlich vor sechs Jahren mehr oder weniger gewesen, als meine erste Tochter geboren worden ist, da haben wir uns als Familie mehr mit dem Thema auseinandergesetzt. Da war das für uns so ein Punkt, wo wir gesagt haben, es ist ein wichtiger Punkt, dass man mal was zurückgibt und mal was spendet."
Zwischen Registrierung und Stammzellspende liegen oft Jahre
In einem ersten Schritt hat er sich damals bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei – kurz DKMS – online registriert. Ob er als Spender in Frage kam, war damit noch nicht entschieden. Zunächst bekam er per Post ein Abstrich-Set zugeschickt mit der Bitte, es nach Gebrauch zurückzusenden.
"Man macht einen Wangenschleimhautabstrich, das sieht so ein bisschen aus wie ein Wattestäbchen, und man reibt sich durch die Innenseite der Wange, da geht es darum, dass man Zellen von der Innenseite der Wange bekommt. Die werden ins Labor geschickt und dort werden die Gewebemerkmale, die sogenannten HLA-Merkmale, bestimmt."
Diese individuellen Gewebe- beziehungsweise HLA-Merkmale entscheiden darüber, wer die Stammzellspende bekommt, so Jennifer Andersen, Pressesprecherin der DKMS. Die HLA-Merkmale von Spender und Empfänger müssen identisch sein.
"Wir geben die Daten pseudonymisiert weiter an das ZKRD in Ulm, das ist das Zentrale Knochenmarkspender-Register in Deutschland, das heißt, die haben eine Nummer und die Gewebemerkmale. Wenn es eine Suchanfrage gibt von einem Patienten irgendwo auf der Welt, dann kommt er dort in Ulm an, und die geben dann uns, der DKMS, Bescheid und sagen, wir haben möglicherweise einen Treffer für Euch."
Gesundheitscheck vor der ersten Stammzellspende
Ist dieser Punkt erreicht – was Jahre dauern kann – läuft der Rest vergleichsweise schnell ab. Zunächst werden die Gewebemerkmale noch einmal überprüft, anschließend unterzieht sich der Spender einem Gesundheitscheck. Geben Laboranten und Ärzte Grünes Licht, wird er zur Spende eingeladen. So wie der 38-jährige Mann aus dem Kölner Umland. Links neben ihm im Cellex-Spenderaum steht eine leise summende Zentrifuge, aus der dünne Schläuche in den rechten und linken Arm führen.
"Auf der einen Seite müssen wir das Blut ja in die Maschine reinführen, das ist dann mit einer unbeweglichen starren Nadel, das ist hier, und auf der anderen Seite braucht der Spender ja sein Blut wieder zurück, nachdem wir die Stammzellen abgesammelt haben, und das bekommt er dann über den beweglichen Arm auf der anderen Seite wieder zurück."
Bis zu fünf Stunden dauert die Entnahme der Stammzellen, so Gesundheits- und Krankenpflegerin Sabrina Graumann. Blutplasma und rote Blutkörperchen bekommt der Spender zurück, nur die Stammzellen verbleiben in der Zentrifuge.
Binnen 72 Stunden müssen die Spenden zum Empfänger
"Die Stammzellen werden nach der Spende abgeholt von einem Kurier, der kommt hierhin mit einer gekühlten Box, nimmt die Stammzellen mit"
und bringt sie in die Klinik des Patienten, sagt Cellex-Pressesprecherin Julia Bose. Die Ärzte am Bestimmungsort bereiten inzwischen den Patienten für den Empfang der Stammzellspende vor:
"Er bekommt das wie eine Transfusion über einen Tropf venös verabreicht und das ist dann sein Medikament, um hoffentlich gesund zu werden."