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Stasi-Gedenkstätte Höhenschönhausen
Warum muss Leiter Hubertus Knabe gehen?

Als Reaktion auf die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen seinen Stellvertreter, muss auch der Chef der Stasi-Gedenkstätte Höhenschönhausen, Hubertus Knabe, seinen Posten räumen. FDP und AfD kritisieren die Entscheidung als politisch motiviert.

Von Claudia van Laak | 26.09.2018
    Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe redet am 03.07.2015 in Berlin bei einem Pressegespräch in der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, im Hintergrund ein Porträt von Ex-DDR-Staats- und Parteichef Honecker. Die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen nahm vor 15 Jahren ihre Arbeit auf.
    Als Leiter der Stasi-Gedenkstätte Höhenschönhausen entlassen: Hubertus Knabe (picture alliance/dpa/Paul Zinken)
    Wie ist der aktuelle Stand in der Causa Hubertus Knabe?
    In der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen fand an diesem Mittwoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Mitarbeiterversammlung statt, an der auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer und eine Vertreterin der Staatsministerin für Kultur, Monika Grütters, teilnahmen.
    Laut Angaben eines Sprechers des Kultursenators, habe dabei eine sehr ruhige respektvolle offene Atmosphäre geherrscht. Lederer habe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit gedankt und versprochen, dass es schnell eine Übergangslösung für die Leitung der Gedenkstätte geben werde. Ein Name ist allerdings noch nicht bekannt.
    Hubertus Knabe selbst hat bislang nicht reagiert. Sein Handy ist abgeschaltet, auch auf seinem Twitter-Account gab es keine Mitteilung. Vermutlich wird er sich zunächst anwaltlichen Beistand suchen. Ob er gegen seine Kündigung juristische vorgehen wird, ist noch nicht bekannt.
    Kann sich die Politik die Entlassung Knabes leisten?
    Knabe hat sich um die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit verdient gemacht. Er hat sich zum Sprachrohr, zum Anwalt der Opfer, der Stasi-Häftlinge gemacht - und diese streitbare, oft polemische Stimme, die wird fehlen.
    Und er hat die Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen zu einer der wichtigsten Bildungseinrichtungen in puncto DDR-Geschichte gemacht – auch international. So haben sich beispielsweise Bürgerrechtlern aus Lateinamerika unter anderen in der Stasi-Gedenkstätte zeigen lassen, wie man mit den Hinterlassenschaften eines totalitären Regimes umgeht und wie man eine solche Vergangenheit aufarbeitet.
    Das musste der Stiftungsrat abwägen, auch den Schaden, der dadurch für die Gedenkstätte entsteht. Vor zehn Jahren hätte das Gremium wohl anders entschieden als jetzt im Jahr 2018.
    Wie stichhaltig ist der Vorwurf, die Ablösung Knabes sei politisch motiviert?
    Dieser Vorwurf kommt aus der Reihen der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus, genauer von AfD und FDP, und richtet sich gegen Kultursenator Lederer, der der Links-Partei angehört.
    Der FDP-Abgeordnete Stefan Förster etwa sagte, die Entlassung von Knabe sei "die späte Rache" der Links-Partei im Berliner Senat. Knabe sei als scharfer Kritiker der Verharmlosung der SED-Diktatur bekannt gewesen, und damit vielen der heute wieder regierenden Sozialisten ein Dorn im Auge, erklärte Förster.
    Die AfD sieht es ähnlich und spricht von einem willkommenen Anlass, um den politisch unbequemen Direktor abzusetzen. Knabe habe die Gedenkstätte Hohenschönhausen auch zu einem Zentrum für staatlich geförderte Projekte gegen Linksextremismus weiterentwickelt. Das habe die SED-Nachfolgepartei ebenfalls gestört.
    Die Informationen aus der internen Sondersitzung des Stiftungsrates sprechen gegen diese Darstellung. Demnach fiel die Entscheidung für die Entlassung Knabes und seines Stellvertreters Helmuth Frauendorfer einstimmig.
    Aus dem Stiftungsrat heißt es ganz klar: Hubertus Knabe habe seine Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeiterinnen und Praktikantinnen eklatant vernachlässigt. So soll es seit Jahren Beschwerden wegen sexueller Belästigung gegen seinen Stellvertreter Frauendorfer gegeben haben. Knabe habe dies jedoch nicht als ernsthaftes Problem wahrgenommen, sei untätig geblieben und habe damit das Vertrauen verspielt. Der stellvertretende Direktor konnte deshalb weiter seine Machtposition ausnutzen und Mitarbeiterinnen belästigen.