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Stefan Mappus zeigt Nerven

In Baden-Württemberg hat die brandheiße Phase des Landtagswahlkampfs begonnen. Und das merkt man daran, dass alle ran müssen, denn am 27. März entscheidet sich, ob Ministerpräsident Stefan Mappus im Amt bleiben darf.

Von Michael Brandt | 10.03.2011
    Die CDU Baden-Württemberg hat es beim politischen Aschermittwoch gestern so richtig krachen lassen. Von Spitzenkandidat, Ministerpräsident Stefan Mappus, wurde nicht mit dem Florett gefochten, sondern mit der Keule zugeschlagen, und zwar vor allem auf die Opposition.

    "Niemand darf am 27. März sagen, diesem Land geht es so verdammt gut, da kann man sich sogar mal fünf Jahre die Grünen, die Roten oder die Kommunisten leisten."

    Mappus wird zu Beginn der heißen Phase des Wahlkamps nicht müde, die schlimmsten Horrorszenarien an die Wand zu malen, was passiert, wenn das traditionell konservative Baden-Württemberg in die Hände der Roten und Grünen fällt. So manche seiner Argumente, zum Beispiel zur grünen Familienpolitik, sind nur bei Hering und Weißbier genießbar.

    "Soziale Elternteile. Was ist das denn? Das heißt doch wohl, dass in Zukunft jeder zusammen mit seinem Stuhlkreisnachbar in seinem grünen Stuhlkreis Kinder großziehen kann. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Das ist keine Familienpolitik, was die da wollen."

    Die Grünen jedenfalls geißelt der CDU-Spitzenkandidat als

    "Miesmacher","

    denen man das Land nicht überlassen dürfe. Die Linken sind in Mappus Augen Kommunisten. SPD übersetzt er mit

    ""Schwankend, planlos, desolat."

    Das Parteivolk jedenfalls tobt bei solchen Sprüchen:

    "Der kann die anderen mitreisen, das hat mir gefallen. Wir schaffen das. Wen wir etwas wirklich wollen, dann schaffen wir das immer."

    Veranstaltungen wie der politische Aschermittwoch liegen dem Ministerpräsidenten. Stefan Mappus ist vom Naturell her ein Kämpfer und aus seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender ist er es gewohnt, die Opposition verbal zu prügeln. Als er dann Ministerpräsident wurde, versuchte er, sein Image zu ändern. Doch dann kam "Stuttgart 21". Zunächst zeigte er auch hier klare Kante. Was mit dem Wasserwerfereinsatz am 30. September endete und ihm den Spitznamen Rambo einbrachte. Anschließend und vor allem bei der Schlichtung stellte er sich dann wieder als Vermittler und Brückenbauer dar.

    Doch jetzt im Wahlkampf ist wieder alles anders. Kämpfen ist angesagt und Mappus scheint es leicht zu fallen, in die alte Rolle zurückzukehren. Er bezeichnet sich selbst gerne als einen, der nicht umfällt, wenn ihm der Wind ins Gesicht weht. "Stefan Mappus, klare Linie", steht auf dem Bus, mit dem er derzeit durchs Land tourt, und viele schätzen das, sogar ein Besucher aus dem Nachbarland:

    "Der ist aus selben Holz geschnitzt wie der Seehofer. Ich denke für die CDU werden wir mit Mappus sehr zufrieden sein. Ich in aus dem gleichen Holz geschnitzt. Jetzt müssen wir noch Mal eine Stimmung reinbringen, jetzt muss noch was gehen."

    Aber es gibt auch andere Stimmen. Darüber, dass die CDU das Land in den vergangenen 57 Jahre gut bis sehr gut regiert habe, herrscht zwar völlige Einigkeit. Aber ob Mappus der richtige Mann ist, damit es in den nächsten 5 Jahren genau so weiter gehen kann

    "Das ist eine andere Frage, es gibt sehr viele qualifizierte Leute, aber im Moment ist der Herr Mappus da. Und ich glaub, er setzt sich unheimlich ein dafür."

    Was man als Kompliment mit sehr geringer Halbwertszeit verstehen darf. Man muss Mappus zugute halten, dass er "Stuttgart 21" von seinem Vorgänger Günther Oettinger geerbt hat. Dennoch räumt er inzwischen ein, das Thema zu Beginn falsch eingeschätzt zu haben.

    Aber auch bei anderen politischen Entscheidungen wirft die Opposition dem Ministerpräsidenten eine gar nicht landesväterliche Rambo-Mentalität vor. Beim Kauf der EnBW-Anteile etwa, den er am Parlament vorbei durchgezogen haben soll. Oder bei der Beamtenbesoldung: Wegen der er sich zunächst mit dem Beamtenbund angelegt hat, dann aber - kurz vor einer Wahlempfehlung für die SPD – bot er den Staatsdienern – ohne den Abschluss der Tarifrunde abzuwarten - eine Solderhöhung um zwei Prozent an. Damit nicht genug: In der vergangenen Woche hat Mappus ohne Not auch noch seinen Parteifreund, den Stuttgarter OB Wolfgang Schuster brüskiert. Der Ministerpräsident erklärte, er gehe davon aus, dass Schuster nicht erneut kandidieren werde. Einen Tag später musste sich Mappus bei Schuster entschuldigen. Bei der Kritik seiner Anhänger bleibt es:

    "Ist halt blöd, so kurz vor der Wahl sagt man so was nicht. Ich meine, so clever hätte ich den Mappus eingeschätzt, dass er da sein Maul hält. Taktisch ist es natürlich ungeschickt so knapp vor der Wahl."

    Ein anderer, der eben noch applaudiert hat, äußert ebenfalls leise Zweifel. Das CDU-Parteivolk bringt Mappus in Stimmung, keine Frage. Aber was ist mit denen, die sich noch nicht so sicher sind?

    "Ich befürchte, dass er zu wenig die Wechselwähler anspricht. Ich glaube, dass er die stärkt, die ohnehin CDU wählen, aber das werden eventuell zu wenig sein","

    sagt ein langjähriger Parteigänger. Er befürchtet, dass Mappus zu wenig liberal und weltoffen ist, um auch für ein intellektuelles Klientel wählbar zu sein. Ihrer Klientel im ländlichen Raum kann sich die CDU wohl sicher sein. Nicht aber den Wählern in den Städten – Stimmen, die die Partei dringend benötigt.

    ""1980 wäre er mit Sicherheit der richtige Ministerpräsident gewesen, aber nicht mehr für 2010. Die Welt hat sich verändert, sie hat sich stark verändert, und da müssen die Politiker auch mitgehen."

    "In einem Punkt sind sich die allermeisten CDU-Anhänger einig: Am 27. März wird es knapp werden, vermutlich knapper als je zuvor in der Geschichte Baden-Württembergs. Kein Wunder, dass die Nerven blank liegen: Der Nervenkitzel wird anhalten – die kommenden 17 Tage."