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Steigende Infektionszahlen
Debatte über 3G-Regel in Fernzügen und Flugzeugen

Angesichts steigender Infektionszahlen wächst der Druck auf Ungeimpfte. Die Bundesregierung prüft zumindest, ob etwa in Zukunft nur der in den Fernzug oder das Flugzeug steigen darf, wer geimpft, genesen oder zumindest getestet ist. Aber für viele Menschen ist die Pandemie nicht mehr das wichtigste Thema.

Von Johannes Kuhn | 27.08.2021
Reisende auf dem Bahnsteig, Berlin Hauptbahnhof
Reisende auf dem Bahnsteig, Berlin Hauptbahnhof (dpa / Eibner-Pressefoto / Uwe Koch)
Gastronomen und Clubs in Hamburg winkt ab dem Wochenende das Ende von Sperrstunde und Mindestabstand, dazu die volle Auslastung der Innenräume. Voraussetzungen: sie lassen nur noch Geimpfte und Genesene herein. Ungeimpfte müssen dann selbst mit Test draußen bleiben und könnten sich so doch noch für die Impfung entscheiden.
Rechtlich sei dieses 2G-Option genannte Modell kein Problem, attestierte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht ihrem SPD-Parteikollegen, dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher. Sie sagte im ZDF: "Was in Hamburg abläuft, ist nichts anderes, als dass das Hausrecht ausgeübt wird. Denn das ist ja etwas, worunter zum Beispiel Gastwirte leiden, dass da die Einschränkungen immer noch da sind, sie weniger einnehmen können, weil einige Wenige sagen, ich lasse mich nicht impfen."

Seibert bestätigt Überlegungen

3G also, Einlass nur geimpft, genießen oder getestet. Diese Regel gilt bislang noch nicht in Fernzügen und auf Inlandsflügen, wo Ungeimpfte derzeit ohne Auflagen reisen können. Dass sich dies ändern soll, darauf bringt laut "Bild"-Zeitung Bundeskanzlerin Angela Merkel. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass man das gerade prüfe.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
"Dabei ist für uns interessant das Beispiel Frankreichs, wo genau das der Fall ist. Dort gilt seit Anfang August der sogenannte Pass Sanitaire verpflichtend auch für Bahnfernreisen und wird dort vom Bahnpersonal kontrolliert."
Das Verkehrsministerium zeigte sich skeptisch, ob die Überprüfung aller Passagiere möglich wäre. Die Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft EVG hält dies für nicht praktikabel.

Krankenhausauslastung stärker gewichtet

Die politischen Debatten finden im Zuge steigender Infektionszahlen statt. Das Robert Koch-Institut meldet 12.000 Neuinfektionen. Der bundesweite Inzidenzwert liegt inzwischen bei 70. Menschen unter 34, speziell Kinder zwischen fünf und 15 sind besonders betroffen. Der Altersmedian der Hospitalisierten liegt wiederum bei 46 bis 48 Jahren. In der Hochrisikogruppe der über 80-Jährigen dagegen werden nur wenige Infektionen gemeldet.

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Angesichts einer Impfquote von 60 Prozent verliert der reine Inzidenzwert allerdings ohnehin an Bedeutung. Künftig soll auch die Krankenhausauslastung stärker gewichtet werden. Die Sieben-Tage-Hospitalisierungsrate für Covid-19 liegt im Moment bundesweit bei 1,5 und 60 Fällen pro 100.000 Einwohnern Tendenz steigend. Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Niedersachsen haben in dieser Woche Corona-Warnsysteme eingeführt, die auch Krankenhaus und Intensivbettenbelegung berücksichtigen.

Pandemie wird weniger wichtig

Auch Bayern plant ein Warnsystem. Christoph Spinner, Infektiologe des Münchner Klinikums rechts der Isar, begrüßt die Abkehr vom reinen Inzidenzwert. Er sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Die Inzidenzzahlen sind wichtig, um einen allgemeinen Blick über die Pandemie-Situation und die Neuinfektionszahlen zu bekommen. Auf der anderen Seite spielen für uns aber tatsächlich die Krankenhausaufnahmen und Belegungen eine sehr, sehr viel größere Rolle. Denn am Ende geht es ja vor allem um die Frage, ist das Gesundheitswesen überlastet oder nicht?"
Unterdessen wird die Corona-Pandemie in einer regelmäßigen Umfrage erstmals seit März 2020 nicht mehr als wichtigstes Problem Deutschlands wahrgenommen. Im ZDF-Politbarometer nennen 34 Prozent die Pandemie, 40 Prozent den Umwelt- und Klimaschutz.