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Stellenstreichung
Spekulationen um Umbau der Commerzbank

Bei der Commerzbank besteht Handlungsbedarf. Sie will sich neu aufstellen, allerdings muss noch der Aufsichtsrat grünes Licht für den Umbau geben. Für Freitag ist geplant, die Öffentlichkeit zu informieren. Einige Spekulationen über die neue Strategie sind aber schon im Umlauf - zum Beispiel die umfangreiche Stellenstreichung.

Von Michael Braun | 27.09.2016
    Eingangsbereich einer Commerzbank-Filiale in Frankreich mit dem gelben Logo
    Auch der Commerzbank brechen die Erträge weg. (imago / Eibner)
    20 Cent Dividende je Aktie – die Commerzbank hatte sich darauf vorbereitet, diesen eher kümmerlichen Betrag auch für dieses Jahr auszuschütten. Daraus wird wohl nichts. Denn Stellen zu streichen, ob nun 5.000 oder 9.000, also knapp zehn oder gar knapp 20 Prozent der Belegschaft, und zugleich Dividende zahlen, das wird nicht gehen. Dass Handlungsbedarf besteht, hatte der seit dem Frühjahr amtierende Vorstandschef Martin Zielke schon kürzlich sehr deutlich gemacht:
    "Der Umbruch, der im Moment stattfindet, ist brutal, schnell und radikal. Banken sind gezwungen, jeden Stein anzufassen, umzudrehen, neu einzusortieren und ab und an auch gänzlich auszusortieren."
    Kreditgeschäft läuft eher schleppend
    Die wichtigste Ursache dafür ist, dass den Banken die Erträge wegbrechen, und zwar an allen Enden: Provisionen für Wertpapiergeschäfte lassen sich im aktienmüden Deutschland nur schwer verdienen. Auch das Kreditgeschäft läuft eher schleppend. Martin Keller, Bereichsleiter aus der Mittelstandsbank der Commerzbank, berichtete von nur zögerlicher Investitionsbereitschaft der Unternehmen:
    "Den mutigen Sprung in neue Regionen, in neue Produkte, in neue Marktanteile, den sehen wir noch nicht überall."
    Dann sind da noch die liquiden Mittel. Bei der Commerzbank sind die Forderungen an Kunden rund 30 Milliarden niedriger als die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden. Es konnten also nicht alle Spareinlagen als Kredit vergeben werden. Diese Gelder, gern ergänzt durch Bankenkredite bei der Zentralbank, wurden in Staatsanleihen geparkt. Das gehörte früher zum Brot- und Buttergeschäft einer Bank, weiß Robert Halver von der Baader Bank:
    "Da hat man dann ungefähr eine Zinsdifferenz von deutlich über zwei, drei, vielleicht sogar vier Prozent verdient. Das geht heute nicht mehr. Heute sind ja die meisten deutschen Staatspapiere mit negativer Rendite versehen. Da verdienen Sie einfach nichts mehr. Das heißt: Ihnen fehlt der Risikopuffer, der Ertragspuffer."
    Und schließlich greift die Digitalisierung auch tief ins Bankgeschäft. Vieles, was früher Bankmitarbeiter ausführten, läuft bald ohne sie. Commerzbank-Chef Zielke nannte ein Beispiel:
    "Wenn Maschinen demnächst in der Lage sind, eigenständig ihre Ersatzteile zu bestellen, dann sollten sie auch in der Lage sein, eigenständig Rechnungen zu bezahlen."
    Die Bank soll schlanker werden
    Was die Commerzbank also braucht, sind Investitionen in diese neuen vernetzten digitalen Prozesse. Und weniger Personal. Ob sie ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommt, ist offen. Im Betriebsrat rührt sich schon Protest. Die Bank soll schlanker werden: Kleine Geschäftskunden kommen in die Privatkundenbank. Die macht auch die Vermögensverwaltung für reiche und institutionelle Kunden. Zweite und letzte Säule wird das Firmenkundengeschäft. Das Investmentbanking wird darin integriert und somit weiter verkleinert. An den Filialen will die Bank festhalten. Sie sollen aber schrumpfen. Bis 2020 reicht der Plan. Genaueres wird am Freitag bekannt, wenn der Aufsichtsrat morgen und übermorgen, also zwei Tage lang damit befasst war.