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Stellenwert der Kraft-Wärme-Kopplung

Kraft-Wärme-Kopplung ist die gleichzeitige Umwandlung von eingesetzter Energie in elektrische Energie und Nutzwärme in einer ortsfesten technischen Anlage - so definiert es das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, das im vergangenen Jahr in Kraft getreten ist. Wie es sich in der Praxis bewährt, wo die Schwächen des Gesetzes liegen - das berät seit gestern der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung auf einem Kongress in Berlin.

Andreas Baum | 13.11.2003
    Dass die Kraft-Wärme-Kopplung das effizienteste Prinzip ist, Brennstoffe zu verwerten, das bezweifelt heute niemand mehr. Denn mit dieser Technologie gelingt es, Energie, die sonst verpuffen würde, in Form von Strom und Wärme zu erhalten. KWK, so wird diese Methode kurz von Fachleuten genannt, schont nicht nur die Ressourcen, sie hilft auch, das Klima zu schützen, weil weniger CO2 in die Atmosphäre abgegeben wird. Trotz dieser Vorteile werden in der Bundesrepublik Deutschland noch immer 85 Prozent des Stroms konventionell hergestellt, mit Verfahren, die mehr als die Hälfte der vorhandenen Energie verschwenden. Dies, obwohl es seit April 2002 das so genannte KWK-Gesetz gibt, das Anlagen fördert, die so hergestellte Elektrizität ins Netz speisen. Johannes von Bergen, Präsident des Bundesverbandes Kraft-Wärme-Kopplung, nennt Gründe dafür, warum das Gesetz seiner Ansicht nach nicht greift:

    Wir haben überhaupt keine fairen Rahmenbedingungen. Die einen arbeiten mit abgeschriebenen Anlagen gegen KWK-Anlagen, die neu errichtet werden sollen, die den vollen Kapitaldienst zu tragen haben, die haben natürlich Wettbewerb, das ist doch logisch, da können sie zwei und zwei zusammenrechnen, dann passiert halt überhaupt nichts.

    Das bedeutet, dass die großen Stromkonzerne, deren alte Kraftwerke noch zu Zeiten gebaut wurden, als dies in Deutschland die Allgemeinheit bezahlt hat, den kleinen Unternehmern, die heute in Kraft-Wärme-Kopplung investieren, haushoch überlegen sind. Die Forderung des Verbandspräsidenten ist daher radikal: Das KWK-Gesetz soll gar nicht mehr, wie geplant, im Jahr 2005 in einem Monitoring überprüft werden:

    Dieses Gurkengesetz muss weg, schnellstens weg, wir brauchen auch kein Monitoring, wir wissen alle, dass es nicht funktioniert hat, das wird ersatzlos durch ein neues Ausbaugesetz ersetzt.

    Auch die Bundesregierung, die dieses Gesetz zu verantworten hat, sieht inzwischen ein, dass es nicht wirkt: Rolf Hempelmann, energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag gibt zu, dass es weder gelungen ist, Unternehmer zu überzeugen, in Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu investieren, noch wird dadurch der Ausstoß von Kohlendioxid in die Atmosphäre so reduziert, wie man dies vorhatte:

    Von daher ist auch deutlich, dass, wenn wir auf dem Weg so weiter gehen, wir sicherlich die CO2-Minderungsziele, die wir uns gesteckt haben, über KWK so nicht erreichen werden. Das erste, was man also sagen kann, wenn die Zahlen so sind, dann sollte das Monitoring, das für Ende 2004 angesetzt worden ist, jetzt tatsächlich stattfinden, also vorgezogen werden, und das ist etwas, was ich auch dem Bundeswirtschaftsministerium zumindest nahe legen werde.

    Der SPD-Energieexperte will also, zugespitzt gesagt, früher als bisher geplant auch amtlich feststellen lassen, dass das KWK-Gesetz gründlich überarbeitet werden muss. Nicht alle in der Bundesregierung sind so pessimistisch. Michaele Hustedt, Energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag hält das Erreichte für einen Erfolg, denn etwas ist mehr als nichts:

    Also ganz so schlecht ist das KWK-Gesetz nicht, immerhin wurde ne gewisse Modernisierung im Bereich der Stadtwerke auch angestoßen, ich glaube, dass ohne das KWK-Gesetz vor dem Hintergrund der Überkapazitäten so nicht gekommen wäre, und immerhin haben wir 1,2 Milliarden Investitionsvolumen angestoßen und einen verminderten Ausstoß von Kohlendioxid um 3,5 Millionen Tonnen erreicht. Das sind nicht die 10 Millionen Tonnen, die wir angestrebt haben. Und das heißt auch, dass wir höchstens die Hälfte unseres Ziels durch das Gesetz erreicht haben, ich füge hinzu, die andere Hälfte sollte die Industrie auf freiwilliger Basis hinzubauen und da ist so gut wie gar nichts passiert.

    Dass das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz so wenig Anreize für die Unternehmer bietet, freiwillig in diese Technologie zu investieren, könnte an einem grundsätzlichen Webfehler liegen. So wird Strom aus KWK nur dann gefördert, wenn er ins öffentliche Netz geleitet wird. Nicht gefördert wird, wer die Energie in der gleichen Fabrik selbst nutzt, was in der Bilanz aufs Gleiche hinausliefe. Der CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete Franz Obermeier spricht hier von einer Diskriminierung bestimmter Betriebe, nämlich der, die die zusätzlich gewonnene Energie viel besser selbst verbrauchen könnten. Die Mängel im KWK-Gesetz, so Obermeier, seien nur der Anfang einer insgesamt verfehlten Umwelt- und Energiepolitik der Bundesregierung:

    Wir werden in der deutschen Energiewirtschaft und insbesondere in der deutschen Stromwirtschaft aufgrund der Konzeptlosigkeit der Bundesregierung seit fünf Jahren noch unsere blauen Wunder erleben. Es passiert nämlich nicht nur auf dem Kraft-Wärme Kopplungs-Sektor nichts, es passiert auch auf anderen Sektoren nichts. Nicht einmal in der Planung, nicht einmal in der konzeptionellen Planung.

    Was der derzeitigen Energie-Politik fehle, sei eine klare Vorgabe, in welche Richtung es zukünftig gehe. Nur mit Planungssicherheit könnten Investoren für neue Technologien gewonnen werden.