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Stereoanlage für die Augen

Technik. – Moderne Computer können inzwischen dreidimensionale Objekte erschaffen, nur mit der Darstellung hapert es: auf einem zweidimensionalen Bildschirm bleibt auch die beste 3D-Darstellung flach. Allerdings zeichnet sich hier eine Änderung ab. Immer mehr Firmen entwickeln Computerbildschirme, welche die Bilder dreidimensional darstellen können. Zu bewundern beispielsweise zurzeit in Aachen, beim Fraunhofer-Kolloquium "Optik – Schlüsseltechnologie mit Zukunft".

Von Arndt Reuning | 23.11.2006
    Ich sitze vor einem Laptop und sehe Sterne. Die Sterne scheinen auf mich zu zu fliegen, aus den dunklen Tiefen des Monitors. Dann schwenkt ein Raumschiff ins Bild, eine Sequenz wie aus einem Computerspiel. Alles dreidimensional und alles ohne Brille mit farbigen Gläsern. Oder sonstige Hilfsmittel, die ich mir auf die Nase setzen müsste. Autostereoskopie nennen das die Fachleute. Und mit dieser Technik lassen sich nicht nur Computerspiele plastisch darstellen.

    "Wir denken in erster Linie an Arbeitsplatzsituationen. Zum Beispiel ein Konstrukteur, der ein neues Auto entwickelt, dazu Modellstudien treiben muss, und der jetzt nur noch wissen möchte, wie das Ganze wirklich in 3D aussieht und eben nicht nur flach auf seinem Display. Im Bereich der Medizin sind mittlerweile unglaublich viele Daten dreidimensional. Also bei der Operationsvorbereitung haben sie im Grunde genommen reine 3D-Modelle. All diese Daten sind echtes 3D, und es gehört im Grunde nur noch ein Display wie unseres dazu, das auch tatsächlich sichtbar und fast greifbar, hätte ich gesagt, zu machen."

    Christoph Großmann, der Gründer der Hamburger Firma SeeFront. See mit Doppel-E, wie "sehen" auf englisch. Wichtig ist natürlich, dass die Daten schon von Anfang an in drei Dimensionen vorliegen. Aus einem zweidimensionalen Bild kann natürlich der beste Monitor keinen räumlichen Eindruck zaubern. Denn dieser räumliche Eindruck entsteht immer dann, wenn ein Mensch mit seinen beiden Augen auf ein Objekt schaut, also aus zwei leicht verschiedenen Blickwinkeln. Erst das Gehirn verschmilzt beide Perspektiven zu einem einzigen 3D-Bild. Diese beiden unterschiedlichen Bilder aus zwei verschiedenen Richtungen zeigt der SeeFront-Monitor gleichzeitig an. Eine durchsichtige, leicht milchige Scheibe vor dem Bildschirm spaltet sie dann auf. Großmann:

    "Tatsächlich ist es so, das ist auch kein Geheimnis so weit, dass es sich hier um eine sehr feine Linsenstruktur handelt. Linsen haben die Eigenschaft, dass man durch sie eben gewisse Teile des Displays oder überhaupt jeder Oberfläche vergrößert sieht. Und diesen Effekt können wir dafür ausnutzen, das was auf dem Display vorhanden ist, in zwei verschiedene Richtungen aufzuspalten, also für das rechte und für das linke Auge. Und das funktioniert sogar noch, wenn Sie sich – und das ist alles andere als selbstverständlich – wenn Sie sich vor dem Display bewegen. Dann weiß das Display im Prinzip, wo Ihre Augen sind und wie es das Bild aufbereiten oder aufarbeiten muss, damit Sie zu jedem Zeitpunkt echtes Stereo sehen."

    Dafür braucht das Monitor-System aber einen kleinen Spion. Ein Kamera, die ständig aufzeichnet, wo sich die Augen des Computernutzers gerade befinden. Den Rest erledigt eine Software im Rechner. Die muss dann anhand der Kamera-Daten ermitteln, wie die beiden Teilbilder auf die Linsenscheibe abgebildet werden. Auf diese Weise ist es dann sogar möglich, um einen Gegenstand auf dem Monitor herum zu schauen, indem man den Kopf bewegt. Diese Software ist das eigentliche Kernstück an dem System. Großmann:

    "Es ist komplexe Mathematik dahinter, die wir einmal entwickeln mussten, die auch schon entwickelt ist, seit längerer Zeit. Und die aber – und das ist das Schöne daran – auf den heutigen äußerst leistungsfähigen Computergrafikkarten, zum Beispiel auf den Hauptprozessoren, mit einer aberwitzigen Geschwindigkeit abläuft. So dass das alles in Echtzeit passiert, ohne dass Sie das bemerken."

    Diese sehr aufwändige Mathematik sorgt dann aber auch dafür, dass die Linsenscheibe vor dem Monitor ohne bewegliche Teile auskommt. Andere 3D-Systeme müssen die Optik nachführen, wenn sich der Betrachter bewegt. Die ganze Anpassungs-Arbeit erledigt das Computerprogramm virtuell. Und deshalb ist die SeeFront-Technologie auch nicht auf eine bestimmte Bildschirm-Auflösung angewiesen. Jeder Flachbildschirm lässt sich damit zum 3D-Monitor umrüsten. Bloß mit den älteren Kathodenstrahlröhren funktioniert es nicht. Noch eine Einschränkung: Immer nur eine Person kann das räumliche Bild sehen. Für den Familien-Fernseh-Abend in drei Dimensionen ist das System also leider nicht geeignet.