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Steuerflucht in Europa
Deutschland fordert mehr Transparenz

Umstrittene Steuersparmodelle haben Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien besonders geschadet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich deshalb vor dem Lux-Leaks-Sonderausschuss des EU-Parlaments für das Vorgehen gegen Steueroasen stark gemacht. Doch er musste auch einräumen, dass es "eine gewisse Zurückhaltung im Umgang zwischen Mitgliedsstaaten" gebe.

Von Thomas Otto | 23.09.2015
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel
    Bundesfinanzminister Schäuble weist auf eine "gewisse Zurückhaltung" hin. (THIERRY CHARLIER / AFP)
    Steuervorbescheide, die sogenannten tax rulings, dürften nicht als Instrument eines schädlichen Steuerwettbewerbs eingesetzt werden. Darin waren sich die Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien einig. Die vier Vertreter der wirtschaftsstärksten Staaten der Eurogruppe waren vor allem als Geschädigte von Steuerabsprachen vor den Luxleaks-Ausschuss geladen. Aber sie mussten sich auch die Frage gefallen lassen, warum sie auf bilateraler Ebene bisher zu wenig gegen Steuervermeidung getan hätten.
    "Vielleicht erinnern Sie sich an meinen Vorgänger als Finanzminister in Deutschland: Der wollte mal die Kavallerie senden, unter anderem nach Luxemburg. Die Antwort des damaligen luxemburgischen Premierministers war: Man habe deutsche Truppen schon in Luxemburg gehabt, man habe keinen Bedarf – again. Deswegen: Es gibt eine gewisse Zurückhaltung im Umgang zwischen Mitgliedsstaaten. Und deswegen haben wir – gibt es da Grenzen."
    Erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Sein französischer Kollege Michel Sapin ging noch einen deutlichen Schritt weiter:
    "Auf internationaler Ebene, insbesondere auf der Ebene der G20, auf dieser Ebene muss man gegen Steueroasen vorgehen – auch außerhalb unserer Grenzen. In den vergangenen drei Jahren sind da riesige Fortschritte erzielt worden. Ich verstehe die Ungeduld und den Wunsch, schneller voran zu schreiten. Aber wenn man die Ergebnisse betrachtet, so haben sich die Dinge deutlich beschleunigt."
    Stillstand in mehreren Bereichen
    Stillstand herrscht momentan allerdings bei den länderspezifischen Steuerberichten, die die EU einführen will. Damit soll verhindert werden, dass Großunternehmen ihre Gewinne unbemerkt in Steueroasen verschieben. Der Trilog, das Einigungsverfahren zwischen Kommission, Parlament und Rat, komme dabei aber nicht weiter, beschwerte sich die Berichterstatterin des Luxleaks-Ausschusses, Elisa Ferreira:
    "Der Rat unterstützt das nicht. Länderspezifische Berichte sind grundlegend und sorgen für Transparenz. Wir haben erfahren, dass Italien, Spanien und Deutschland dagegen sind und die Verhandlungen blockieren – stimmt das?"
    Wogegen sich der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan verwehrte – ohne Ferreira allerdings wirklich zu widersprechen:
    "Italien unternimmt wirklich alles, um das neue Klima der steuerlichen Transparenz zu nutzen. Wir tun wirklich alles, um einen steuerlichen Rahmen zu schaffen, der fairer und transparenter ist und in dem ein fairer Wettbewerb stattfinden kann."
    Deutschland hat dem sogenannten Country-by-Country-Reporting bisher nicht zugestimmt. Wolfgang Schäuble macht das vor allem am Zusammenspiel des Brüsseler Gesetzgebungsverfahrens mit dem deutschen Föderalismus fest:
    "In Deutschland ist Steuerverwaltung eine Sache der Länder. Macht für den Finanzminister einen Haufen Probleme im Alltag – muss ich aber jetzt nicht mit Ihnen teilen. Aber weil dies so ist, bin ich in der Frage Country-by-Country-Reporting darauf angewiesen, dass die Bundesländer zustimmen. Sie stimmen nicht zu."
    Zumindest noch nicht, wie Schäuble noch anfügt.
    In Sachen Steuervorbescheide soll es nach Angaben von EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici aber schon bald eine Entscheidung geben. Bei ihrem nächsten Treffen am 6. Oktober könnten sich die EU-Finanzminister auf Regeln einigen, wie in Zukunft Informationen darüber zwischen den Mitgliedsstaaten ausgetauscht werden sollen.