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Steuerschätzung
Dämpfer für die Schwarze Null

Das ehrgeizige Vorhaben der Großen Koalition, im nächsten Jahr keine neuen Schulden zu machen, gerät ins Wanken: Die Steuereinnahmen fallen geringer aus als erwartet. Finanzminister Schäuble (CDU) will jetzt mehr ausgeben, um die Wirtschaft anzukurbeln - und trotzdem an der Schwarzen Null festhalten.

06.11.2014
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will ab 2015 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will ab 2015 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. (dpa / Wolfgang Kumm)
    Der Bundesfinanzminister hat in den vergangenen Monaten stets vorgerechnet, wie er im Staatshaushalt auf "die schwarze Null" kommen will. Doch jetzt haben die Steuerschätzer ihre Prognose der Steuereinnahmen nach unten korrigiert. Im Vergleich zur Schätzung im Mai müssen Bund, Länder und Kommunen bis zum Jahr 2018 mit rund 21 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen, allein 6,4 Milliarden Euro für das kommende Jahr. Im Bundeshaushalt - und das ist die Kernzahl für Schäubles schwarze Null - fehlen 500 Millionen Euro. Erwartet waren allerdings zwei bis drei Milliarden Euro.
    Grund für die deutliche Senkung ist die sich abschwächende Konjunktur. Die Bundesregierung hatte ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr um jeweils rund einen halben Punkt auf 1,2 Prozent und 1,3 Prozent zurückgeschraubt. Deshalb will der Bundesfinanzminister jetzt auf einmal das tun, wogegen sich die Bundesregierung in Europa lange gewehrt hat: Das Spardiktat weicht für Investitionen. Schäuble will angesichts der Wirtschaftsflaute für die Jahr 2016 bis 2018 insgesamt zehn Milliarden Euro zusätzlich investieren - ohne neue Schulden machen zu müssen. Das sei bei "strikter Ausgabendisziplin" zu schaffen.
    Haushaltsausgleich mit dem Rechenschieber
    Weniger Einnahmen und mehr Ausgaben: Wie ein ausgeglichener Haushalt jetzt noch funktionieren soll, hat der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle, der "Rheinischen Post" gesagt. Er erwartet, dass weniger Geld an die EU überwiesen werden muss; der Betrag dürfte aufgrund des geringeren Wirtschaftswachstums um einen dreistelligen Millionenbetrag niedriger ausfallen als bisher prognostiziert. "Außerdem hilft uns das niedrige Zinsniveau massiv", sagte der CDU-Politiker weiter. Die Zinsausgaben für die Schulden des Bundes könnten deswegen noch einmal um bis zu 1,5 Milliarden Euro nach unten korrigiert werden.
    Abakus
    Die Bundesregierung errechnet, wie sie im nächsten Jahr einen ausgeglichenen Haushalt schaffen kann. (Stock.XCHNG / John Evans)
    Errechnet wird die Steuerschätzung von einem eigenen Arbeitskreis, dem Vertreter der Bundesregierung, von Ländern und Kommunen, der Bundesbank sowie führender Wirtschaftsforschungsinstitute angehören. Die Prognose ist wichtig für die endgültige Aufstellung des Bundeshaushalts 2015 sowie die Finanzplanung für die folgenden Jahre, aber auch für die Haushaltsberatungen von Ländern und Kommunen.
    Steuereinnahmen auf Rekordniveau
    Einen Einbruch bei den Steuereinnahmen befürchten die Steuerschätzer aber nicht. Schließlich ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter stabil. Löhne und Gehälter sowie der Privatkonsum entwickeln sich weiter gut. Trotz der Korrektur nach unten klettern die Steuereinnahmen des Staates grundsätzlich weiterhin jährlich von Rekord zu Rekord - nur eben weniger stark als noch Anfang Mai geschätzt. Bundesfinanzminister Schäuble betonte, im nächsten Jahr sei die schwarze Null erreichbar. "Wir halten, was wir vereinbart und versprochen haben."
    Im laufenden Jahr verbessern sich die Steuereinnahmen um fast eine Milliarde Euro. Nach der neuen Schätzung steigen sie von 640,9 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 760,3 Milliarden Euro im Jahr 2019.
    (sdö/ach)