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Steve Bannon und Donald Trump
Der faustische Pakt im Weißen Haus

Das amerikanische "Time Magazine" widmete dem Chefstrategen von US-Präsident Donald Trump kürzlich eine Titelgeschichte. Steve Bannon steht für den Kurs der "Alternativen Rechten". Sie propagieren die Vorherrschaft der Weißen und die Einschränkung von Minderheitenrechten. Im Islam sehen sie den größten Feind des Westens.

Von Thilo Kößler | 07.02.2017
    US-Präsident Donald Trump mit dem Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn and Chefberater Steve Bannon im Oval Office im Weißen Haus, Washington. Trump telefoniert mit dem australischen Premier Malcolm Turnbull am 28.1.2017.
    US-Präsident Donald Trump mit dem Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn und Chefberater Steve Bannon im Oval Office im Weißen Haus. (imago / Zuma Press/ Pete Marovich)
    Als sich am 21. Januar auf der National Mall 600.000 Menschen zum Women's March trafen, zum Marsch der Frauen auf Washington, um gegen ihren neuen Präsidenten zu demonstrieren, da standen sie allesamt noch unter dem Eindruck der Inaugurationsrede Donald Trumps am Tag zuvor: Furchterregend sei sie gewesen, sagte diese Demonstrantin – Trump sei ein Rassist, ein Sexist und ein Panikmacher.
    Steve Bannon - Trumps Chefstratege
    Das war wohl die dunkelste Antrittsrede, die ein gerade vereidigter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika jemals gehalten hat: Donald Trump sieht die USA am Abgrund, die Eliten des Landes beschreibt er als Ausbeuter, das verhasste Establishment als korrupt und rücksichtslos. Mit seinem Amtsantritt hole sich die Arbeiterklasse die Macht zurück, die ihr geraubt worden sei, sagt er. Es gelte Schluss zu machen mit all den Massakern von Kriminellen auf Amerikas Straßen. Und mit dem radikalen Islam.
    Dann stieß Steven Bannon zur rechtsextremen Webseite Breitbart.com und stieg zu deren Chef auf. Bannon machte Breitbart zum Sprachrohr der Alternativen Rechten: Der sogenannten Alt-Right-Bewegung, die die Vorherrschaft der Weißen propagiert, Minderheitenrechte einschränken und den Islam bekämpfen möchte. Heute sitzt Steven Bannon im Weißen Haus – als Chefstratege des 45. Amerikanischen Präsidenten.
    "Steve Bannon hat eine außerordentlich wichtige Rolle, nicht nur als wichtigster Berater des Präsidenten, sondern auch als jemand, der offensichtlich das Ohr von Donald Trump findet und inhaltlich so formuliert, dass Trump ihn nicht nur versteht, sondern sich seine Meinung auch zu eigen macht."
    Sagt Michael Werz vom Think Tank "Center for American Progress” in Washington DC. Sämtliche Dekrete, die Donald Trump seit Amtsantritt verabschiedet hat, tragen die Handschrift Steven Bannons, sagt Werz. Die Mauerpläne an der Grenze zu Mexiko. Die Kündigung des TPP-Abkommens. Der Einreisestopp für Bürger aus sieben islamischen Staaten. Hinter dem Schlagwort von "America first", das Trump zum Motto seiner Präsidentschaft erkoren hat, steckt nicht weniger als eine konservative Revolution, die die USA in einen politischen Kokon aus Nationalismus und Chauvinismus, Isolationismus und Protektionismus, Fremdenhass und Islamfeindlichkeit einspinnen soll.
    Das Establishment zum Teufel schicken
    Als langjähriger politischer Berater verfolgt Michael Werz mit einiger Fassungslosigkeit das atemberaubende Tempo, mit der Donald Trump binnen zwei Wochen versuchte, das politische Erbe seines Vorgängers Barack Obama wegzuwischen. Und eine politische Agenda aufzulegen, die aus den Vereinigten Staaten von Amerika ein anderes Land machen soll.
    "Dieser Präsident ist in der Tat jemand, der nicht nur Verfassungs- und legale Traditionen mit Füßen tritt, sondern sich auch auf apokalyptische Art und Weise dem Umbau des Landes verschrieben hat, ohne dass wirklich eine Strategie erkennbar ist."
    Als das amerikanische Time-Magazin dieser Tage seine Titelgeschichte Steven Bannon widmete, dem zweitmächtigsten Mann der Welt, wie es schrieb, erinnerte es daran, dass sich der heute 63-Jährige – unfrisiert und im Shabby-Look - einmal als Leninist bezeichnet hat. Gegenüber einem Historiker nannte er diesen Grund: Auch Lenin habe den Staat zerstören wollen; auch Lenin habe alles zum Einsturz bringen und das Establishment zum Teufel schicken wollen.
    Globaler Krieg gegen den "islamischen Faschismus"
    Was ist das politische Credo dieses Mannes, der sich in kürzester Zeit eine Machtfülle verschaffte, die ihn zur Spinne im Netz des Weißen Hauses werden ließ? Wer wissen will, wo dieser Steven Bannon zu verorten ist und was er als seine Mission bezeichnet, kann sich im Portal Buzzfeed ein Bild davon machen: Dort gibt es den Mitschnitt einer Rede aus dem Jahre 2014, die Bannon via skype auf einer Konferenz des rechts-katholischen Human Dignity Instituts in einem Vatikan-Palast hielt und in der er seine Vision von einer "rechten Internationalen" entfaltete. Bannon sieht in der Krise der Kirche, des Glaubens, des Westens und des Kapitalismus die Ursache für den desaströsen Zustand der Welt. Bannon sieht die größte Gefahr für den "jüdisch-christlichen Westen", wie er sagt, im Islam. Er sieht die Welt am Rande eines globalen Krieges gegen den "islamischen Faschismus".
    Den Wahlkampf Donald Trumps, der ihn zielsicher ins Weiße Haus führte, inszenierte Steven Bannon mithilfe seiner Webseite Breitbart – und machte ihn zum ersten Wahlkampf in der amerikanischen Geschichte, in dem Lügen und Verschwörungstheorien als Mittel der politischen Auseinandersetzung hoffähig wurden. Breitbart-Redakteur Kurt Barbella schmiss damals das Handtuch und kündigte. Nun sitze Bannon mit Trump im Weißen Haus, sagt Barbella, und es sei Bannon, der den Präsidenten kontrolliere, manipuliere und forme – mithilfe Trumps könne Bannon die Welt nach seinem Willen verändern.
    Die republikanischen Parteifreunde Trumps mucken nicht auf
    Es ist nicht nur ein neuer Stil ins Weiße Haus eingezogen. Donald Trump schickt sich an, sein Land von Grund auf zu verändern und ihm ein nationalistisches Gesicht zu geben – mit noch unabsehbaren Folgen. Seine republikanischen Parteifreunde mucken noch nicht einmal auf – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. Doch der Bürgersinn erwacht. Und die Gerichte sind bereits alarmiert – das Einreiseverbot für Bürger aus sieben überwiegend islamischen Ländern haben mutige Richter erst einmal gekippt. Jetzt müsse sich erweisen, ob die rechtsstaatlichen Institutionen der Vereinigten Staaten stark genug sind, um sich der Angriffe auf die demokratische Verfassung zu erwehren, sagt Michael Werz.
    "Es ist genau die Frage, wie sehr sich die Checks and Balances, also die institutionelle Lebensversicherung, die in das politische System eingebaut sind, ob die sich in dieser Situation bewahrheiten."