" Weil an der Stelle die Europäische Union nicht scheitern darf, ohne sich bodenlos zu blamieren. Das heißt, es ist jedem glaube ich klar, der da hingeht oder der da Steuerungsfunktionen hat, dass das funktionieren muss. Dass man durchgreifen wird und nicht in eine Situation zu kommen, wie wir sie leider derzeit noch vorfinden. "
Höchste Zeit also für die Europäische Rechtsstaatsmission. 120 Tage Übergangszeit hatte sich die Europäische Union gegeben, um die Polizisten, Juristen und Verwaltungsfachleute aus allen 27 EU-Mitgliedsländern im Kosovo einsatzbereit vor Ort zu haben. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Gerade mal 300 der rund 2000 avisierten Eulex-Experten befinden sich nun im Kosovo, die Rechtsstaatsmission steckt immer noch im Aufbau. Die Europäer hatten ihre Rechnung ohne Moskau gemacht. Russland hat die Machtpolitik wieder entdeckt und blockiert im UNO-Sicherheitsrat als Verbündeter Serbiens alles, was es als Veränderung des bisherigen nichtstaatlichen Status des Kosovo sieht. Jan Marinus Wiersma, der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament:
" Wir haben immer gehofft, dass wir nach der Unabhängigkeit des Kosovo schnell in der Lage sein werden, die Unmik abzulösen und die Infrastruktur von Unmik zu übernehmen. Das war immer der Deal zwischen der EU und den Vereinten Nationen. Das geht jetzt nicht, weil es keine klare legale Basis gibt für die Stationierung von Eulex, weil es keine Übereinstimmung gibt im Sicherheitsrat in New York. "
Russland, das sich im Konflikt um Kosovo hinter Serbien gestellt hat, blockiert nun jeden Vorschlag, der die EU-Rechtsstaatsmission auf eine juristisch sicherere Grundlage gestellt hätte. Deshalb liegen die EU-Spitzen UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in den Ohren, er möge dafür sorgen, dass Eulex auf einer klaren legalen Grundlage im Kosovo arbeiten könne. Dabei kann die Unmik sich nicht ganz zurückziehen, denn sonst wäre Kosovo in vielen internationalen Gremien nicht dabei: Serbien und Russland erkennen nur die Unmik als Vertreter Pristinas an. Doch das monatelange Drängen der Europäer ist nicht ohne Wirkung auf Ban Ki Moon geblieben: Gestern teilte der UNO-Generalsekretär dem kosovarischen Präsidenten Sejdiu mit, Struktur und Profil des Einsatzes der Vereinten Nationen im Kosovo würden so umgebaut, dass die EU-Rechtsstaatsmission ihre geplante Rolle einnehmen könne, alles entsprechend der alten UN-Resolution 1244, das heißt, man muss die Russen nicht fragen. Die Umstrukturierung sei erforderlich, so Ban Ki Mon, weil am Sonntag die kosovarische Verfassung in Kraft trete. die Kosovo-Kennerin und grüne Europaabgeordnete Angelika Beer:
" Das alles spricht dafür, dass das Konstrukt, wie es ursprünglich geplant war von Eulex, in die Realität nicht umzusetzen ist, und jetzt wird man in dieser Not versuchen müssen, endlich das zu tun, was überfällig ist, nämlich alle Akteure zusammenzubinden. Dazu gehört die NATO, dazu gehört die EU, die Vereinten Nationen, um eine Struktur aufzubauen mit den Kosovaren, die Stabilität verspricht. "
Die Situation im Kosovo sei viel dramatischer, als man im Rest Europas glaube, berichtet Beer. Das Sicherheitsvakuum sei riesig, die NATO habe zu Recht gewarnt, dass sie nicht dafür da sei, Polizeiaufgaben zu übernehmen. Der Aufbau des kosovarischen Geheimdienstes, berichtet die Europaabgeordnete, sei nichts anderes als die Verstaatlichung der bestehenden Strukturen der organisierten Kriminalität im Kosovo. Soweit ist die Europäische Rechtsstaatsmission aber noch nicht: Sie organisiert derzeit noch Büros und Computer, und bemüht sich, die nationalen Experten zu bekommen, die sie braucht: zum Beispiel bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Die gewünschten deutschen Fachleute zögern, sich auf das Kosovo-Engagement einzulassen: Der Auftragsort ist ohnehin unsicher und alles andere als attraktiv, vor allem aber möchte gerade in diesem Bereich niemand auf einer wackeligen legalen Basis arbeiten.