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Strafzölle
Handelsstreit zwischen USA und China trifft auch deutsche Firmen

In den USA gelten jetzt Strafzölle für rund 800 chinesische Produkte. China hat prompt reagiert und schlägt nun seinerseits 25 Prozent drauf bei der Einfuhr etwa von Agrarprodukten aus den USA. Doch auch deutsche Unternehmen verkaufen Waren aus den USA nach China, zum Beispiel Autos.

Von Benjamin Eyssel | 07.07.2018
    Verkaufsmanager Xu Tau neben einem SUV GLE im Mercedes-Autohaus im Pekinger Stadtbezirk Haidian
    Verkaufsmanager Xu Tau neben einem SUV GLE im Mercedes-Autohaus im Pekinger Stadtbezirk Haidian (Deutschlandradio/ Benjamin Eyssel)
    Ein Mercedes-Autohaus im Pekinger Stadtbezirk Haidian. Blitzblank geputzt warten die neuesten Modelle auf mehreren Stockwerken auf Käufer. Die meisten Wagen des deutschen Herstellers, die hier ausgestellt werden, sind in China gebaut worden. Ein paar Modelle kommen aber auch aus Daimler-Werken in den Vereinigten Staaten. Für Fahrzeuge, die in den USA gebaut werden, wie das SUV GLE, kommen jetzt beim Einkauf 25 Prozent Zoll obendrauf, sagt Xu Tao, Verkaufsmanager im Autohaus:
    "Der Handelsstreit zwischen den Ländern wird uns Geschäftsleute am meisten betreffen. Wenn der Staat Einfuhrzölle erhebt, steigen für uns die Einkaufskosten. Am Ende wird der höhere Preis auf die Verbraucher umgelegt."
    Um wie viel die Autos letztendlich für die Käufer teurer werden, hänge auch davon ab, wie viel der Konzern davon abfedert, so Xu Tao. Auch die Händler hätten Spielraum.
    Deutsche Industrie in China ist besorgt
    "Das Inkrafttreten der Zölle am 6. Juli bedeutet eine neue Stufe der Eskalation." Hanna Müller vertritt den Bundesverband der Deutschen Industrie in China. Sie warnt vor Unsicherheiten für das globale Handelssystem: "Von zahlreichen deutschen Unternehmen, die in beiden Ländern Niederlassungen haben und Waren direkt aus den USA nach China oder in die entgegengesetzte Richtung verkaufen, werden die Maßnahmen auch mit größter Sorge betrachtet."
    Daimler hat erst vor kurzem eine Gewinnwarnung herausgegeben, unter anderem wegen des Handelsstreits. Auch BMW baut Autos in den USA, die in China verkauft werden.
    Die chinesische Reaktion kam prompt, kurz nachdem die USA ihre Zölle verhängt hatten. Im chinesischen Staatsfernsehen verliest die Ansagerin eine Erklärung. Die USA hätten den größten Handelskrieg in der Geschichte angezettelt. China habe keine andere Wahl als zum Gegenschlag auszuholen. Und so verhängt die Volksrepublik ebenfalls Einfuhrzölle auf US-Einfuhren in gleicher Höhe wie die USA.
    Chinas Premier sucht in Europa nach Verbündeten
    Eine Pressekonferenz in Sofia – nur wenige Stunden, nachdem die Zölle in Kraft getreten sind. Li Keqiang ist zu Gast in der bulgarischen Hauptstadt. Chinas Premierminister sucht in Europa Verbündete. Er trifft sich am Wochenende mit osteuropäischen Staats- und Regierungschefs. Anschließend fliegt Li Keqiang weiter nach Berlin, wo am Montag deutsch-chinesische Regierungskonsultationen stattfinden:
    "Wir sind der Meinung, dass ein Handelskrieg nie eine Lösung sein kann. China würde nie einen solchen starten, aber wenn andere einfach ihre Zölle erhöhen, dann wird die Volksrepublik darauf reagieren - um unsere Interessen zu schützen, um die Berechtigung und Wirkungskraft der Welthandelsorganisation aufrecht zu halten und um den multinationalen Handel zu schützen."
    Die chinesische Staats- und Parteiführung spricht schon jetzt von einem Handelskrieg. Nick Marro findet das verfrüht. Er ist Experte in Hongkong bei der Analysefirma Economist Intelligent Unit. Dafür seien die Zölle auf Waren in Höhe von rund 35 Milliarden US-Dollar zu niedrig. Wenn Donald Trump tatsächlich seine Androhung wahrmachen sollte und Zölle auf Waren in Höhe von 400 Milliarden Dollar einführt, hätte das weitreichende Konsequenzen, sagt der Analyst. Die weltweite Lieferkette würde unterbrochen, das Wirtschaftswachstum in China und den USA um ein paar Prozent einbrechen und vor allem die weltweite Sicherheit könne darunter leiden, so Nick Marro.
    Chinas Zölle sind sehr bewusst gewählt
    Bislang wird in China kein großer Schaden erwartet. Die von der Volksrepublik verhängten Zölle sind wohl ganz bewusst gewählt worden. Die Abgaben auf Agrarprodukte werden zum einen vor allem ländliche US-Bundesstaaten treffen, die Donald Trump gewählt haben. Zum anderen sind sie leicht zu ersetzen. China hat bereits die Einfuhrzölle auf Sojabohnen für viele asiatische Länder abgeschafft.
    Im Pekinger Mercedes-Autohaus erklärt ein Verkäufer einem jungen chinesischen Ehepaar aus der aufstrebenden Mittelschicht ihre neue E-Klasse. Der Zweitwagen für die Frau ist in China gebaut worden, Import-Zölle fallen auf ihn ohnehin nicht an. Wegen des Handelsstreits macht sich das Paar keine Sorgen – schon gar nicht wegen höherer Importzölle bei Autos. Wer sich einen Mercedes leisten kann, dem machen auch ein paar Prozent mehr Zoll nichts aus, sagt der junge Mann.