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Strahlenfänger für Solarzellen

Energie.- Bevor Lichtenergie in Strom gewandelt wird, wäre es sinnvoll, Sonnenstrahlen mit simplen optischen Strukturen zu bündeln. Spezielle Plastiklinsen sind eine Option dafür. Ein US-Chemiker schlägt nun aber viel filigranere Lichtfänger vor, die milliardenfach winziger sind.

Von Ralf Krauter | 28.12.2010
    Ein Haus mit Photovoltaikmodulen auf dem Dach.
    Ein Haus mit Photovoltaikmodulen auf dem Dach. (Schüco International KG)
    Der US-Amerikaner Michael Strano vom Massachusetts Institute of Technology bei Boston ist einer der führenden Experten für einen Werkstoff, dem Fachleute eine große Zukunft prophezeien: Die sogenannten Kohlenstoffnanoröhren. Diese filigranen Makkaroni sind tausendmal dünner als ein menschliches Haar und finden sich heute bereits in Hockeyschlägern und Karosserie-Bauteilen. Michael Strano will damit künftig auch bessere Solarzellen bauen. Den ersten Schritt dazu hat er kürzlich in der Fachzeitschrift "Nature Materials" beschrieben: Einen speziellen Faden aus Kohlenstoff, der Licht einfängt und bündelt.

    "Wir haben aus rund 30 Millionen Kohlenstoffnanoröhrchen einen Faden hergestellt. Das Besondere daran: Die Kohlenstoffnanoröhren, die wir für die äußere Schicht dieses Fadens verwendet haben, haben andere optische Eigenschaften als die Nanoröhren im Kern der Faser. Das hat zur Folge, dass Licht, das die Faser trifft, förmlich in sie hinein gesaugt und konzentriert wird. Wir haben also eine Antenne, die Photonen absorbiert."
    Die lichtfangenden Fasern sind vier Mikrometer dick, also vier Tausendstel Millimeter. Ihre optischen Eigenschaften so präzise einzustellen wie Michael Strano das jetzt gelungen ist, davon träumen Nanoforscher schon lange. Doch erst die technologischen Fortschritte der vergangenen Jahre machten das Kunststück möglich, erklärt der Chemikerprofessor.

    "Wenn man Kohlenstoffnanoröhren industriell herstellt, entsteht eine bunte Mischung verschiedener Typen davon. Mittlerweile können wir aus diesem Sammelsurium aber gezielt einzelne Typen heraus sortieren. Auf diese Weise lassen sich Materialien mit genau definierten elektrischen und optischen Eigenschaften herstellen. Für Chemiker ist das eine spannende Zeit: Wir haben erstmals Kohlenstoffnanoröhren in hoher Reinheit zur Verfügung."

    Bei den fadenförmigen Lichtantennen bestehen Kern und Mantel aus Kohlenstoffröhrchen mit unterschiedlichen optischen Merkmalen. Treffen Lichtteilchen auf die Hülle des Fadens, erzeugen sie dort Ladungsträger. Und zwar in Form von Elektronen-Loch-Paaren, den sogenannten Exzitonen – genau wie bei einer herkömmlichen Solarzelle.

    "Die Materialkombination ist so gewählt, dass die Exzitonen, einem Energiegefälle folgend, in die Mitte der Faser driften, wo sich Elektronen und Löcher dann wieder vereinigen und Licht aussenden. Die Lichtenergie wird also räumlich im Kern der Faser konzentriert. Für die Lichternte bietet das Vorteile. Man könnte diese antennenförmigen Strukturen auf konventionelle optoelektronische Bauteile aufbringen, um sie lichtempfindlicher und kompakter zu machen."

    Verbesserte Nachtsichtgeräte und Teleskope wären ebenso denkbar wie handliche Solarpanele auf Hausdächern, die von großformatigen Lichtantennen gespeist werden. Damit diese Visionen Wirklichkeit werden, hat Michael Stranos Team aber noch viel zu tun. Momentan gehen rund 13 Prozent der absorbierten Lichtenergie in den Faserbündeln verloren - für praktische Anwendungen zu viel. Aber: Neue Materialkombinationen könnten die Verluste der Lichtantennen schon bald auf unter ein Prozent drücken, hofft Michael Strano. Und plant schon den übernächsten Schritt.

    Photonenfänger für konventionelle Solarzellen zu bauen, reicht ihm auf Dauer nicht. Seine Vision sind völlig neuartige Lichtwandler, bei denen die Solarzelle im Zentrum der Kohlenstofffaserbündel steckt.