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Straßburg
Europaparlament stimmt für strengere CO2-Regeln bei Autos

Bis zum Jahr 2030 sollen Neuwagen und Kleintransporter 40 Prozent weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen - so der Wille des EU-Parlaments. Die Hersteller sollen außerdem mehr Pkw verkaufen, die wenig oder gar kein Kohlenstoffdioxid ausstoßen. Die Autobranche ist nicht begeistert.

Von Paul Vorreiter | 04.10.2018
    Blick in den Saal des EU-Parlaments während einer Abstimmung am 20.5.15
    35 Prozent der Neuwagen im Jahr 2030 solche sogenannte Niedrig- oder Nullemissionsfahrzeuge sein - wenn es nach dem EU-Parlament geht (dpa/Patrick Seeger)
    Die Entscheidung aus Straßburg sorgt bei der europäischen Automobilindustrie für Aufregung. Von "extrem aggressiven Zielen" spricht der europäische Herstellerverband ACEA. Arbeitsplätze seien in Gefahr. So wie die Autoindustrie hofft auch der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke darauf, dass es bei den Vorgaben aus Straßburg nicht bleibt:
    "Ich hoffe sehr, dass wir die Chance nutzen, im Rat dieses Verhandlungsergebnis signifikant zu verbessern, das Potenzial zu verbessern ist da, weil der Kompromiss heute unausgewogen ist."
    Der Kompromiss sieht vor, dass Neuwagen und Kleintransporter bis zum Jahr 2030 40 Prozent weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen sollen als im Jahr 2021. Vergleichswert dafür ist der Flottendurchschnitt, der in diesem Jahr nach EU-Vorgaben erreicht werden soll. Das sind 95 Gramm pro Kilometer.
    Hersteller sollen mehr Elektroautos verkaufen
    Allerdings handelt es sich dabei um einen Flottendurchschnitt, also nicht um den Ausstoß eines einzelnen Modells, sondern den Durchschnittswert der gesamten Flotte eines Herstellers. Heute liegt er bei gut 118 Gramm, ist zuletzt sogar wieder leicht gestiegen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Kunden sich öfter gegen den Diesel entscheiden und Benziner mit höherem CO2-Ausstoß kaufen.
    Die neuen Vorgaben aus Straßburg sehen auch vor, dass Hersteller dazu angehalten werden sollen, mehr Autos zu verkaufen, die wenig oder gar kein CO2 ausstoßen. Genau genommen sollen 35 Prozent der Neuwagen im Jahr 2030 solche sogenannte Niedrig- oder Nullemissionsfahrzeuge sein. Dazu zählen Elektrofahrzeuge, aber auch Gas- oder Hybridfahrzeuge, deren Ausstoß allerdings variiert. Für den Verkehrsexperten der SPD im Europaparlament, Ismail Ertug, sind diese Ergebnisse ein ausgewogener Kompromiss:
    "Wir waren uns von Anfang an klar, dass das, was unsere Kollegen von den Grünen fordern zu hoch sein würde, insofern, dass sie tatsächlich Arbeitsplätze vernichten und gleichzeitig, dass das, was die Union und die Konservativen größtenteils hier vertreten haben, zu einer klassischen Konzerninteressenpolitik verkommt."
    Aus Sicht der umweltpolitischen Sprecherin der Grünen, Rebecca Harms, hat das Parlament in Straßburg Schadensbegrenzung betrieben.
    "Es hätte viel schlimmer kommen können und das Europaparlament hat in der Auseinandersetzung um Klimainnovation in der europäischen Industrie immer die Kommission und den Rat getrieben und das muss auch in dieser Auseinandersetzung so sein."
    Mitgliedsländer sind in der Frage gespalten
    Aber wie sehr sich vor allem der Rat davon treiben lassen wird, ist noch ungewiss. Die Mitgliedsländer sind in der Frage gespalten. Manche wünschten sich ehrgeizigere Ziele, manchen geht das jetzige Votum zu weit.
    Am 9. Oktober legen die EU-Umweltminister fest, wie sie zu dem Abstimmungsergebnis aus Straßburg stehen. Deutschland macht sich für den weniger ambitionierten Kommissionsvorschlag einer Reduktion um 30 Prozent stark. Das Bundesumweltministerium hatte sich zwar zuvor für eine höhere Reduktion eingesetzt, in der Auseinandersetzung allerdings dann nachgegeben.
    Unabhängig davon, wie sich die Beteiligten auf europäischer Ebene entscheiden, können die Mitgliedsländer auch eigene Fakten schaffen. So will Dänemark Autos mit Verbrennungsmotoren von den Straßen verbannen: Bis 2030 soll der Verkauf von rein diesel- oder benzinbetriebenen Neu-Pkw auslaufen.