Freitag, 29. März 2024

Archiv


Straßenkampf in Wuppertal

In Wuppertal ist erneut ein Streit um die Namensgebung einer Straße entbrannt. Nach einigen Fällen von nach Nationalsozialisten benannter Straßen und der Schwierigkeit in Wuppertal als Widerstandskämpfer und Kommunist zu der Ehre eines Straßennamens zu kommen, soll der Platz vor dem Wuppertaler Schauspielhaus in Zukunft "Horst-Tappert-Platz" heißen.

Von Stefan Koldehoff | 19.02.2009
    Mit Straßen im eigenen Stadtgebiet hatte Wuppertal schon des Öfteren Pech. Jahrzehntelang war eine von ihnen nach dem Verkehrspolitiker Julius Dorpmüller benannt. Der war zwar im Stadtteil Elberfeld geboren, vor allem aber als Verkehrsminister im Kabinett Hitler auch für die Todeszüge nach Auschwitz verantwortlich. Trotzdem brauchte es erst massive Proteste und jahrelange Debatten, bevor seine Straße in "Wolkenburg" umbenannt wurde.

    An Ferdinand Sauerbruch, der im Stadtteil Barmen geboren wurde, 1942 als Mitglied des "Reichsforschungsrates" Gelder für Senfgasversuche an KZ-Häftlingen bewilligte und sich nach dem Krieg massiv gegen die Aufarbeitung der Beteiligung deutscher Ärzte an NS-Verbrechen engagierte, erinnert sogar nach wie vor das "Ferdinand-Sauerbruch-Klinikum".

    Als hingegen im Wuppertaler Stadtteil Ronsdorf eine Straße nach dem 1944 hingerichteten Widerstandskämpfer Eugen Schwebinghaus benannt werden sollte, lehnte die CDU/FDP-Mehrheit in der Bezirksvertretung diesen Vorschlag ab - weil der Mann Kommunist gewesen war. Man entschied sich stattdessen für einen verdienten FDP-Politiker als Namensgeber.

    Nun ist einigen Wuppertaler Politikern aufgefallen, dass auch der Platz vor dem Wuppertaler Schauspielhaus noch keinen Namen hat. Mit Hilfe der Bild-Zeitung gab es schnell einen Vorschlag, wie diesem Missstand abzuhelfen wäre. "Horst-Tappert-Platz" schlug die Verwaltung der zuständigen Bezirksvertretung Elberfeld vor. Schließlich sei der hier geborene "Derrick"-Darsteller wahrscheinlich der bekannteste Wuppertaler weltweit.

    Das habe so auch in der "Bild"-Zeitung gestanden. Friedrich Engels und Else Lasker-Schüler ließ man dabei geflissentlich außer acht. Nach beiden sind im Stadtgebiet allerdings auch bereits Straßen benannt. Hitlers willfähriger Propaganda-Bildhauer Arno Breker hingegen, 1900 in Wuppertal geboren, ging bislang, was Straßen angeht, leer aus. Ihn ehrt nur eine Nachkriegs-Skulptur vor einem humanistischen Gymnasium.

    Gegen den Tappert-Vorschlag protestierten sofort Historiker und Kulturschaffende. Sie verwiesen darauf, dass Tappert seine Heimatstadt schon früh verlassen und später keinerlei Bezug mehr zu ihr hatte. Dass auch sein mimisches Talent eher begrenzt war, deuteten sie nur vorsichtig an und verwiesen stattdessen auf tatsächlich bedeutende Bühnenschaffende aus der Stadt - Arno Wüstenhöfer zum Beispiel, Grischa Barfuss oder Pina Bausch. Die allerdings wird das Publikum, das den betroffenen Platz inzwischen hauptsächlich nutzt, wahrscheinlich gar nicht kennen. Das seit einigen Jahren an ihm gelegene Multiplex-Kino nämlich hat längst deutlich mehr Zuschauer als das benachbarte Schauspielhaus.

    Trotzdem wird zur Zeit überlegt, den Tappert-Vorschlag am Votum der Bezirksvertretung vorbei am 30. März in den Rat der Stadt einzubringen. Über einen "Wuppertaler Straßenkampf" spottet die "Wuppertaler Rundschau" und weist darauf hin, dass Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) im Herbst wiedergewählt werden will. Da komme der populistische Vorschlag gerade recht. Über einen Kulturdezernenten, der die Benennung verhindern könnte, verfügt die Stadt gerade nicht: Dem von der CDU nominierten Kandidaten hat die Bezirksregierung die Eignung bestritten und ihn für eine einjährige Lehrzeit nur kommissarisch bestätigt.

    Namensalternativen wären für Wuppertal allerdings durchaus vorhanden: Auch Erich Ribbeck, Tom Tykwer und Alice Schwarzer stammen aus Wuppertal. Und Erwin Lindemann wollte hier einst sogar gemeinsam mit dem Papst eine Herrenboutique eröffnen.