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Streit um Elbphilharmonie

Noch einmal 198 Millionen Euro will der Hamburger Senat ausgeben, um die Elbphilharmonie fertigstellen zu lassen. Jetzt verlangt die Opposition Akteneinsicht, um die Entscheidung der SPD-Regierung nachvollziehen zu können.

Von Axel Schröder | 23.01.2013
    Die Oppositionsparteien in der Hamburger Bürgerschaft waren sich heute ausnahmsweise mal einig. Die Linkspartei, die Grünen, FDP und CDU hatten zur gemeinsamen Pressekonferenz geladen. Einigkeit herrscht darüber, dass die alleinregierende SPD ihre Entscheidung, die Elbphilharmonie von der Firma Hochtief fertigbauen zu lassen, erklären müsse. Trotz der damit verbundenen neuerlichen Preissteigerung von fast 200 Millionen Euro. Anja Hajduk von den Grünen:

    "Wir finden, dass die 198 Millionen eine so große Summe sind, dass wir nachvollziehen müssen: warum überhaupt 198 Millionen? Weil das ein Preis ist, der so hoch ist, dass die Bürgerschaft nach unserem Verständnis die Pflicht hat, diese Summe wirklich nachvollziehen zu können und für diese Summe auch eine Begründung zu erfahren."

    Die Oppositionsparteien stellen deshalb einen Antrag auf Aktenvorlage. Sie wollen Einblick in die Gutachten und Beratungen haben, die zur Entscheidung für Hochtief geführt haben. Dazu soll der Senat all jene Akten der Opposition zur Einsicht überlassen, die zwischen April bis Dezember 2012 angelegt wurden. Denn auch wenn der Bürgermeister Olaf Scholz immer wieder versichere, sich die Entscheidung nicht leicht gemacht zu haben, blieben seine Argumente unklar, so Dietrich Wersich von der CDU:

    " Er hat uns nicht erläutert, was die Alternativen zum Angebot von Hochtief sind. Er hat uns weder genaue Zahlen genannt über die Frage des Weiterbaus durch die Stadt selber, welche Gutachten, welche Einschätzungen dazu aus den Behörden vorgelegen haben. Das heißt, er hat nur eine Schein-Transparenz über die Alternativen hergestellt."

    … und wenn es bei dieser "Schein"-Transparenz bleibe, könne die Opposition einem neuen Vertrag mit Hochtief nicht zustimmen. Dieser Vertrag soll bis Ende Februar unterschriftsreif sein. Dann solle ein Festpreis feststehen, der diesen Namen tatsächlich verdiene, heißt es vom Senat. Das ist auch dringend nötig, denn so einzigartig das Projekt der Hamburger Elbphilharmonie ist, so unendlich ist auch die Geschichte seiner Kostensteigerungen und der immer neuen, mittlerweile auf Mitte 2016 verschobenen Eröffnungstermine. Geplant war das erste Konzert für das Jahr 2011, kosten sollte der Bau 77 Millionen Euro. Ende 2010 war klar: Es werden über 320 Millionen Euro. Unter anderem deshalb, weil es immer wieder zu Verzögerungen beim Bau kam. Nicht zuletzt durch ewige Streitereien zwischen der sogenannten Realisierungsgesellschaft der Stadt, den Stararchitekten Herzog und de Meuron und dem Baukonzern Hochtief. Ein Jahr lang ruhten alle Arbeiten, weil sich die Beteiligten nicht einigen konnten, ob denn die Dachkonstruktion wirklich halten werde. Mittlerweile ist klar: Das Dach hält, die Bauarbeiten gehen weiter.

    Zweifel haben CDU, FDP, Grüne und Linkspartei auch daran, ob es wirklich bei einem Plus von 198 Millionen Euro bleibt. Denn schon vor Wochen musste der Senat einräumen, dass es sich dabei um einen Netto-Betrag handelt und wie viele Steuern noch dazu kämen, könne man noch nicht sagen. Und dazu kämen noch Kostensteigerungen durch die Verschiebung des Eröffnungstermins, so Dietrich Wersich von der CDU:

    "Die SPD hat den Bau mit einer Verzögerung von 14 Monaten übernommen. Wir sind jetzt bei 55 Monaten. Auch da werden ja Kosten verursacht. Bis hin dazu, dass die Stadt offenbar bereit ist, auf die bereits jetzt fällige Vertragsstrafe von 40 Millionen Euro zu verzichten. Und möglicherweise Schadensersatzforderungen aufgrund der bisherigen Verträge im hohen zwei- bis dreistelligen Bereich."

    Wersich warnt: Schon heute sei absehbar, dass sich die Elbphilharmonie nicht um 200, sondern eher um 300 Millionen Euro verteuern werde. Denn auch die Planungen für die Akustik des Konzertsaals, für die der Japaner Yasuhisa Toyota zuständig ist, seien noch lange nicht abgeschlossen. Und Hochtief verlangt, im neuen Vertrag von der Verantwortung für die Akustik des Saals befreit zu werden. Dafür könne man keine Garantien übernehmen, heißt es. Die SPD reagierte gelassen auf die Initiative der Opposition: Natürlich werde man alle Akten vorlegen. Allerdings nicht bis Ende Februar, wie von der Opposition gefordert. Dafür sei die Zeit viel zu knapp. Und am Ende, so der Sprecher der SPD-Fraktion, Claas Ricker, bräuchte man die Opposition für einen neuen Vertragsabschluss gar nicht. Immerhin regiert die SPD in Hamburg mit absoluter Mehrheit.