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Streit zwischen Türkei und Niederlande
Erdogan legt nach

Der Wahlkampf türkischer Politiker in Europa hat zu einem schweren Zerwürfnis zwischen der Türkei und den Niederlanden geführt. Nun hat der türkische Präsident Erdogan nachgelegt: Die Niederlande müssten bezahlen für das, was sie getan hätten.

Von Christian Buttkereit | 13.03.2017
    Erdogan spricht mit erhobenem Zeigefinger an einem Rednerpult.
    Der türkische Präsident Erdogan nannte in seiner Rede in Istanbul die Niederlande eine "Hochburg des Faschismus". (AP/dpa - Bildfunk)
    Wer im Streit zwischen den Niederlanden und der Türkei auf Entspannung setzt, musste sich vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan eines Besseres belehren lassen. Auf einer Veranstaltung im westtürkischen Kocaeli machte Erdogan am Sonntag deutlich, dass ihm an Entspannung offenbar nicht gelegen ist:
    "Der niederländische Premierminister Rutte hat in einer Stellungnahme gesagt, er wolle die Beziehungen zur Türkei wieder normalisieren. Moment, Moment: Zahlt zuerst den Preis, für das, was ihr getan habt."
    Energieminister Bayraktar spricht von einer Nacht der Schande für Holland
    Die Niederlande hatten am Samstag zuerst dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Landeerlaubnis entzogen. Anschließend hatten sie der türkischen Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya den Zugang zum türkischen Konsulat in Rotterdam verwehrt und sie zurück zur deutschen Grenze eskortiert, von wo sie gekommen war. Bei ihrer Rückkehr nach Istanbul erhob Kaya schwere Vorwürfe:
    "Das Verhalten der Niederlande verstößt gegen Menschenrechte und Demokratie. Sie haben unsere Rechte und unsere Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die Art und Weise, mit der sie eine Ministerin aus dem Land geworfen haben, war inhuman und unethisch. dafür verurteile ich sie."
    Energieminister Berat Bayraktar, der Kaya am Flughafen in Empfang nahm sprach von einer Nacht der Schande für Holland. Die Niederländische Regierung hatte ihr Vorgehen unter anderem mit Sicherheitsbedenken begründet. Die Veranstaltung im Konsulat sei für einen kleinen Kreis geladener Gäste angemeldet worden. Stattdessen habe es von türkischer Seite den Aufruf gegeben, massenhaft zu kommen. Staatspräsident Erdogan ging deshalb in Kocaeli mit den Niederlanden scharf ins Gericht:
    "Die Niederlande benehmen sich nicht wie ein EU-Land, sondern wie eine Bananenrepublik. Die Welt ist Zeuge, dass diejenigen, die uns seit Jahren Lektionen in Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie erteilen, selbst weit von diesen Werten entfernt sind. Jetzt versuchen sie ihr schlechtes Benehmen zu rechtfertigen. Doch das kann nicht vertuschen, was dort passiert ist. Was sie getan haben, ist ein Skandal."
    Protest-Demonstrationen in der Türkei
    In einer ersten Reaktion hatte Außenminister Cavusoglu den Geschäftsträger der niederländischen Botschaft in Ankara einbestellt. Dabei hatte er deutlich gemacht, dass der niederländische Botschafter, der sich derzeit außerhalb der Türkei aufhält vorerst nicht wieder dorthin zurückkehren kann. Während Cavusoglu am Sonntag in Frankreich reden durfte, sprach sich die dänische Regierung dafür aus, einen für diese Woche geplanten Besuch des türkischen Premierministers Binali Yildirim zu verschieben. Yildirim hatte ebenso wie Erdogan und Cavusoglu harte Sanktionen gegen die Niederlande angekündigt. Worum es sich dabei handeln könnte, ist bisher unklar.
    Die Nato-Partner Niederlande und Türkei arbeiten auch in der Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zusammen. In den gegenseitigen Handelsbeziehungen übertreffen die holländischen Ausfuhren in die Türkei die türkischen Exporte um etwa das doppelte. Die Niederlande liefern in die Türkei vor allem chemische Produkte, Arzneimittel und Kaffee. Als Protest gegen den Umgang der Regierung in Den Haag mit türkischen Politikern kam es in der Türkei am Wochenende zu kleineren Demonstrationen von der Botschaft in Ankara und dem Generalkonsulat in Istanbul.