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Streitbarer Politiker
Horst Seehofer wird 70

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident und aktuelle CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer wird heute 70 Jahre alt. Seehofer hat ein langes, bewegtes politisches Leben hinter sich. Am Ende der laufenden Legislaturperiode will Seehofer mit der Politik aufhören - zumindest hat er das angekündigt.

Von Katharina Hamberger | 04.07.2019
Das Foto zeigt Bundesinnenminister Horst Seehofer vor der Bundespressekonferenz, während er Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität 2018 vorstellt.
Zum 70. Geburtstag will der Innenminister verschwinden - wohin will er nicht verraten. (dpa-Bildfunk / Wolfgang Kumm)
Ruhig und ganz unaufgeregt will Horst Seehofer seinen Geburtstag verbringen – die vergangenen Jahre in seiner politischen Karriere waren allerdings oft das Gegenteil.
"Deshalb das schnurrende Kätzchen – auch wenn ich nicht immer der Inbegriff dieser Gattung war."
Seehofer bei einem Parteitag 2013, er steht im Zenit seiner Macht: Seit der Landtagswahl im selben Jahr konnte die CSU in Bayern wieder allein regieren – mit ihm als Ministerpräsidenten. Damit war er – zumindest für den Moment – auch unangreifbarer CSU-Chef, mit der längsten Amtszeit – nach Strauß:
Seehofer: "Insgesamt waren es mehr als zehn Jahre, genau 3739 Tage."
Hat Seehofer gezählt. Das schnurrende Kätzchen versprach er 2013 Kanzlerin Angela Merkel. Lange gehalten hat das nicht.
"Dass wir weiterreden über diese Obergrenzen."
Zwei Jahre später schon stand die Kanzlerin bei einem Parteitag neben ihm auf der Bühne und musste mit versteinerter Miene eine Rede Seehofers über sich ergehen lassen. Es folgte ein langer Streit zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik – Seehofer war einer der Hauptakteure. Vergangenes Jahr brach deshalb fast die Fraktionsgemeinschaft der Schwesterparteien auseinander. Seehofer drohte sogar mit Rücktritt - trat davon aber wieder zurück. Es war auch der Anfang vom Ende einer langen Parteikarriere.
In der Partei nicht unumstritten
1971 trat der Ingolstädter in die CSU ein, 1992 wurde er Gesundheitsminister, anschließend Unionsfraktionsvize – 2002: eine Auszeit wegen einer lebensgefährlichen Herzmuskelentzündung. Aber er kam zurück. 2004 der erste große Krach – auch mit Merkel. Wegen des Streits um die sogenannte Kopfpauschale gab er sein Amt als Fraktionsvize auf. Seehofer sei ein Herz-Jesu-Sozialist spottete so mancher. Für die Sozialpolitik schlägt Seehofers Herz auch nach wie vor.
"Verachtet mir dir kleinen Leute nicht"
Gab er seiner Partei in diesem Jahr als Abschied als einzigen Wunsch mit auf den Weg.
2005 wurde er Landwirtschaftsminister und 2008 dann CSU-Chef und Bayerischer Ministerpräsident. Seehofer gilt er als einer, der Stimmungen gut wahrnehmen kann – er spricht von einer Koalition mit der Bevölkerung. In der Partei war er dennoch nicht immer unumstritten, galt manchen als zu sprunghaft, aber der Erfolg trug ihn. Selbst als er herb austeilte, wie auf einer Weihnachtsfeier 2012. Söder warf er unter anderem Schmutzeleien vor. Das ganze vor Journalisten. Als Ministerpräsident macht ihn das erfolgreich. Später als Innenminister stand ihm sein Auftreten auch im Weg:
"Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69, das war von mir nicht so bestellt, Personen nach Afghanistan zurück geführt worden", sagte er fast vor rund einem Jahr. Kritik an dieser Äußerung wies er zurück.
Vom Herz-Jesu-Sozialisten zum Erfahrungsjuristen
Seehofer kokettierte immer mal wieder mit seinem Rücktritt. 2017 wurde aus diesen Spielchen ernst. Nach der Bundestagswahl musste er sein Amt als Ministerpräsident abgeben – an seinen Dauer-Widersacher Söder und wechselte nach Berlin als Innen- Bau- und Heimatminister. Vom Herz-Jesu-Sozialisten zum Erfahrungsjuristen, wie er sich selbst nennt. Schon in den ersten Wochen folgte der Streit mit der CDU über die Zurückweisungen an der Grenze und die Landtagswahl endete für die CSU alles andere als wünschenswert. Anfang 2019 musste Seehofer deshalb auch als Parteichef gehen. Das Abschiedsgeschenk: ein Modell der CSU-Landesleitung und die Ernennung zum Ehrenvorsitzenden.
"Es steht glaub ich in der Satzung als Ehrenvorsitzender kann man nicht mehr kandidieren, Horst, gell!"
Frotzelte Söder. Aus der Parteiarbeit scheint sich Seehofer weitgehend zurückgezogen zu haben, ist nur noch Innenminister. Es heißt, er wäre seit dem bei keiner Vorstandssitzung der CSU mehr aufgetaucht. Streit gibt es nun vor allem auf inhaltlicher Ebene, über Merkel sagte er sie sei die Beste. 2021, falls die Große Koalition bis dahin hält, will Seehofer sich dann auch zurückziehen aus der Politik. Zumindest hat er das angekündigt. Bis dahin habe er noch ein großes Werk zu verrichten.