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Streitthema City-Maut

Singapur hat sie bereits. London auch. Jetzt wird sie für deutsche Städte ins Gespräch gebracht: Die City-Maut - der Wegezoll für Autos, die in die Innenstädte einfahren wollen. Bei der Bund-Länder-Konferenz der Verkehrsminister in Cottbus sorgt das Thema für Zündstoff.

Von Axel Flemming | 05.10.2012
    City-Maut, das Modell entzweit Länder und Experten. Den deutschen Städten fehlen Milliarden, um ihre Verkehrswege zu modernisieren, viele Gemeinden flicken nach dem Motto: Loch an Loch und hält doch. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sprach sich beim Treffen mit seinen Ressortkollegen in Cottbus dafür aus, Kommunen das Recht zum Erheben von Gebühren zu geben.

    "Die Verkehrsmenge wird reduziert, der Staus wird bekämpft, und auf der anderen Seite bekommt eine Kommune einnahmen, die sie dringend braucht um ihren öffentlichen Verkehr besser auszubauen."

    Unterstützung bekommt er von seinem Parteifreund Anton Hofreiter, dem Vorsitzenden des Bundestagsverkehrsausschusses, der die City-Maut besonders für größere Städte mit relativ hohem Verkehrsaufkommen für zweckmäßig hält. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) will keine Denkverbote. Sein Thüringer Kollege Christian Carius (CDU) kann sich eine stärkere Nutzerfinanzierung vorstellen. Und Thomas Webel aus Sachsen-Anhalt sagt:

    "Ich stehe allen Finanzierungsmöglichkeiten aufgeschlossen gegenüber, wenn sie zweckgebunden für die Straßen eingesetzt werden."

    Autoclubs warnen dagegen vor neuen Lasten für Autofahrer. Christian Schäfer vom ADAC Hansa:

    "Natürlich muss mehr Geld für die Kommunen bereit gestellt werden vom Bund, aber der hat das Geld ja entsprechend über die Mineralölsteuer über die Ökosteuer und über die LKW-Maut eingenommen, und die gilt es dann auch entsprechend für die Projekte einzusetzen."

    Der Deutsche Städtetag kritisiert, eine City-Maut werde nicht zu einer Verbesserung der Verkehrssituation führen, Stadtzentren drohten außerdem als Einkaufs-und Freizeitstandorte an Attraktivität zu verlieren. Offene Ablehnung gibt es auch aus Bayern sowie aus den Stadtstaaten Hamburg und Berlin.

    "Die freie und Hansestadt lehnt die City-Maut ab, das steht bei uns im Arbeitsprogramm des Senats und ist klare Position des Bürgermeisters."

    "Weil noch gar nicht hinreichend geprüft ist, wie man mit anderen Einnahmequellen auch umgehen kann, wie man Kfz-Steuer anders verteilt, wie man aber zum Beispiel auch mit Ausbaustandards umgeht, ob es also wirklich nötig ist eine City-Maut oder wenn man’s weiter denkt eine Pkw-Maut einzuführen, dafür sehe ich im Moment überhaupt keinen Grund..."

    ... und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hält sich bei der Diskussion über die City-Maut zurück, er ist für eine Pkw-Vignette auf Autobahnen, auch wenn das nicht die offizielle Position der Bundesregierung ist. Auch der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Jörg Vogelsänger (SPD) bremst die Erwartungen an eine City-Maut und hofft auf einen Positionswechsel auf der Bundesebene:

    "Es gibt viele viele Länder, die eine Pkw-Maut oder Pkw-Vignette haben und auch da wird es einen Abgleich in Europa geben. Die Verteilung wird natürlich dann eine spannende Diskussion, weil sicherlich der Bund mehr für sich beansprucht als die Länder das so sehen." Sympathie für eine mögliche City-Maut hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND generell. Tilmann Heuser vom BUND-Brandenburg lobt die Modelle in London und Stockholm.

    "Man muss aber ganz klar sagen, für Deutschland ist aufgrund der Struktur der Städte nur bedingt geeignet. Wir haben doch relativ kleine Stadtkerne, wo es schwer wird, den Raum für die Maut abzugrenzen. Stockholm hat zum Beispiel eine großen Ring um die Stadt, da sieht es in Berlin und Hamburg anders aus, weil ich hier auch nicht das Zentrum alleine hab. Da macht es einfach keinen Sinn, eine City-Maut einzuführen."

    Die Länder beklagen, dass ihnen jährlich sieben Milliarden Euro für Investitionen fehlen. Heuser sieht in dem knapper werdenden Geld für die Verkehrsminister auch eine Chance für die Natur:

    "Hier hat die knappe Finanzsituation natürlich wirklich den Vorteil, dass man viele Projekt noch mal massiv auf den Prüfstand stellen muss und dass gerade naturunverträgliche Projekte wie zum Beispiel der Bau der A14 zwischen Magdeburg und Schwerin oder der A100 in Berlin - dass darauf verzichtet wird."

    Weitere Themen der Verkehrsminister: Helmpflicht für Radfahrer, mehr Transparenz bei Benzinpreisen und die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes; auch da fehlt künftig Geld für Investitionen in die Wasserstraßen der östlichen Länder.