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Strom aus dem Auspuff

Energie.- Mit der sogenannten Thermoelektrik lässt sich aus Wärme Energie zurückgewinnen. Das ist für die verschiedensten Forschungsgebiete eine extrem nutzbare Erkenntnis. Besonders die Autoindustrie möchte davon profitieren - um Hybridfahrzeuge anzutreiben. Auf der Internationalen Thermoelektrik-Tagung in Freiburg stand das Thema im Mittelpunkt.

Von Mathias Schulenburg | 28.07.2009
    Thermoelektrische Materialien sind Festkörper, die am einen Ende heiß, am anderen kalt werden, wenn sie ein elektrischer Strom durchfließt. Umgekehrt ruft ein Wärmefluss eine nutzbare elektrische Spannung hervor. Der erste Effekt wird, nach seinem Entdecker, Peltier-Effekt genannt, der umgekehrte Fall Seebeck-Effekt. Das lebhaft gestiegene Interesse für thermoelektrische Materialien, sagte Elmar Wagner, Leiter des Fraunhofer Institutes für Physikalische Messtechnik in Freiburg und Veranstalter der Tagungen, habe seinen Grund in einer deutlichen Effizienzsteigerung des zunächst nur unbefriedigend arbeitenden Seebeck-Effektes,

    "denn die natürlich vorkommenden Materialien sind beschränkt in ihrer Effizienz. Und erst seit 15 bis 20 Jahren zeigt sich, dass man mit künstlich hergestellten Materialien, wo man die thermische und die elektrische Leitfähigkeit getrennt und gezielt beeinflussen kann, neue Eigenschaften züchten kann und plötzlich steigt die Effizienz der thermoelektrischen Elemente so, dass es interessant ist, aus Wärme elektrische Energie rückzugewinnen."

    Ein wichtiger Aspekt der neuen Materialien: Sie sind in der Regel im Nanometermaßstab feinst strukturiert, bestehen also aus nanometerfeinen Schichten oder zusammengebackenen Pulvern, deren Körner zuvor nur wenige Nanometer fein waren. Diese Art Strukturkur reicht mitunter, um altbekannten Materialien wie Wismut-Antimon-Tellurid einen Performance-Sprung zu verpassen, und das macht den Fachleuten Mut. Und es gibt einen zweiten Grund, weshalb Thermoelektrik wieder interessant wird, sagt Elmar Wagner:

    "Erstens war die Energie bislang relativ billig, so dass man sich um Prozent-Ersparnis nicht so sehr kümmern musste, aber ich glaube, allen ist klar, dass wir das Problem, Energieressourcen zu schonen, nicht mehr loswerden. Deswegen kümmert man sich auch um sekundäre Effekte, nämlich Abwärme zu nutzen und wieder rückzuwandeln in Energie, die wir nutzen können, zum Beispiel elektrische Energie."

    Ein sehr wichtiges Feld der Thermoelektrik werde auch die Gewinnung der winzigen Energiemengen sein, die man braucht, um moderne Sensoren zu betreiben, die sich per Funk mitteilen:

    "Dadurch ist es möglich, Sensornetzwerke zu installieren, die energieautark sind und keine Verdrahtung benötigen. Sie nehmen die Energie aus der Umwelt und das ist eine Anwendung, die sehr stark im Kommen sein wird, denn diese selbst vernetzenden energieautarken Systeme haben ja nur Sinn, wenn sie dann nicht angeschlossen werden müssen über ein Kabel."

    So könnte eine Flugzeughaut künftig mit Sensoren bestückt sein, die über die Intaktheit der Flugzeughülle Auskunft geben, angetrieben von den Temperaturdifferenzen an der Hülle. Gerhard Buschmann, bei der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr, IAV, zuständig für die Entwicklung von Dieselmotoren, sieht die Thermoelektrik künftig im großen Maßstab in die Automobiltechnik einziehen, denn mit thermoelektrischen Generatoren sollte sich ein Teil der großen Mengen an Abwärme, die ein Verbrennungsmotorfahrzeug produziert, dem entsprechen mindestens zwei Drittel des Energiegehaltes des verbrauchten Kraftstoffs, verbrauchsmindernd als elektrische Energie zurückgewinnen lassen:

    "Hier haben wir im Moment noch ein Problem in Fahrzeugen, wir gewinnen die Elektrizität, die wir brauchen für die Autos und das wird immer mehr, besonders bei Hybridfahrzeugen, die gewinnen wir mit einer ziemlich archaischen Methode, indem wir halt einen Generator nehmen, der mechanisch angetrieben ist und schon von vornherein Energie verliert und dann noch einen nicht so hohen Wirkungsgrad hat. Wenn wir also diese Elektrizität direkt gewinnen können, aus Abfall: super."