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Stromberg-Film
Der Bürofiesling auf verwackelter Kinoleinhand

Ein Experiment mit dem Zuschauer will Arne Feldhusens Kinokomödie "Stromberg" nach der gleichnamigen Fernsehserie sein. Allerdings wirken die Pseudo-Doku-Effekte der Serie auf der Kinoleinwand nicht.

Von Josef Schnelle | 20.02.2014
    Szene aus "Stromberg - Der Film": Der Schauspieler Christoph Maria Herbst sitzt als Versicherungsangestellter Bernd Stromberg an seinem Schreibtisch und hebt den Finger.
    Der Schauspieler Christoph Maria Herbst als Versicherungsangestellter Bernd Stromberg. (picture alliance / dpa / Brainpool / Willi Weber)
    "Mein Name ist Bernd Stromberg. In meiner Schadensregulierung sorge ich dafür, dass der Spaß bei der Arbeit nicht zu kurz kommt."
    Etwa zur gleichen Zeit als Carl Benz den PKW erfand, kam Friedrich Sonnecken auf die Idee zum Aktenordner und zum Locher. Auf diesen Säulen ruht bis heute die Bürokultur. Von der kleinsten Firma bis zu Milliardenkonzernen beherrscht sie das Leben der Menschen. Daraus eine Sitcom zu machen, gehört zu den wenigen guten Ideen des Privatfernsehens. Entsprechend erfolgreich war sie auch und machte Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst zu einer Kultfigur.
    "Egal, was sonst ist. Die tragenden Wände im Leben eines Mannes, die stehen doch im Büro."
    Stromberg wendet sich, das gehört zu den Markenzeichen der Serie, immer wieder mit seinen Kommentaren direkt ans Publikum. Er ist ein echtes Ekel und für seine Mitarbeiter eine wahre Prüfung. Denn neben dem Zweck einer Firma geht es doch im Büroalltag immer auch um den manchmal lästigen menschlichen Faktor. Besonders deutlich wird das bei Betriebsfeiern. Eine solche steht zum Entsetzen von Bernd Stromberg, zum 50. Jubiläum der Capitol-Versicherung an. Von einem Handwerker erfährt er auch noch, dass seine Filiale geschlossen werden soll. Er muss also auf der Betriebsfeier bei den anwesenden Chefs um einen neuen Job buhlen. Sein Stellvertreter studiert derweil mit dem Chor schon unbekümmert mal ein Lied ein.
    Verluste beim Medienwechsel
    Wie schafft man es, ein durchaus erfolgreiches Fernsehformat ins Kino zu bringen? Das ist bisher nur wenigen gelungen. Selbst die Komödienstars Loriot und Gerhart Polt sind daran gescheitert. Kinofilme brauchen einen mindestens 1,5 Stunden langen Atem und die schnellen Witze des Pantoffelkinos sind daher kaum geeignet, im Kino genauso gut zu reüssieren.
    Die Kinobilder müssen außerdem größer, weiter und anders sein. Und die Dramaturgie unterscheidet sich im Rhythmus und in der Zuspitzung der Gags und der Pointen stark von der des Fernsehens. Immerhin wollten diesen Kinofilm nach einer Fernsehserie, die auf der BBC-Serie "The Office" beruht, so viele Fans sehen, dass das "Crowdfunding" – das Einsammeln von Kleinbeträgen übers Internet - glatt eine Million zusätzlicher Produktionsmittel einbrachte.
    Kino ist nämlich auch wesentlich teurer als Fernsehen. Der Pseudo-Dokustil des Reality-TVs mit verwackelter Kamera und scheinbar improvisierten Szenen, dem sich die Fernsehserie verschrieb, wirkt auf der großen Kinoleinwand kaum noch. Auch das rasche Tempo der Situationsgags und der kleinkarierte Boulevardstil der Darstellung im epischen Kinozusammenhang verstört eher.
    Wie das ängstliche Pfeifen im Wald klingen daher die Erfolgsmeldungen des Verleihs schon nach der Vorpremiere des Films in Köln und anderswo. "Stromberg - der Film" ist ein Experiment mit dem Zuschauer. Gibt es für eingeführte Fernsehgeschichten ein Publikum im Kino? Demnächst also Tatorte oder Talkshows im Breitwandformat? Vielleicht ist es ja nur eine Geschmacksfrage, wie viele blöde Witze man im Kino erträgt. Auf jeden Fall gehört "Stromberg" aber in die Kategorie "Filme, die die Welt nicht braucht" und ist keinesfalls eine intelligente Situationskomödie, die das deutsche Kino bereichern würde.
    Im Zuge der Betriebsfeier im Landhotel wird Stromberg gewahr, dass seine schöne kleine Welt der Versicherungsfiliale bald der Vergangenheit angehören könnte. Zwischen Saufgelage und Rebellion entwickelt sich die Feier zu einem Albtraum, nicht nur für Stromberg.
    Eingefleischte Fans der Fernsehserie mögen den Kinofilm als Erfüllung all ihrer Wünsche sehen und weitere Folgen herbeisehnen. Man kann nur hoffen, dass sich der Kassenerfolg des Films in Grenzen hält und wir von weiteren Filmen dieser Machart verschont bleiben. Immerhin gelingt es "Stromberg" zwischen billigen Gags und peinlichen Ausrastern gelegentlich ein paar philosophische Weisheiten unters Volk zu bringen.
    "Die, die die Inder, die haben's gut, die glauben an Wiedergeburt. Da kannst du ein Leben verschwenden und machst es beim nächsten Mal einfach besser. Aber wir hier haben ja nur einen Versuch, nur ein Leben und das ist oft kürzer als ein Zwerg."