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Stromerzeugung
Frankreich setzt auf Biogas

Die Energiegewinnung aus Biogas ist in Frankreich noch nicht sehr verbreitet. Das soll sich aber ändern. Dabei richten die Franzosen den Blick auch auf Deutschland, um aus Erfolgen und Fehlern zu lernen. Bei einer Tagung tauschten sich Experten beider Länder aus.

Von Suzanne Krause | 02.03.2015
    Hinter einem ellenlangen Kuhstall und inmitten weiter Felder stehen zwei hohe Rundbauten mit spitzem Zeltdach, Zirkuszelten ähnlich: die Methanisierungs-Anlage. In der dritten Generation betreiben die Brüder Quaak den großen Hof, bauen Getreide an, züchten Rinder. Und produzieren seit eineinhalb Jahren Biogas. Mauritz Quaak steht vor Bergen an Nachschub für die Biogas-Anlage: alles stammt von seinem Hof.
    "Hier vorne lagert Getreidestaub, daneben Mark von Zuckerrüben und Stalldung, sowie Silo-Mais und brasilianischer Hafer."
    Also Energiepflanzen, wirft ein deutscher Besucher ein. Quaak stellt klar: die Pflanzen für die Methanisierungs-Anlage stammen aus Zwischenkulturen. Ganzjährig Felder für den Betrieb der Biogas-Anlage zu bestellen, ist ihm verboten. Das Phänomen der Vermaisung, in Deutschland heute heftig kritisiert, ist in Frankreich unbekannt. Und: die Quaaks nutzen ihr Biogas nicht zur Elektrizitätsproduktion - Atomstrom ist billiger. Doch das Land hat keine eigenen Gasvorkommen. So speisen die beiden Landwirte ihr Biogas direkt in die Erdgasleitung ein. Und beliefern sechs Dörfer im Umkreis.
    "Heute deckt unsere Produktion den Bedarf von 1.500 mittleren Haushalten außerhalb der Hochsaison."
    8.000 Anlagen in Deutschland
    Fünf Jahre brauchten die Brüder Quaak für den Aufbau ihrer Bioenergie-Anlage: Bei Projektstart existierte noch kein gesetzlicher Rahmentext. Die beiden Pioniere sind Mitgründer eines Vereins, dem 140 Landwirte, die auf Methanisierung setzen, angehören. Landesweit sind sechs Anlagen angeschlossen, doch mindestens weitere 122 in Planung - Deutschland hingegen verfügt schon über 165 Biomethan-Anlagen mit direkter Gaseinspeisung, resümiert Thibaut Chapron vom deutsch-französischen Büro für Erneuerbare Energien.
    "Insgesamt Biogas-Anlagen, also mit Kraft-Wärme-Kopplung, gibt es ungefähr 400 in Frankreich, was, wenn man sich den Stand in Deutschland anschaut, auch viel weniger ist, wo es insgesamt 8.000 Anlagen gibt. Da ist eine ganz andere Dynamik in beiden Ländern und die Entwicklung ist ganz anders. Aber wir versuchen, da Anknüpfungspunkte zu finden und aus den Erfahrungen, die beide Länder machen, zu lernen."
    Dieses Ziel motiviert auch Carsten Herbes. Herbes ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen und forscht zur Vermarktung der Erneuerbaren Energien. Bei der Pariser Biogas-Tagung berichtete er den französischen Teilnehmern von Fehlern, die in Deutschland gemacht wurden.
    "Ein konkretes Beispiel ist, sich komplett auf politische Unterstützungsinstrumente zu verlassen. Wir haben ja gesehen, wie schnell das in Deutschland wechseln kann. Von daher ist es sicherlich nicht schlecht, wenn man in Frankreich an einem etwas früheren Zeitpunkt auch dazu übergeht, tatsächlich für Biomethan echte Vermarktungspfade zu eröffnen, nämlich solche, die unabhängiger sind von staatlichen Unterstützungen und sich mehr auf die Präferenzen der Konsumenten verlassen."
    Anfrage vom deutschen Discounter
    Die französische Pionier-Anlage der Quaaks wurde von einer deutschen Firma gebaut. Als die mittendrin pleite machte, erlebten die Brüder Quaak manch schlaflose Nacht, bis sie Ersatz fanden. Heute richtet Mauritz Quaak den Blick nach vorne.
    "Anfang 2012 wurde gesetzlich verabschiedet, dass alle Hersteller von Bio-Abfällen diese recyceln müssen. Kürzlich rief uns so auch eine große deutsche Discount-Kette an, die in Frankreich Supermärkte betreibt - sie möchte bei uns ihre Bio-Abfälle loswerden."