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"Studi des Jahres"
Designer-Holzpavillon im Flüchtlingsheim

Für den Entwurf und Bau eines Holzpavillions auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Mannheim erhalten Architektur-Studierende der Technischen Universität Kaiserslautern die Auszeichnung "Studierende des Jahres". Während der Bauphase wohnten sie in der Asylunterkunft. Die Flüchtlinge waren ebenfalls in den Bau involviert.

Von Tobias Krone | 04.04.2017
    Holzpavillions auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Mannheim, entworfen von Studenten der TU Kaiserslautern
    Essensausgabe und Zimmer - viel mehr gibt es in vielen Flüchtlingsunterkünften nicht. Das Projekt der Studierenden der TU Kaiserslautern will dem etwas entgegensetzen. (Yannick Wegner)
    Raum für die Willkommens-Kultur, Raum für Gemeinschaft, ein Raum für Ruhe nach den Strapazen der Flucht: Modern und schlicht steht der Holzpavillon mit einem Innenhof auf dem Gelände der Landes-Erstaufnahmeeinrichtung in Mannheim. Mitgeplant haben ihn 16 Architektur-Studierende von der Technischen Universität Kaiserslautern. Annika Koch ist eine von ihnen.
    "Ein bisschen private Fläche"
    "Unser Ziel war eigentlich, dass es ein bisschen private Fläche gibt, oder auch Flächen, um sich zu treffen oder einfach aus diesem Trott im Flüchtlingsheim rauszukommen. Weil es gibt nur die Zimmer und die Essensausgabe und sonst eigentlich nichts."
    Holzpavillion auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Mannheim, entworfen von Studenten der TU Kaiserslautern.
    Holzpavillion auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Mannheim, entworfen von Studenten der TU Kaiserslautern. (Yannick Wegner)
    Für ihren Bau hat ihnen der Deutsche Hochschulverband und das Deutsche Studentenwerk den Preis "Student des Jahres" verliehen. Andreas Spranger, Vizepräsident des Deutschen Studentenverbandes, in seiner Lobrede: "Die Studierenden haben die Ärmel hochgekrempelt und angepackt. Sie haben ihre Profs und das Land Baden-Württemberg überzeugt – und letztlich uns in der Jury."
    Verantwortung für 500-Quadratmeter-Projekt lag bei Professoren
    Ohne die Profs allerdings ging es nicht. Die hatten auch die eigentliche Initiative, bei der die Studierenden dann begeistert mitmachten. Die Hochschullehrer mussten auch die Verantwortung für den Bau des 500-Quadratmeter-Projekts übernehmen. Architekturstudent Nicolas Treitz:
    "Also wir waren ja nicht die Architekten, wir waren ja Studierende, also wir hatten natürlich schon sehr viel Verantwortung, allerdings wurde das alles noch mal überprüft von unseren Professoren. Also, da kann eigentlich nichts passieren."
    Wie in der muslimischen Architektur
    Gerade für muslimische Geflüchtete spielt Privatheit eine große Rolle. Doch die Studierenden mussten bei ihrer Planung einen Kompromiss finden.
    "Da haben wir uns ziemlich lange damit auseinandergesetzt, weil einerseits durften es keine geschlossenen Räume sein, weil die Gefahr von Kriminalität und Prostitution ja leider immer noch in diesen Flüchtlingslagern besteht, wir haben uns dann aber für diesen Hof entschieden, weil das in der muslimischen Architektur öfter vorkommt. Und das kann eigentlich auch ein sehr schöner Ruhebereich sein."
    Geflüchtete halfen mit beim Bau des Holzpavillons
    Geflüchtete aus der Unterkunft halfen mit beim Bau des Holzpavillons. Architekturstudent Viktor Poteschkin: "Manche waren erst 16, 17. Das heißt, ohne jegliche Erfahrungen, was speziell das Bauen betrifft. Es gab auch diejenigen, die schon auf Baustellen gearbeitet haben, und deutlich mehr wissen. Und wir haben auch versucht, die Leute dann jeweils richtig einzusetzen für die Bereiche, für die sie auch fähig waren. Und das hat uns sehr weitergeholfen."
    Studierenden lebten selbst in der Asylunterkunft
    Während der etwa sechswöchigen Bauphase lebten die Studierenden selbst in der Asylunterkunft. Für die Studierenden eine Möglichkeit, auch eigene Vorurteile abzubauen. "Trotz allen Erwartungen und Klischees – es war absolut sicher. Wir haben uns kein einziges Mal bedroht gefühlt. Es war eine super freundliche Atmosphäre dort, jeder hat sich gefreut, sich irgendwie einzusetzen. Und, ja, ich bin aus der ganzen Geschichte nur mit positiven Erfahrungen rausgekommen."
    Die meisten der Geflüchteten, die beim Bau mitgeholfen haben, leben inzwischen in anderen Asylheimen. Wie die neuen Bewohner den Pavillon nutzen, das wird sich noch zeigen. Für die 16 Architekturstudierenden war das Projekt auf jeden Fall ein spannender Praxistest.
    "Ich glaube, das ist die Sicherheit, dass, wenn man ein Ziel vor Augen hat, man das auf jeden Fall erreichen kann. Man muss nur die Möglichkeit dazu finden."
    An der TU Kaiserslautern haben sie es möglich gemacht – die Studenten des Jahres sind um eine außergewöhnliche Berufserfahrung reicher.