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Studie
600.000 Arbeitsplätze hängen am Verbrennungsmotor

Nach einer Studie des Ifo-Instituts im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie würde ein Verbot des Verbrennungsmotors deutliche Einbußen für die Beschäftigung und die Wertschöpfung in Deutschland zur Folge haben. Demnach wären mehr als 600.000 der derzeitigen Industriearbeitsplätze betroffen.

Von Thomas Weinert | 18.07.2017
    Motoren werden am 19.06.2017 im Motorenwerk von Volkswagen Sachsen in Chemnitz (Sachsen) über die Fertigungslinie gefahren.
    Motorproduktion bei VW in Chemnitz (dpa/picture alliance/Hendrik Schmidt)
    Es war eine Auftragsstudie des Verbandes der deutschen Automobilindustrie an das Ifo-Institut, in den ausgegebenen Unterlagen stand das noch im Kleingedruckten, in der Online-Version ist dieser Sachverhalt inzwischen gefettet und natürlich ging es darum, die Schlagzeilen von morgen zu prägen mit dieser Zahl: 600.000 Arbeitsplätze sind betroffen bei einem Eingreifen der Politik zugunsten der Elektromobilität. Natürlich, so Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts, gibt es noch viele andere Faktoren jenseits der Politik, die hier eine Rolle spielen.
    "Darüber kann man jetzt lange spekulieren: in der Studie haben wir uns die Frage gestellt: Wie viele sind heute betroffen? Wir haben uns auch mit der Frage beschäftigt, wie sehr können Unternehmen sich umstellen und dazu kann man sagen, dass die großen Unternehmen es möglicherweise leichter können als kleinere. Wir haben mittelständische Unternehmen, die sind hoch spezialisiert in einer Nische, die produzieren drei Produkte für den Verbrennungsmotor. Denen wird es sehr schwer fallen, wenn die Elektromobilität kommt, etwas anderes zu erfinden."
    Kleine Zulieferer müssen sich umstellen
    Bisher ging der Vorwurf, die E-Mobilität verschlafen zu haben, ja vor allem in Richtung der großen Automobilkonzerne, hiermit steht jetzt die Warnung an die kleinen Zulieferer im Raum, sich schleunigst zu diversifizieren und anzupassen. Um das Vorurteil der zu zaghaften Entwicklung von E-Mobilität aus dem Weg zu räumen, hat das Ifo-Institut sich die internationalen Patente der Branche angeschaut, und das war wohl eine gute Idee, denn man muss davon ausgehen, dass Patentanmeldungen und Forschung und Entwicklung etwas miteinander zu tun haben:
    "Da kommt heraus: dominante Stellung der deutschen Automobilindustrie im Verbrennungsmotor, das wird Niemanden überraschen, diese Dominanz hat allerdings abgenommen. Im Bereich der alternativen Antriebe ist es allerdings ebenfalls so, dass die deutsche Automobilindustrie dominierend ist. Ein Drittel der weltweiten Patente etwa – je nachdem welche Technologien man sich anschaut ist das noch etwas unterschiedlich – aber etwa ein Drittel der weltweiten Patente kommt aus Deutschland."
    Der Verband der Automobilindustrie verwies heute auch auf Einschätzungen großer Beratungsunternehmen, die deutschen Herstellern eine Spitzenstellung bei der Produktion von E-Autos vorhersagen, als Beispiel gilt Norwegen: mehr als die Hälfte der dort verkauften Autos kommt aus Deutschland bei derzeit nur etwa 30 angebotenen Modellen. Das Ifo Institut wollte also heute auch etwas die Verantwortung der Autoindustrie wegargumentieren für die schlechte Performance des Heimatmarktes. Die Gründe dafür: nahezu ungeklärt.
    Ball liegt bei den Verbrauchern
    "Auch die deutschen Unternehmen wissen, dass das kommt. Wir haben ja gesehen, sie stellen sich darauf ein, da passiert sehr viel. Was nicht funktioniert, oder nicht gut genug, das ist die Umsetzung, dass die Dinge auf der Straße herumfahren und in diesem Innovationsprozess gibt es eben eine lange Kette. Die andere Frage ist: Was müssen Sie tun, damit das bei uns umgesetzt wird. Und ist das wichtig für andere Märkte, dass bei uns Elektromobilität umgesetzt wird oder nicht. Wahrscheinlich schon."
    Und damit liegt der Ball wieder bei uns Verbrauchern. Als Entscheidungshilfe gilt derzeit: Ab 30.000 km Fahrleistung gleicht sich die Ökobilanz eines stromgetriebenen Fahrzeugs quasi aus, der höhere Produktionsaufwand ist dann ausgeglichen gegenüber einem vergleichbaren Verbrennungsmotor.