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Studie
Immer weniger Schwarzarbeit in Deutschland

Die Schattenwirtschaft in Deutschland ist laut einer Studie rückläufig. Das liegt den Autoren zufolge an der guten Konjunktur und den Lohnsteigerungen. Durch eine geringere Steuerlast ließe sich Schwarzarbeit vielleicht sogar noch mehr reduzieren. Ob sich das rechnen würde, ist aber ungewiss.

Von Brigitte Scholtes | 06.02.2018
    Ein Mann steht am 02.11.2016 in Berlin an einem Fenster in einer Wohnung auf einer Leiter. Foto: Jens Kalaene/dpa | Verwendung weltweit
    Werden hier Steuern gezahlt? Schwarzarbeit lässt sich nicht genau messen – laut Expertenmeinung ist sie aber rückläufig. (dpa-Zentralbild)
    Die Schattenwirtschaft verliert in Deutschland weiter an Bedeutung. Im laufenden Jahr dürfte sie zum ersten Mal unter den Wert von zehn Prozent am Bruttoinlandsprodukt, sinken, ihr Volumen läge dann bei 323 Milliarden Euro, das wären fünf Milliarden weniger als noch 2017. Zu diesem Ergebnis kommt die diesjährige Studie der Universität Linz und des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung. Den wesentlichen Grund dafür nennt Studienautor Friedrich Schneider von der Universität Linz:
    "Der Rückgang beruht im Wesentlichen auf der sehr guten Konjunktur, nahezu Vollbeschäftigung, beträchtliche Lohnsteigerungen, dann ist der Anreiz schwarz zu arbeiten wesentlich geringer, und es wird auch weniger schwarz gearbeitet. Denn wenn ich in der offiziellen Wirtschaft mir das verdienen kann, brauche ich nicht schwarz zu arbeiten."
    Was aber genau als Schattenwirtschaft gilt, das ist nicht ganz einfach zu definieren. Ist es Schwarzarbeit, wenn etwa die Friseurin aus der Nachbarschaft zum Haareschneiden vorbeikommt? Friedrich Schneider versucht dies abzugrenzen:
    "Hilft sie Ihnen einmal aus, richtet Ihnen die Haare, weil sie zu einem Ball oder Opernbesuch wollen, dann ist das im klassischen Sinn Nachbarschaftshilfe. Aber wenn sie ein regelmäßiges Entgelt für das Haarerichten bei Ihnen zu Hause bekommt, dann ist das Schwarzarbeit."
    Schwarzarbeit lässt sich nicht messen – sie wird errechnet
    Doch weil sich Schwarzarbeit nicht offiziell messen lässt, müssen die Forscher dies kompliziert herleiten. Dazu analysieren sie die Gründe für Schwarzarbeit – etwa die zu hohe Steuerbelastung, zu viel Regulierung, Ärger über den Staat, weil der zu viel Gelder verschwendet. Das setze man in Beziehung zum Bargeldverbrauch, erklärt Schattenwirtschaftsexperte Schneider:
    "Wenn es zum Beispiel gelingt, die Menge an Bargeld, die schwarz erwirtschaftet wird, zu isolieren, herauszurechnen, dann hat man einen einigermaßen zuverlässigen Indikator, wie groß die Schattenwirtschaft in Deutschland ist."
    Die Bundesregierung könnte durch steuerliche Entlastungen dazu beitragen, diesen Anteil weiter zu senken. Wenn sie etwa den Solidaritätszuschlag vollständig abschaffe, würde das Volumen der Schattenwirtschaft um weitere zehn Milliarden Euro sinken.
    Deutschland im unteren Drittel der OECD-Länder
    Doch ob der Staat sich damit einen Gefallen tut, bezweifelt Katja Rietzler, Referentin für Steuer- und Finanzpolitik beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung:
    "Die Steuern, die auf diese Aktivität entfallen, liegen natürlich deutlich darunter. Wenn man zum Beispiel die Abgabenquote von im Jahr 2017 36 Prozent ansetzt, dann würde das eben Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben im Umfang von vier Milliarden entsprechen – und das gegenübergestellt den Milliardenbeiträgen aus dem Soli, der allein im vergangenen Jahr 14,8 Milliarden Euro aus zum Haushalt beigetragen hat. Das wäre ein schlechtes Geschäft."
    Immerhin liegt Deutschland jetzt schon im unteren Drittel, wenn man die Volumina der Schattenwirtschaft in den OECD-Ländern vergleicht. Stärker sinkt diese nur in den Niederlanden und in Österreich.