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Studie zu neuem Eltern-Förderungsmodell

14 Monate lang gibt es Elterngeld – und dann? Das DIW diskutiert nun eine Förderung von 80-Prozent-Stellen für Eltern. Dies käme dem Wunsch vieler Paare entgegen, zu gleichen Teilen Zuhause zu bleiben.

Katharina Wrohlich im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 13.11.2013
    Ulrike Burgwinkel: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin stellte soeben eine Studie vor, die ein neues Familienarbeitszeitmodell unter die Lupe nimmt, und zwar die 32-Stunden-Woche für beide Elternteile – ein Modell, das die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern könnte. Dr. Katharina Wrohlich ist stellvertretende Abteilungsleiterin Staat beim DIW und hat die Studie geleitet. Guten Tag, Frau Wrohlich!

    Katharina Wrohlich: Guten Tag!

    Burgwinkel: Frau Wrohlich, wie genau funktioniert ein solches Modell?

    Wrohlich: Die Idee bei diesem Modell ist tatsächlich, dass es gefördert werden soll, wenn beide Elternteile in etwa 80 Prozent einer Vollzeitbeschäftigung arbeiten, also wenn man so will, soll das Zwei-mal-0,8-Verdienermodell finanziell gefördert werden. Und die Idee ist, wenn beide Elternteile sich für eine Arbeitszeit in dieser Höhe entscheiden, bekommen sie beide jeweils individuell die Differenz zu ihrem Nettoeinkommen, das sie bei einer Vollzeitstelle hätten, zu einem gewissen Teil ersetzt.

    Burgwinkel: An wen haben Sie da genau gedacht? An wen wendet sich das Modell?

    Wrohlich: Das wendet sich im Grunde an Familien mit kleinen Kindern, also die Idee ist, dass das im Anschluss an das Elterngeld gezahlt werden soll, diese Leistung. Also wenn man davon ausgeht, dass so eine Leistung zum Beispiel drei Jahre bezahlt werden könnte, dann richtet sich das an Familien mit Kindern von einem bis drei Jahren, und es soll eben sozusagen an das Elterngeld anschließen. Also das Elterngeld wird ja für die ersten 14 Monate in der Regel bezahlt, und danach soll eben ein Anreiz gesetzt werden, dass sich eben beide Elternteile gleichermaßen an der Erwerbsarbeit, aber auch an der Kinderbetreuung oder Hausarbeit beteiligen.

    Burgwinkel: Was haben Sie denn herausgefunden in Ihrer Studie, welche Wirkung hätte ein solches familienpolitisches Konzept?

    Wrohlich: Ja, also wenn man sich vor Augen hält, dass im Ausgangszustand, also so, wie es jetzt tatsächlich ist, ja nur sehr wenige Elternpaare sich für so eine Arbeitszeitkonstellation entscheiden. In den repräsentativen Daten, die wir ausgewertet haben, sind das im Moment nur ein Prozent aller Eltern, die diese Arbeitszeitkonstellation wählen. Das ist übrigens, noch so ein kleiner Einschub, ganz interessant vor dem Hintergrund, dass in der gleichen Befragung 60 Prozent aller Eltern mit Kindern in dieser Altersgruppe angeben, dass sie sich eine gleichmäßige Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit wünschen. Also wir sehen hier schon, Wunsch und Wirklichkeit klaffen hier sehr stark auseinander. Aber genau, zurück dazu, dass eben im Ausgangszustand nur ein Prozent aller Elternpaare diese Aufteilung wählt … Und wir haben eben herausgefunden, dass sich dieser Anteil nahezu verdoppeln könnte, also in der großzügigsten Variante der Lohnersatzleistungen, die wir ausgerechnet haben, könnte dieser Anteil sich fast verdoppeln.

    Burgwinkel: Welche Kosten würden anfallen, das ist ja nicht zu unterschätzen, glaube ich?

    Wrohlich: Ja, also die Kosten wären moderat. Wir haben gerechnet, eben diese großzügige Variante würde 140 Millionen Euro pro Jahr kosten. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel das Elterngeld über vier Milliarden kostet. Warum ist es so wenig? Das hängt natürlich damit zusammen, dass die absolute Anzahl der Familien, die sich da für diese Arbeitszeitkonstellation entscheidet und deswegen anspruchsberechtigt wäre für so eine Leistung, die absolute Zahl wäre eher gering. Aber wenn man davon ausgeht, dass so eine Leistung dazu führen könnte, dass sich mittel- bis langfristig auch soziale Normen ändern und sich Präferenzen ändern und dann eben auch dementsprechend mehr Familien diese Arbeitszeitkonstellation wählen, dann würden die Kosten natürlich auch steigen. Diese mittel- bis langfristigen Effekte konnten wir allerdings nicht ausrechnen.

    Burgwinkel: Dr. Katharina Wrohlich vom DIW Berlin zur 32-Stunden-Woche für beide Elternteile. Ein familienpolitisches Modell, das möglicherweise auch eine Rolle spielen wird bei den Koalitionsverhandlungen – das erzählte mir Frau Wrohlich.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.