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Studieren in Vietnam, auf Englisch, an einer deutschen Universität

Vor zwei Monaten begann der Lehrbetrieb bei der ersten vietnamesisch-deutschen Universität im Bereich Elektrotechnik. Kaum eröffnet, füllten sich die Klassenräume, doch am Anfang steht für alle Studierenden: Methodik und Englisch pauken.

Von Ulrich Ziegler | 19.11.2008
    "Diskutiert in euren Gruppen Themen, die für Euch alle , aber auch für andere Organisationen wie Unternehmen oder Regierungen von Interesse sein könnten"

    Seit zwei Monaten wird an der neu gegründeten vietnamesisch-deutschen Universität in Saigon gelehrt - aber noch findet kein Fachunterricht statt.
    Zunächst einmal müssen die Studenten ihre Englischkenntnisse verbessern und lernen, wie man in Gruppen gemeinsam Lösungen erarbeitet. Englischlehrer Matthew Gears.

    "Für einige ist diese Art zu lernen völlig neu. Andere, die bereits früher an Englischkursen teilgenommen haben, kennen bereits diese Art des Unterrichts.
    Alle sind mit Begeisterung bei der Sache und sehr aufgeschlossen gegenüber dieser neuen Art des Unterrichts. "

    Hai, einer der 35 Erstsemester, beteiligt sich rege am Unterricht. Dass man an der neu gegründeten vietnamesisch/deutschen Universität Elektrotechnik studieren kann, hat er aus der Zeitung erfahren. Und dann hatte er noch eine aufmerksame Schwester.
    Seine Schulzeugnisse waren gut, Englischkenntnisse waren vorhanden, er bekam eine Zusage.

    "Ich freue mich richtig darüber, dass ich hier studieren kann. Im ersten Jahr kann ich meine Englisch verbessern, meine Mathematik- und Physikkenntnisse auffrischen - viele gute Sachen. Und das Lernen macht Spaß. Wir fühlen uns frei, deshalb bin ich so glücklich hier studieren zu können."

    Die Studenten sind konzentriert bei der Sache, arbeiten in kleinen Gruppen, diskutieren, suchen nach Lösungen.
    Als Koordinator vor Ort hat Henning Hilbert in den letzen Wochen und Monaten dafür gesorgt, dass der Unterricht in diesem Wintersemester beginnen konnte. In kürzester Zeit mussten Unterrichtsräume hergerichtet, Englischlehrer eingestellt, Fachkräfte ausgesucht werden. Und schnell wurde den Organisatoren klar, dass die neuen Studenten erst einmal an universitäres Lernen, so wie wir es im Westen kennen, herangeführt werden müssen

    "Was wir jetzt dachten ist, dass wir ihnen quasi einen Kurs anbieten, wo sie in Gruppen arbeiten, wo sie selbständig Probleme lösen müssen in Mathematik in Physik, und wo sie versuchen das anzuwenden was sie gelernt haben und wo sie versuchen sollen das zu verstehen was sie gelernt haben, weil in der vietnamesischen Bildungstradition ist das auswendig Lernen doch ein sehr wichtiges System."

    Erst nach einem intensiven Vorbereitungsjahr beginnt für die Studenten das eigentliche Elektrotechnik-Studium, das sich an deutschen Lehrplänen orientiert. Auf Praxiserfahrungen während des Studiums wird viel Wert gelegt

    "Ich denke, man kann ganz sicher sagen, dass alle Studenten hier in Vietnam bei deutschen Firmen ein Praktikum machen werden und wir hoffen auch, dass das bessere Drittel der Studenten vielleicht auch die Möglichkeit haben wird in Deutschland ein Praktikum zu machen."

    Mit dem Studium der Elektrotechnik begann die neu gegründete vietnamesisch/deutsche Universität ihren Lehrbetrieb vor wenigen Wochen. Weitere Studiengänge sollen in den nächsten Jahren hinzu kommen. Ingenieurs-, Wirtschafts- und Gesundheitswissenschaften stehen im Mittelpunkt.
    Noch unterrichten vor allem deutsche Professoren, aber auch das soll sich ändern.

    "Es ist jetzt ganz grob angedacht, dass für die ersten vier Jahre quasi 80 Prozent der Lehre von deutscher Seite kommt, und die nächsten vier Jahre wird es ungefähr 50/50 sein, und die nächsten vier Jahre, die dann zum Jahr 2020 führen, sollen schon 80 Prozent der Lehre von vietnamesischer Seite kommen."

    Wie groß das Interesse der vietnamesischen Studenten an einem Studium an der vietnamesisch-deutschen Universität ist, hat Henning Hilpert bereits im August erfahren. Sein Büro war noch nicht einmal eingerichtet, da standen die Bewerber bereits vor der Tür.
    "Ich kam um acht Uhr um die Möbel dann ins Zimmer bringen zu lassen und das einzurichten, dass wir um 9 Uhr anfangen konnten, und mit der Information, und jetzt kam ich hin um acht und da saß mein vietnamesischer Mitarbeiter schon in dem Lagerraum am Tisch mit dem ersten Studenten, der war wie alle weiteren Studenten mit seiner Mutter gekommen und hatte schon das Anmeldeformular aus dem Internet runter geladen und schon ausgefüllt, der kam gar nicht um sich zu informieren, sondern der kam sofort um sich anzumelden. "

    Der junge Mann heißt Hang Long. Long ist sein Vorname und bedeutet Drache. In Deutschland war Hang Long noch nie, aber über das Internet hat er Freunde in Deutschland gefunden.

    "Ich keine Verwandte in Deutschland, aber Freunde. Weiß gut über deutsche Fußballmannschaft, Bayern München, Schalke 04. Ich liebe Deutschland seit ich ein Kind war. "