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Studierende auf Wohnungssuche in Berlin
Nichts geht ohne Einkommenscheck der Eltern

Der Markt für günstige Wohnungen hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Das trifft auch viele Studierende in der Hauptstadt. "Die Wohnungssituation in Berlin ist extrem angespannt", sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk.

Von Philip Banse | 16.10.2017
    Eine Studentin lernt in ihrer Wohnung für eine Prüfung.
    Eine Studentin lernt in ihrer Wohnung für eine Prüfung. (imago/Jochen Tack)
    Wohnungsbesichtigung, Prenzlauer Berg, festgehalten vom RBB Fernsehen:

    "Dann machen wir hier mal Schluss."

    80 Quadratmeter sanierter Altbau für unter 1000 Euro, für viele wäre das ein Sechser im Lotto. Die Schlange der Interessenten reicht bis auf die Straße. Angeblich waren 700 Menschen bei der Besichtigung. Der Makler:

    "Wir haben Zahnärzte und Gynäkologen aus Wuppertal und aus Köln mit einem nachgewiesen Einkommen – jetzt schon, innerhalb der ersten 48 Stunden – von weit über 20000 Euro netto."

    Eigentlich sucht man aber gar keine richtigen Mieter:

    "Wenn es jemanden gibt, der die Wohnung nur als Zweitwohnung haben will, steht der in der Liste natürlich ganz weit oben."

    Ein Student schaut sich hoffnungslos in der schönen Altbauwohnung um.

    "Die meisten Vermieter vertrauen keinen Studenten, die Wohnung zu übernehmen." 4500 Studierende auf der Warteliste des Studierendenwerks Berlin "Die Wohnungssituation in Berlin ist extrem angespannt. Es ist für Studierende sehr, sehr schwierig bis unmöglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden – gerade in den Innenstadt-Bezirken."

    Sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk, das bundesweit knapp 190.000 Wohnungen für Studierende anbietet, durchschnittliche Warmmiete: 233 Euro.

    "Es sind mehr als 4500 Studierende auf der Warteliste des Studierendenwerks Berlin. Das ist Wert, den haben wir vor fünf, sechs Jahren noch für unmöglich gehalten."

    "Bei meiner ersten Wohnungssuche habe ich ungefähr vier Monate lang gesucht und hatte zum Schluss eine nicht renovierte Wohnung, die sehr klein war, sehr stickig war."

    Annette, Medizin, 4. Semester, Humboldt Universität Berlin.

    "Und habe danach noch mal gute drei Monate mit einer Wohnungssuche verbraucht und habe Erfahrungen gemacht, dass ich auf Wohnungsbesichtigungen mit 150 Menschen war und es einem ein unheimlich hoffnungsloses Gefühl gemacht hat."

    Nach monatelanger Suche hat Anette etwas gefunden, über eine Kommilitonin:

    "Ich zahle jetzt 420 Euro für ein 15 Quadratmeter-Zimmer." Das sind 28 Euro pro Quadratmeter. Doch es gibt auch andere Geschichten:

    "Meine Wohnungssuche lief tatsächlich vor einem Jahr sehr elegant und flüssig ab: Ich habe mir eine Wohnung angesehen, die nach zwei Tagen bekommen und alles war super." Die Eltern stehen mit im Mietvertrag Thomas studiert im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre an HU. Eine Woche habe er gesucht auf den üblichen Wohnungs-Portalen.

    "Ich zahle ungefähr 450 Euro warm und es ist eine Ein-Zimmer-Wohnung, 36 Quadratmeter in Moabit. Eine schöne Lage, schnell in der Innenstadt und mir gefällt´s."

    Er habe keine reichen Eltern, sagt Thomas.
    "Nein. Das war tatsächlich regulär: Zettel ausgefüllt, hingeschickt, zwei Tage gewartet, Vertrag war da."

    Allerdings musste ein Elternteil mit im Mietvertrag stehen, sagt Thomas, das sei aber kein Problem, andere Vermieter fordern halt eine Bürgschaft der Eltern.

    "Für Menschen, die Probleme mit ihren Eltern haben, oder wo die Eltern nicht so ein gutes Einkommen haben, ist das dann richtig schwierig."

    Sagt Anna, 4. Semester Medizin an der HU. Monatelang habe sie eine Wohnung gesucht, fulltime, sagt sie. Jetzt hat sie ein WG-Zimmer für 400 Euro.

    "Der Grund, warum ich die Wohnung bekommen habe, liegt auch nur am Einkommen der Eltern meiner Freundin, mit der ich die gesucht habe."