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Sure 30 Vers 21
Die Frau im Koran ist bessergestellt als im Alten Testament

In Deutschland gehört die Rolle der Frau zu den meistdiskutierten Themen im Kontext des Islams. Es gibt zwar viele reale Defizite, aber aus der Frauenfrage resultieren auch diverse Vorurteile gegenüber Muslimen. Tuba Isik von der Uni Paderborn hat sich mit einem Koranvers zu dem Thema befasst. Sie meint, die Schöpfungsgeschichte im Koran weist Frauen eine stärkere Rolle zu als etwa Thora und Bibel.

Von Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn | 03.07.2015
    "Und zu seinen Zeichen gehört es, dass er für euch von euch selber Partnerwesen erschuf, auf dass ihr bei ihnen Ruhe findet, und er hat zwischen euch Liebe und Barmherzigkeit gesetzt: hierin sind wahrlich Botschaften für nachdenkende Leute."
    Diesem Vers geht der Hinweis auf die Erschaffung von Mann und Frau aus Erde voraus – wie es auch im Alten Testament überliefert ist. Nun geht es um das Verhältnis beider zueinander.
    Mann und Frau sind nach koranischer Auffassung Partnerwesen. Gott hat sie aus einer Essenz oder aus einem einzigen lebenden Wesen, sozusagen einer Vorstufe der Geschlechter, erschaffen. Daraus wird abgleitet, dass Mann und Frau nach Gottes Willen komplementär sind, also sich gegenseitig ergänzende Wesen. Die Aussage, dass beide aus einer und derselben Essenz stammen, begründet die Gleichheit von Mann und Frau.
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Damit verneint Gott im Koran eine Wertigkeit oder Hierarchie zwischen den Geschlechtern, die man beispielsweise aus einer Abfolge der Erschaffung ableiten könnte. Dementsprechend heißt es in einem Hadith, einer Überlieferung vom Propheten Muhammed sehr treffend, dass die Frauen die Zwillingshälften der Männer sind.
    An keiner anderen Stelle spricht Gott so im Koran über das emotionale Verhältnis zwischen Mann und Frau wie in dem hier zitierten Vers 21, der Sure 30. Drei Begriffe werden genannt: Ruhe, Liebe und Barmherzigkeit.
    Dr. Tuba Isik, Universität Paderborn in einem Hörfunkstudio des Deutschlandradio
    Dr. Tuba Isik von der Universität Paderborn (Deutschlandradio/Bettina Fürst-Fastré)
    Für das erste Wort, auf Arabisch lautet es sakîna, gibt es im Deutschen keine eindeutige Übersetzung. Es ließe sich auch mit Begriffen wie Frieden und Gelassenheit oder mit Gottesbewusstsein übersetzen. Demnach kann man seinen Partner oder seine Partnerin – metaphorisch gesprochen – als einen Ort verstehen, an dem man Ruhe, Wärme und Geborgenheit findet. Diese Zweisamkeit von Partnern kann dann zugleich ein Moment von starker Gottesgegenwart sein.
    Ferner sollen die Partner beieinander Liebe, arabisch mawadda, und Barmherzigkeit, arabisch rahmâ', finden. In der arabischen Sprache gibt es unterschiedliche Worte für die verschiedenen Arten der Liebe. So wird die Liebe zwischen Eltern und Kindern, Geschwistern oder auch Gläubigen beispielsweise mit hubb bezeichnet. Mawadda indes bezeichnet die Liebe zwischen Eheleuten, bei der die gegenseitige Anziehungskraft eine Rolle spielt. Diese ist nicht nur Grundvoraussetzung für eine beide Seiten erfüllende Beziehung. Diese Anziehungskraft ist auch Quelle und Energie für das Miteinander von zwei Menschen.
    Die dritte Eigenschaft, die Gott den "Partnerwesen" Mann und Frau gegeben hat, ist Barmherzigkeit. Sowohl Liebe als auch Barmherzigkeit gehören zu den 99 aus dem Koran bekannten, schönsten Namen Gottes. Mit ihnen werden die Eigenschaften Gottes beschrieben. Vor allem ist die Barmherzigkeit jene Eigenschaft, die sich Gott uneingeschränkt gegeben hat. Und damit beschenkt Gott, auch jedes seiner Geschöpfe.
    Im Sinne dieses Koranverses kann Barmherzigkeit in der Ehe bedeuten, dass Ehepartner füreinander Sorge tragen, für den anderen Verständnis aufbringen, sich unterstützen und sich dem Partner, wenn er eine Zeit der Schwäche erlebt, barmherzig zuwenden.