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Sure 5 Vers 69
Wer sind die Sabier?

Christen und Juden haben laut Koran eine privilegierte Stellung gegenüber anderen religiösen Gruppen, sie werden als Gläubige anerkannt. So viel ist bekannt. Gleiches gilt aber nun auch für die Sabier. Doch wer sind diese Sabier eigentlich?

Von Prof. Dr. Werner Arnold, Universität Heidelberg | 03.08.2018
    "Diejenigen, die glauben, und diejenigen, die dem Judentum angehören, und die Sabier und die Christen, (alle) die an Gott und den jüngsten Tag glauben und tun, was recht ist, brauchen keine Angst zu haben, und sie werden nicht traurig sein."
    Mit diesem Koranvers hat Mohammed seine Religion in die Nähe von Judentum und Christentum gerückt und den Anhängern dieser Religionen die Angst vor dem Jüngsten Tag genommen. Welches Volk aber verbirgt sich hinter den geheimnisvollen Sabiern?
    Die Sendereihe Koran erklärt als Multimediapräsentation
    Die Orientalistin Annemarie Schimmel glaubte noch, dass damit die südarabischen Sabäer gemeint seien, die durch die Königin von Saba in der Bibel bekannt sind. Das ist jedoch aus lautlichen Gründen ganz ausgeschlossen.
    Der Name Sabier kommt aus dem Aramäischen. Er bedeutet "Täufer‟. Die Sabier hatten eine Religion, in der die Taufe eine zentrale Rolle im Kult spielte, ähnlich wie bei den heute noch in Babylonien lebenden Mandäern. In den Anhängern dieser gnostischen Religion erkennen sowohl die Araber als auch die meisten Orientalisten die Sabier des Korans.
    Porträt von Arnold in einem orientalischen Restaurant.
    Werner Arnold ist Leiter der Abteilung für Semitistik an der Uni Heidelberg. (priv.)
    In den mandäischen Schriften kommt aber die Bezeichnung "Sabier" gar nicht vor. Die Mandäer nennen sich nur gegenüber Andersgläubigen so. Dass sie sich gegenüber den Muslimen als "Sabier" bezeichnen, hat letztlich gewiss dazu beigetragen, dass sie bis heute in der islamischen Welt als einzige gnostische Religion überlebt haben.
    Von den mandäischen Schriften findet sich nichts im Koran. Auch kann es Mandäer in Mekka kaum gegeben haben, da sie dort keinen Fluss für die täglich durchzuführende Taufe im fließenden Wasser hatten. Und ein Aufenthalt Mohammeds in Babylonien ist nicht bezeugt. Dass mit "Sabier" die Mandäer gemeint sind, ist folglich unwahrscheinlich.
    Nach den ältesten mekkanischen Quellen wiederum lebten die Sabier in Richtung Syrien. Damit kommen nur die spätantiken Täufersekten vom Jordan in Frage. Diese Gegend war den Mekkanern und auch Mohammed durch Handelsbeziehungen nach Damaskus bestens bekannt.
    Wir kennen heute zwei Sekten mit dem Namen Sabier: Die Elchasaiten und eine samaritanische Gemeinschaft.
    Die Elchasaiten entsprechen genau den Beschreibungen in den arabischen Quellen, wonach die Sabier eine Religion zwischen Judentum und Christentum haben. Die Warnungen des Stifters Elchasai vor dem Jüngsten Gericht und der Glaube an die himmlische Herkunft des heiligen Buches sind auch im Islam von zentraler Bedeutung. Deshalb dürfte es Mohammad nicht schwergefallen sein, die Elchasaiten als Gläubige zu akzeptieren. Die unter ihnen verbreiteten Kindheits-Evangelien waren Mohammed bekannt. Teile davon finden sich im Koran, wie die Geschichte vom Aufwachsen Marias im Tempel, von ihrer Speisung durch die Engel und von der Auswahl ihres Pflegevaters Joseph durch das Los.
    Auch eine samaritanische Sekte trug wegen ihrer Taufpraktiken wohl den Namen Sabier (Ṣabū’ay). Diese Sekte könnte den Koran beeinflusst haben. Das jedenfalls zeigen die Ähnlichkeit der samaritanischen mit der islamischen Bekenntnisformel "Es gibt keinen Gott außer Gott" oder der Ausdruck "der keinen Genossen hat‟ für Gott, der genau so auch im Koran vorkommt.
    Somit ist am Ende nur eines klar: Die Sabier des Korans müssen jüdisch-christliche Baptisten vom Jordan oder eben Samaritaner gewesen sein.