Dienstag, 16. April 2024

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Syrien
Russland bombardiert nicht nur IS-Stellungen

Russland hat seine Luftangriffe auf Ziele in Syrien fortgesetzt. In der Nacht seien zwölf Stellungen der Terrorgruppe Islamischer Staat bombardiert worden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Zudem wurden offenbar auch andere Islamistenorganisationen beschossen. Bundesaußenminister Steinmeier kritisierte das Vorgehen.

01.10.2015
    Bild aus einem Video, das einen russischen Luftangriff auf eine IS-Stellung in Syrien zeigt.
    Bild aus einem Video, das einen russischen Luftangriff auf eine IS-Stellung in Syrien zeigt. (picture alliance / dpa)
    Unter den zerstörten IS-Zielen ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine Einrichtung gewesen, in der Autos für Selbstmordanschläge mit Sprengstoff beladen wurden. Zudem wurden ein Waffenlager sowie eine Kommandozentrale attackiert.
    Ein Regierungssprecher sagte, die Bombardements richteten sich generell gegen eine Reihe bekannter Islamistenorganisationen, nicht nur gegen den IS. "Die Ziele werden in Zusammenarbeit mit dem syrischen Militär in Syrien ausgewählt." Der libanesische Sender al-Mayadeen TV hatte zuvor von mindesten 30 russischen Luftangriffen berichtet. Deren Schwerpunkt sei die nordwestliche Stadt Dschisr al-Schughur gewesen.
    Russland weist Kritik zurück
    Auch syrische Aktivisten berichteten, dass russische Kampfflugzeuge Stützpunkte der sogenannten Eroberungsarmee unter anderem in Dschisr al-Schughur angegriffen haben. In der Eroberungsarmee haben sich die Al-Nusra-Front, der syrische Al-Kaida-Ableger, und andere islamistische Rebellengruppen zusammengeschlossen. Sie kontrolliert die gesamte Provinz Idlib und rückte zuletzt auf Latakia vor, eine Hochburg von Präsident Baschar al-Assad. Dieser wird von Russland unterstützt.
    Die Rebellenallianz dagegen wird von den Golfstaaten finanziert und ist ein Gegner der IS-Miliz, gegen die sich die russischen Luftangriffe nach Darstellung der Regierung in Moskau eigentlich richten. In Hama im Zentrum des Landes sind nach Angaben der Aktivisten Waffenlager "bewaffneter Gruppen" bombardiert worden. Die Angaben lassen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
    Militärgespräche zwischen Russland und den USA geplant
    John Kerry (USA/links) und Sergej Lawrow nach Beendigung der gemeinsamen Pressekonferenz
    Die Außenminister John Kerry (USA/rechts) und Sergej Lawrow (Russland) haben sich auf Militärgespräche verständigt. (dpa / picture alliance / Jason Szenes)
    Die russische Luftwaffe hatte gestern erstmals Einsätze in Syrien geflogen. Danach warfen Beobachter Moskau vor, Stellungen von Rebellen der gemäßigten Opposition zu beschießen. Saudi-Arabien verurteilte das Eingreifen Russlands. Der Iran begrüßte es hingegen als Schritt im Kampf gegen den Terrorismus. Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi begrüßt zudem das russische Angebot, den IS auch in seinem Land zu bombardieren. Die Luftunterstützung der US-geführten Allianz für die irakischen Streitkräfte sei enttäuschend, sagt Al-Abadi.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Angriffe und warnte Moskau vor Alleingängen. "Statt einsamer Entscheidungen Einzelner, zuletzt Russlands, nun auch direkt militärisch in Syrien einzugreifen, brauchen wir den politischen Einsatz für eine Transformation", sagte er vor der UN-Vollversammlung in New York. Steinmeier betonte, die brutale Diktatur von Assad müsse beendet werden. Zugleich gelte es, die Herrschaft der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu brechen.
    Russland dementiert Vorwürfe
    Russland wies westliche Kritik an der Intervention zurück. Außenminister Sergej Lawrow sagte, ins Visier genommen würden nur Stellungen von "Terroristen". Er dementierte die Vorwürfe, die Attacken hätten auch gemäßigten Rebellen gegolten. Moskau sehe die Freie Syrische Armee nicht als Terrorgruppe an. Die oppositionellen Milizen haben beklagt, von der russischen Luftwaffe bombardiert worden zu sein.
    Präsident Wladimir Putin kritisiert zudem Berichte, wonach Zivilisten durch russische Luftangriffe in Syrien umgekommen sein sollen, als "Informationsangriffe". US-Außenminister John Kerry kündigte unterdessen nach einem Treffen mit Lawrow in New York rasche Militärgespräche mit Moskau über das weitere Vorgehen in Syrien an. So solle verhindert werden, dass sich die USA und Russland in Syrien versehentlich in die Quere kommen. Die USA und Frankreich fliegen auch Angriffe gegen den IS in Syrien. An dieser Allianz will Moskau sich nach Angaben von Lawrow aber nicht beteiligen, da diese kein UN-Mandat habe. Für Moskaus Intervention gibt es auch kein UN-Mandat. Russland beruft sich auf eine Bitte Syriens um Hilfe.
    (hba/tzi)